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Die Elben - 03 - Der Krieg der Elben

Die Elben - 03 - Der Krieg der Elben

Titel: Die Elben - 03 - Der Krieg der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Organs liegen oder an der Umgebung –, führte dies stets zu einer tief greifenden Verunsicherung des Betreffenden.
    Für Andir traf dies jedoch längst nicht mehr zu. Er hatte die Dunkelheit der Seele gefürchtet, nicht aber jene harmlose Form der Finsternis, die nur durch die Abwesenheit von Licht begründet war. Viel zu mächtig waren in all den Jahren, in denen er sich schon mit der Magie beschäftigte, seine magischen Sinne geworden. Er brauchte kein Augenlicht und auch kein Gehör, um seine Umgebung wahrzunehmen. Die Gabe seines Geistes, seine Umwelt zu erfassen, reichte dazu völlig aus; das hatte er mit den augenlosen Trorks des Wilderlands und dem Augenlosen Seher gemein. Vermutlich auch mit dessen Bruder Xaror, den allerdings bisher noch kein Diesseitiger zu Gesicht bekommen hatte, selbst Magolas nicht, den Andir geistig in den Tempel der Sechs Türme begleitet hatte.
    Andir ging mit geschlossenen Augen, und doch fanden seine Füße mit sicherem Gespür stets einen festen Tritt, so steil und rutschig der Abhang auch sein mochte. Für Andir stellte es eine Art spielerische Herausforderung da, zeitweise bewusst auf sein Augenlicht zu verzichten, da er so seinen Geist besser sammeln konnte. Es war gewissermaßen eine Konzentrationsübung. Davon abgesehen hatte es auch manchmal rein praktische Vorteile, die Augen geschlossen zu lassen. So bekam er nichts von dem feinen Staub in die Augen, den mitunter Fallwinde von den Klippen kratzten und einem Bergwanderer ins Gesicht trieben, und man verhinderte auf diese Weise auch, dass die Augen am Tag durch die Spiegelung des Sonnenlichts auf den hellen Schneeflächen in Mitleidenschaft gezogen wurden.
    Schritt um Schritt setzte der Magier seinen Weg in die Tiefe fort. Was würde er tun? Seinen Bruder zur Rede stellen? Ihn auffordern, die Kinder nicht mehr schwarzmagischen Ritualen zu unterziehen, damit sie die Bestimmung erfüllen konnten, die ihnen das Schicksal der Elbenheit zugeordnet hatte? Eine Bestimmung, die wahrscheinlich den Plänen seines Bruders diametral entgegenlief – wie konnte er da erwarten, dass sie sich gütlich einigen würden?
    Solche und ähnliche Gedanken gingen ihm unablässig im Kopf herum, und Andir hatte schon eine geraume Weile versucht, sie loszuwerden und an gar nichts zu denken, sodass seine Elbenseele vielleicht etwas Ruhe fand. Nicht deshalb, weil er Erholung gebraucht hätte, denn seit er sich dem Kampf mit den ihn verfolgenden Schatten gestellt hatte – den Schatten seiner Seele, die ein Teil seiner selbst waren –, fühlte er sich stärker denn je zuvor.
    Ja, eine unglaubliche Kraft durchströmte ihn seitdem, und er fühlte, dass diese Kraft stetig zunahm. Doch noch misstraute er dieser Empfindung. Und auch dadurch, dass er in Gedanken mit der Stimme Brass Elimbors zu sich selbst sprach, wurden seine inneren Überzeugungen nicht stabiler.
    Andir glaubte nachempfinden zu können, was sein Vater Keandir gespürt hatte, als er zum ersten Mal diese finstere Kraft in sich entdeckt hatte.
    Der große Elbenmagier hielt inne, als er ein Plateau erreichte.
    Er ließ sich nieder und lehnte sich mit dem Rücken gegen einen großen Felsbrocken.
    »Sag bloß, du ahnst nichts von dem, was gerade geschieht, Andir!«, sagte eine Stimme, die dem Magier inzwischen wohlvertraut war.
    Er drehte sich um und schlug sogar die Augen auf. Die durchscheinende Gestalt von Brass Elimbor war wie aus dem Nichts erschienen. Aber diesmal war es keine Spiegelung der eigenen Seele. Diesmal war es tatsächlich der Eldran, zu dem der ehemalige Obere des elbischen Schamanenordens geworden war. Andir spürte die Aura, die ihn umflorte, und musste unwillkürlich schlucken.
    »Sieh selbst!«, sagte Brass Elimbor und streckte die durchscheinende Geisterhand in Richtung der schroffen Felswand aus. Dort erschienen Bilder und bewegte Szenen, die zuvor bereits immer wieder Andirs Geist heimgesucht hatten.
    Er sah den Elbenturm und eine Schar von fast tausend Katzenkriegern, die auf Riesenfledertieren ritten.
    Schlaglichtartig sah er Szenen aus der Schlacht, die gegenwärtig um den Elbenturm tobte. Und er erkannte, dass die Schlacht in ein Gemetzel umzuschlagen drohte. Die kleine Schar von Verteidigern hatte nicht den Hauch einer Chance.
    Der Flammenspeer versagte, und Thamandor der Waffenmeister stellte sich, den Leichten Tod in der Hand, neben seinen König, um sich gemeinsam mit ihm gegen die unerbittlichen Angriffe der anderen Seite zu wehren. Keandir ließ

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