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Die Eissphinx

Die Eissphinx

Titel: Die Eissphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Geschicklichkeit nach, nur gab er nie darauf eine Antwort.
    Am heutigen Tage konnte die »Halbrane« vom Packeis nicht mehr weit entfernt sein. Segelte sie in gleicher Richtung wie bisher weiter, so mußte sie es bald erreichen und hatte dann nur noch eine Durchfahrt aufzusuchen. Noch hatte der Ausguck aber über die Eisfelder hinweg und zwischen den launenhaften Spitzen der Eisberge keinen zusammenhängenden Kamm von Eis erkennen können.
    Am 16. machte sich die gewissenhafteste, unausgesetzte Vorsicht nöthig, denn das von den unaufhörlichen Stößen erschütterte Steuerruder drohte schließlich zerstört zu werden.
    Gleichzeitig litt das Fahrzeug auch unter häufigen Stößen von Eisschollen, die sich an seiner Seite hin rieben und dadurch fast gefährlicher wurden, als die großen Eisberge. Trafen die letzteren mit den Seiten des Fahrzeugs zusammen, so erfolgten freilich recht arge Stöße; die bezüglich der Spanten und der Bekleidung sehr fest gebaute »Halbrane« hatte darum aber nicht zu fürchten, daß sie zerdrückt würde oder daß sie ihre Beschalung verlöre, denn eine solche hatte sie überhaupt nicht.
    Um das Steuerruder ließ Jem West aus Planken und Rundhölzern noch einen gitterartigen Schutz errichten, der die unmittelbare Eispressung davon abhielt.
    Die Seesäugethiere hatten auch diese Gewässer mit ihren treibenden Schollen und Blöcken von jeder Größe und Gestalt nicht verlassen. Walfische gab es hier in großer Menge, und es bot ein zauberisches Schauspiel, die Wassersäulen zu sehen, die aus ihren Spritzlöchern emporstiegen. Neben den Finn-und den Buckelwalen erschienen auch viele sehr große Meerschweine, oft im Gewicht von mehreren hundert Pfund, die Hearne mit großer Geschicklichkeit harpunierte, wenn sie ihm in Wurfweite kamen. Seine Beute wurde stets freudig begrüßt, denn Endicott verstand gewisse Theile davon recht schmackhaft zuzubereiten.
    Von antarktischen Vogelarten zogen große Völker von Sturmvögeln, Captauben und Cormorans schreiend an uns vorüber, während endlos lange Reihen von Pinguinen an den Rändern der Eisfelder saßen und stumpfsinnig den Bewegungen der Goëlette zusahen.
    Diese Thiere sind die richtigen Bewohner der traurigen Einöden nahe dem Pole, und die Natur hätte hierfür einen entsprechenderen Typus gar nicht erschaffen können.
    Am Morgen des 17. meldete der Ausguck im Elsterneste endlich das Packeis.
    »An Steuerbord voran!« rief er.
    Fünf bis sechs Seemeilen weit im Süden erhob sich ein langer, wie mit Sägezähnen besetzter niedriger Kamm, der sich vom klaren Himmel dahinter abhob und längs dessen Tausende von Schollen dahintrieben. Dieser unbewegliche Wall verlief von Nordwesten nach Südosten, und wenn die Goëlette daran hinsegelte, gelangte sie schon damit noch um einige Grade weiter nach Süden.
    Will man sich eine zutreffende Vorstellung von dem Unterschiede zwischen dem Packeise und der eigentlichen, alles absperrenden Eiswand machen, so darf man Folgendes nicht vergessen:
    Die letztere bildet sich, wie ich schon bemerkte, nicht auf offenem Meere. Sie muß unbedingt einen festen Untergrund haben, um ihre wagrechten Eisgebilde längs eines Ufers aufzurichten oder um die bergähnlichen Gipfel im Hintergrunde aufzubauen.
     

    Der Kapitän mußte darauf verzichten, einen Durchgang zu finden. (S. 190.)
     
    Doch wenn die genannte Sperrwand an sich auch den sie tragenden Grund nicht verlassen kann, so ist sie es, nach den verläßlichsten Beobachtern, doch, die die Eisberge und Eisfelder, die Blöcke, Schollen und Trümmer liefert, die wir in unabsehbarer Menge dahintreiben sahen. Die Küsten, die sie trugen, unterliegen Strömungen, welche aus wärmeren Meeren herkommen. Zur Zeit der Springfluthen, die hier eine beträchtliche Höhe erreichen, wird ihr unterer Rand ausgehöhlt, zerrieben, abgenagt und ungeheuere Blöcke – Hunderte binnen wenigen Stunden – lösen sich mit betäubendem Gepolter los, fallen ins Meer, tauchen erst in der furchtbaren Brandung unter und steigen dann wieder zur Oberfläche auf. Damit sind sie zu Eisbergen geworden, von denen nur das obere Drittel sichtbar ist und die so lange weiter schwimmen, bis die klimatischen Einflüsse der niederen Breiten ihre Auflösung herbeiführen.
    Eines Tages unterhielt ich mich über diesen Gegenstand mit dem Kapitän Len Guy.
    »Diese Erklärung ist ganz richtig, bestätigte er mir, und die äußerste, letzte Eiswand bietet dem Seefahrer ein unüberwindliches Hinderniß, weil ein

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