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Die Eissphinx

Die Eissphinx

Titel: Die Eissphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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haben, ob da noch Spuren von einem Lager vorhanden sind, wenn Ihr Bruder, Kapitän… wenn seine Gefährten…«
    Der Kapitän Len Guy schüttelte verneinend den Kopf. Das Bild dieser öden, dürren Küste, ihre weiten, unfruchtbaren Ebenen, ihre nackten Hügel und das von einem Kranze schwärzlicher Felsmassen eingerahmte Ufer waren nicht dazu angethan, ihm Hoffnung einzuflößen… Wie hätten die Schiffbrüchigen hier auch nur einige Monate lang leben können?
    Uebrigens hatten wir die britische Flagge gehißt, die auf dem Gipfel des Eisbergs im Winde flatterte. Der Kapitän William Guy würde sie erkannt haben und wäre dann gewiß ans Ufer geeilt.
    Doch niemand… niemand wurde sichtbar.
    Da sagte Jem West, der sich der Orientierung wegen einige Merkzeichen eingeprägt hatte:
    »Etwas Geduld, ehe wir einen Entschluß fassen! Vor Verlauf einer Stunde werden wir über diese Frage klar sein. Unsere Fortbewegung scheint sich zu verlangsamen und möglicherweise treibt uns ein Wirbel schräg gegen die Küste…
    – Das glaub’ ich auch, ließ sich der Hochbootsmann vernehmen, und wenn unser Eisfahrzeug nicht schon still liegt, so fehlt doch nicht viel daran. Man möchte sagen, es drehe sich um sich selbst.«
    Jem West und Hurliguerly täuschten sich nicht. Aus dem oder jenem Grunde schien der Eisberg aus der bis jetzt eingehaltenen Richtung gedrängt zu werden. Eine Spiralbewegung war an Stelle der Fortbewegung getreten, wohl infolge eines Wasserwirbels, der nach dem Ufer zu verlief.
    Uebrigens lagen schon einige Eisberge, die vor uns gekommen waren, auf den Untiefen des Ufers gestrandet.

    Es war also unnütz, zu erwägen, ob das Boot aufs Meer gesetzt werden sollte oder nicht.
    Je näher wir herankamen, desto deutlicher trat die Trostlosigkeit dieses Landes zutage, und die Aussicht, hier eine sechsmonatliche Ueberwinterung durchzumachen, hätte auch das Herz der Entschlossensten mit Grauen erfüllt.
    Kurz, um fünf Uhr nachmittags schob sich der Eisberg in einen tiefen Einschnitt der Küste ein. An dessen rechter Seite lag eine lange Spitze, gegen die er sich bald fest anlehnte.
    »Ans Land!…Ans Land!«
    Dieser Ausruf kam über Aller Lippen.
    Die Mannschaft kletterte schon den Abhang des Eisbergs hinunter, als Jem West commandierte:
    »Halt! Erst den Befehl abwarten!«
    Man bemerkte einige Zögerung – vorzüglich seitens Hearne’s und mehrere seiner Kameraden. Dann gewann aber doch der Instinct der Disciplin die Oberhand, und schließlich sammelten sich alle um den Kapitän Len Guy.
    Es war jetzt unnöthig, das Boot auszusetzen, da der Eisberg sich mit der Landspitze berührte.
    Der Kapitän Len Guy, der Hochbootsmann und ich gingen den andern voraus, wir verließen also zuerst den Lagerplatz und unser Fuß betrat dieses neue Land, das ohne Zweifel noch keines Menschen Fuß betreten hatte.
    Der vulkanische Boden erwies sich bestreut mit Geröll, mit Bruchstücken von Lava, Obsidianen, Bimssteinen und Schlacken.
    Jenseits des sandigen Sandstreifens erhob sich der Boden nach dem Fuße der rauhen Hügel hin, die eine halbe Meile von der Küste den Hintergrund bildeten.
    Es erschien uns rathsam, einen der etwa zwölfhundert Fuß hohen Hügel zu besteigen. Von seinem Gipfel musste sich nach allen Seiten hin ein weiter Ausblick über und Land und Meer bieten.
    Zwanzig Minuten lang hatten wir über rauen und unebenen, jedes Pflanzenwuchses baren Erdboden zu gehen. Nichts erinnerte an die fruchtbaren Wiesengrunde der Insel Tsalal, ehe das Erdbeben diese vernichtet hatte, nichts an die dichten Wälder, von denen Arthur Pym berichtet, an die Rios mit seltsamen Wasser oder an steile Böschungen aus seifiger Erde und an die Hügelmassen von Steatit, durch die das hieroglyphische Labyrinth sich hinzog. Überall Felsgebilde plutonischen Ursprungs, erhärtete Laven, in Staub zerfallende Schlacken und graue Aschemeste, doch nicht einmal so viel Humus, wie die anspruchslosesten wilden Gewächse nöthig gehabt hätten.
     

    »Ans Land!… Ans Land! – (S. 376.)
     
    Nicht ohne Schwierigkeiten und Gefahren gelang es dem Kapitän Len Guy, dem Hochbootsmann und mir, den Hügel zu erklimmen, was übrigens eine gute Stunde in Anspruch nahm. Obgleich schon der Abend herangekommen war, hatte er doch kein Dunkelwerden zur Folge, denn die Sonne versank überhaupt noch nicht unter den Horizont des Polargebietes.
    Vom Gipfel des Hügels hatte man eine dreißig bis fünfunddreißig Seemeilen weite Aussicht und dabei zeigte sich

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