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Die Eissphinx

Die Eissphinx

Titel: Die Eissphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Folgendes:
    Im Hintergrunde lag das offene Meer, bedeckt mit einer Anzahl anderer schwimmender Berge, von denen einige unlängst am Ufer festgetrieben waren, wodurch dieses fast ganz unzugänglich wurde.
    Nach Westen hin verlief ein stark wellenförmiges Land, dessen Ende man dort nicht sehen konnte, und das sich im Osten im unbegrenzten Meere badete.
    Ob wir auf einer großen Insel oder auf dem antarktischen Festlande waren, ließ sich vorläufig nicht entscheiden.
    Bei schärferer Besichtigung der Ostseite mittelst Fernrohres glaubte der Kapitän Len Guy einige unbestimmte Linien zu erkennen, die durch den leichten Dunst über dem Wasser schimmerten.
    »Da, sehen Sie selbst!« sagte er.
    Der Hochbootsmann und ich nahmen einer nach dem andern das Instrument und blickten aufmerksam hinaus.
    »Mir sieht es so aus, sagte Hurliguerly, als zeigte sich da drüben eine langgestreckte Küste.
    – Das ist auch meine Ansicht, bestätigte ich.
    – Danach wär’ es also eine Meerenge, durch die uns die Strömung getragen hat, bemerkte der Kapitän Len Guy.
    – Ja, eine Meerenge, erklärte der Hochbootsmann, die zum Theil von einer nordsüdlichen, zum Theil von einer südnördlichen Strömung durchflossen wird….
    – Danach würde dieser Sund das polare Festland also in zwei Theile scheiden? fragte ich.
    – Daran ist kein Zweifel, antwortete der Kapitän Len Guy.
    – Ach, wenn wir jetzt unsere »Halbrane« hätten!« rief Hurliguerly.
    Ja… an Bord der Goëlette, selbst auf dem Eisberg, der jetzt wie ein verunglücktes Schiff am Ufer lag, hätten wir noch einige Seemeilen weiter, vielleicht bis ans Packeis, den Polarkreis oder selbst zu dessen Nachbarländern gelangen können. Wir besaßen aber nur ein gebrechliches Boot mit Fassungsraum für ein Dutzend Personen, und wir waren dreiundzwanzig!
    Es blieb also nichts weiter übrig, als wieder nach dem Ufer hinabzusteigen nach unserem Lagerplatz zu gehen, die Zelte aufs Land zu schaffen und alle Maßregeln, wie die Umstände sie uns vorschrieben, für eine Ueberwinterung vorzubereiten.
    Selbstverständlich zeigte der Erdboden hier keine Eindrücke eines menschlichen Fußes, keine Spur von Bewohntsein. Daß die Ueberlebenden von der »Jane« dieses Land, dieses unerforschte Gebiet, wie man noch auf den neuesten Karten lesen konnte, nicht betreten hatten, darüber sollten wir später Gewißheit erhalten. Ich füge hinzu, weder diese, noch überhaupt jemand, und das war die Küste noch nicht, wo Dirk Peters die Spuren Arthur Pym’s wiederzufinden hoffen durfte.
    Das ging auch aus dem ruhigen Verhalten der einzigen lebenden Wesen dieses Gebiets hervor, die über unser Erscheinen gar nicht erschraken. Weder Robben noch Walrosse flüchteten sich deshalb ins Wasser, die Sturmvögel und die Cormorans enteilten nicht hastigen Fluges, und die Pinguine blieben gelassen in langen Reihen sitzen; jedenfalls sahen sie in uns nur eine Vogelart besonderer Rasse. Ja… es war wohl zum ersten Male, daß ein Mensch vor ihnen auftauchte – ein Beweis, daß sie dieses Land niemals verließen, um nach niedrigeren Breiten zu ziehen.
    Am Ufer angelangt, entdeckte der Hochbootsmann – nicht ohne eine gewisse Befriedigung – mehrere geräumige Höhlen am granitenen Steilufer, die groß genug waren, die einen uns Allen als Wohnung zu dienen, und die anderen, um unterzubringen, was von der Ladung der »Halbrane« noch übrig war. Welchen Entschluß wir in Zukunft auch fassen sollten, vorläufig konnten wir nichts Besseres thun, als alle unsere Vorräthe hier niederzulegen und sofort die für uns nöthigen Einrichtungen zu treffen.
    Nachdem wir den Abhang des Eisbergs bis zum Lagerplatze wieder erklommen hatten, ließ der Kapitän Len Guy seine Leute zusammentreten. Keiner fehlte – außer Dirk Peters, der das Tuch zwischen sich und der Mannschaft ganz zerschnitten zu haben schien. Was übrigens ihn anging, brauchten wir uns über seine Gemüthsstimmung und über seine Haltung bei einer etwaigen Meuterei nicht zu beunruhigen. Er würde gewiß unter den Treugebliebenen gegenüber den Empörern stehen, und auf ihn konnten wir unter allen Umständen rechnen.
    Als sich Alle versammelt hatten, nahm der Kapitän Len Guy das Wort, ohne irgend ein Zeichen von Entmuthigung zu verrathen. Er erläuterte der Mannschaft die jetzige Sachlage… bis auf die Decimale genau, könnte man sagen. So wies er zunächst auf die Nothwendigkeit hin, die Ladung ans Land zu schaffen und in einer der Uferhöhlen geschützt

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