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Die Eistoten: Thriller (German Edition)

Die Eistoten: Thriller (German Edition)

Titel: Die Eistoten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Buder
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nun, wenn er sie vergessen hat. Aus Versehen dort abgestellt. Zufällig.«
    Wittgenstein stiefelte in einiger Entfernung über das Feld, was Alice nicht wunderte. Wittgenstein hatte auch Tricks auf Lager, die den Copperfield blass werden ließen. Den TV- oder Plakattrick. Sie hatte ihn auf einem Großbildschirm gesehen, als sie mit ihrem Vater einmal bei Mediamarkt war. Wittgenstein saß auf dem Flussdampfer in dem Film »Fitzcarraldo«, in dem Klaus Kinski mitspielte. Wittgenstein schwitzte sogar, dann, als das Boot anlegte, ging er von Bord, doch anstatt seinen Fußan Land zu setzen, berührten seine Schuhe den grau-roten Teppich bei Mediamarkt. Der Schweiß stand ihm noch im Gesicht, und Alice roch den Duft der Tropen. An einem anderen Tag hatte sie Wittgenstein auf einem Plakat für Coca-Cola gesehen, wieder im Hintergrund als Fahrer eines Lastwagens. Als sie wieder hinblickte, war die Fahrerkanzel leer, und Wittgenstein saß im Café Blocher in Sonthofen. Doch eines konnte Alice sich nicht erklären. Wie war es möglich, dass Wittgenstein Spuren im Schnee hinterließ?
    »Außerhalb der Logik ist nur Zufall.«
    »Der Mörder könnte einen Fehler begangen haben … so eine Art Bug wie auf Computern. Weißt du, dass es gar keine richtige Wissenschaft von Bugs gibt? Von unerklärlichen Fehlern, die plötzlich auftreten und von denen keiner weiß, woher sie kommen. Obwohl im Rechner alles logisch verbunden ist, gibt es Phänomene, die man nicht erklären kann. Und plötzlich fehlt ein Buchstabe, oder ein Pixel in einem Bild ist gelöscht. Man weiß nur, dass diese Bugs viel häufiger auftreten, als man annimmt. Wenn die Tote vor der Kirche ein Bug ist? Ich meine, warum sollte er sie in diese Nische stellen?«
    »Wie zufällig ist der Zufall?«
    »Wenn alle Verbrechen Bugs sind …« Tom kratzte sich am Kopf. »… und wenn es mehr Bugs gibt als Nicht-Bugs, wenn wir in einer Bug-Welt leben … Bug-Scheiß, das ist ein Alptraum.«
    »Siehst du das?«
    Tom folgte Alices Finger. »Was soll ich da sehen?«
    »Die Fußspuren?«
    »Na und, da ist halt jemand durch den Schnee gelatscht.«
    »Nicht irgendjemand, das war …«
    »Ich habe niemanden gesehen.«
    »… Wittgenstein.«
    »Und wenn die Spuren schon vorher da waren?«
    Tom hatte recht. Sie hatte zwar Wittgensteins Gestalt gesehen, aber nicht darauf geachtet, ob er die Spuren hinterlassen hatte.
    »Kannst du rausbekommen, wie dieser Journalist heißt und wo er wohnt? Bis morgen?«
    »Ich bin morgen in Kempten. Mein Vater bringt mich zum Klapsendoktor. Sondertermin.«
    »Pass auf, ich habe schon gehört, dass da einer zum Therapeuten ging, weil er nachts nicht schlafen konnte, und dann zehn Jahre in der geschlossenen Psychiatrie eingesperrt war.«
    »Pah, ein paar Jahre Klapse, das erspart mir dann wenigstens die langweilige Schule.«
    »Ich schaue, ob ich die Adresse herausfinde.« Im Gehen machte Tom noch eine nervöse Geste. »Die Sache mit dem toten Mädchen gefällt mir nicht. Erst war sie im Wald, dann taucht sie im Dorf auf.«
    Tom machte kehrt. Kaum war das Knirschen seiner Schritte auf dem harschen Schnee verklungen, ging Alice zu der Stelle, an der sie Wittgenstein gesehen hatte. Es waren nur zwei Spuren im Schnee. Eine Kinderspur, gefolgt von einem Schlitten und den Abdrücken großer Schuhe. Tiefe Eindrücke, die im Fersenbereich gebrochen waren. Dasselbe Muster. Wenn Wittgenstein die Spuren nicht hinterlassen hatte, dann war es genauso gut möglich, dass sie von ihm waren … Er, der am Grab ihrer Mutter war und im Wald, neben der Leiche des Mädchens. Er musste hinter ihnen vorbeigegangen sein, als sie mit ihrem Vater diskutiert hatte. Er und dieser großkotzige Kommissar mussten ihn gesehen haben. Doch für die beiden war es nur eine Gestalt im Hintergrund, ohne Bedeutung. So wie Wittgenstein für sie ohne Bedeutung war. So wie für Hintereck der Rest der Welt ohne Bedeutung war.

18.
    Niemand mochte den Gedanken, dass gerade in Hintereck am ersten Weihnachtsfeiertag die Leiche eines erfrorenen Mädchens auftauchte. Am wenigsten das Tourismus-Büro. So trafen sich die beiden Gemeinderatsprecher sofort im »Schwarzen Bichl«. Zwei Stunden später versammelte sich der Gemeinderat mit dem Hindelanger Bürgermeister Gustav Olsteig zu einem Kriegsrat hinter verschlossenen Türen. Was nach draußen drang, war die beruhigende Tatsache, dass die Leiche des Mädchens nicht aus Hintereck stammte. Eine Fremde, von der man hoffte, dass sie genauso schnell wieder

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