Die Elben - 03 - Der Krieg der Elben
Zwischenland innehaben würde.
Er schritt auf das Haupttor des Tempels zu, während über ihm das Knochenmobile durch einen stinkenden Eishauch aus der Tiefe des dunklen Schlunds ungewöhnlich laut klapperte; Magolas kam es vor, als wäre es das widerliche Lachen Xarors.
Auf halbem Weg zum Tor der gewaltigen Haupthalle blieb er jedoch stehen und drehte sich noch einmal um. »Beantworte mir eine Frage, Xaror!«
»Frag, Sklave!«
»Hat dein Bruder die Finsternis in die Seele meines Vaters gepflanzt, oder war sie dort schon immer vorhanden?«
»Du wirst die Antwort auf diese Frage einst selbst finden, Sklave. Ganz sicher.«
Die Tore des Tempels sprangen auf einmal auf, und grelles Sonnenlicht strahlte herein, das Magolas eigenartigerweise als höchst unangenehm empfand.
Aber er verstand, was der ehemalige Herr des Dunklen Reichs ihm damit deutlich machen wollte.
»Im Moment bin ich deiner Anwesenheit überdrüssig, Sklave!«
Magolas trat vor die Tore des sechstürmigen Tempels. Hinter ihm schlossen sich diese wie von Geisterhand bewegt. Eine Gruppe von Kriegern der Norischen Garde bewachte den Tempel, seit Magolas auf ihn durch den weit gereisten elbischen Kundschafter Lirandil gestoßen war, der im Auftrag von Magolas’ Vater die Länder der Rhagar erforscht hatte.
»Hauptmann Pantall!«, wandte er sich an den Kommandanten der Truppe, die auf der Lichtung um das Tempelgebäude herum in Zelten kampierte. Manche dieser Männer hatten Jahre mit der Bewachung des Tempels verbracht. Und in den karanorischen Wäldern, die dieses Relikt aus einer unvorstellbar fernen Epoche umgaben, waren weitere Verbände des magolasischen Heeres stationiert. Zusätzlich lauerten siebenhundert dariianische Bogenschützen in den Wäldern Karanors und machten jeden nieder, der es wagte, sich dem Tempel zu nähern.
Der angesprochene Hauptmann fiel auf die Knie; eine Ehrbezeugung, die angeblich früher unter dem legendären Eisenfürsten Comrrm üblich gewesen war und die man Magolas immer häufiger entgegenbrachte. Er forderte diese Ehrbezeugung nicht, doch die meisten Rhagar sahen in ihm den Sohn des Sonnengottes, so wie es auch bei Comrrm der Fall gewesen war.
Magolas ließ es zu, dass er auf diese Weise verehrt wurde.
Dass er in der Öffentlichkeit den Glauben an den Sonnengott angenommen hatte und regelmäßig die Sonnentempel von Aratania und Rajar besuchte, war von den Rhagar sehr positiv aufgenommen worden. Er war dadurch in gewisser Weise einer der ihren geworden, ohne seine Sonderstellung als beinahe unsterblicher Herrscher von göttlicher Herkunft zu verlieren. Seit die Länder Karanor und Aybana zu seinem Machtbereich gehörten, besuchte er genauso regelmäßig die heiligen Stätten von Jarakor und Om-Dagar, wo ebenfalls seit den Tagen des Eisenfürsten der Sonne gehuldigt wurde. Seine Kinder Daron und Sarwen hatte Magolas nach dem rhagaräischen Ritus in einer großen festlichen Zeremonie dem Sonnengott weihen lassen, was ihm ebenfalls große Sympathien unter seinen Untertanen eingebracht hatte.
Dass er ein Elb war, daran störte sich niemand – zumal sich die Blutlinien der Rhagar und Elben ja in den Kindern des Großkönigs vereinigt hatten. Davon abgesehen verfügte Magolas über ein gut funktionierendes Heer sowie eine ebenso effektive Geheimpolizei, die jede Form von Aufruhr – und sei es nur Kritik an der Art und Weise, wie er über sein Reich herrschte – im Keim erstickte. Der traditionell so aufmüpfige aratanische Adel hatte jedenfalls schon seit einer Jahrhunderthälfte keinen Aufstand mehr geprobt, und damit war Magolas der erste aratanische Regent seit Menschengedenken, der von sich behaupten konnte, dieses Problem in den Griff bekommen zu haben.
»Erhebt Euch, Hauptmann Pantall!«, befahl der Großkönig.
Der Notier kam dem sofort nach. Wie alle Angehörigen der Norischen Garde trug er die charakteristische flache Lederkappe, die seit Jahrhunderten das Kennzeichen dieser Eliteeinheit war. Deren ursprüngliche Aufgabe war eigentlich die Verteidigung des Palastes und des Königshauses gegen Putschisten aus den Reihen des aufmüpfigen Adels oder des eigenen Militärs. Manchmal wünschte es sich Magolas geradezu, sich nur mit so vergleichsweise harmlosen Problemen befassen zu müssen, mit denen sich seine Vorgänger im Amt des Königs von Aratan herumgeschlagen hatten. Keiner von ihnen hatte Entscheidungen von solcher Tragweite treffen müssen wie Magolas. Und keiner von ihnen war eine Geisel des
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