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Die Elefanten Hannibals

Die Elefanten Hannibals

Titel: Die Elefanten Hannibals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Nemirowski
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heraus. Immer neue Truppeneinheiten marschierten über die Brücke, die beide Flußufer und auch beide Lager verband. Noch nie hatte Hannibal ein so großes Heer zu Gesicht bekommen. Am Fluß nahm die römische Kavallerie Aufstellung, rechts davon die Infanterie, mehr tief als breit gestaffelt. Der linke Flügel wurde von der Reiterei der römischen Verbündeten gebildet. Aus dem kleinen Lager marschierten leichtbewaffnete Einheiten und stellten sich vor der schweren Infanterie auf.
    „Das ist ein Heer!" rief Magarbal entsetzt und verwundert. „Noch kein Sterblicher hat gegen eine so gewaltige Armee gekämpft." 
    „Aber es gibt etwas noch Erstaunlicheres, das du übersehen hast", bemerkte Hannibal gelassen.
    „Was ist das?" Magarbal richtete sich in den Steigbügeln auf und folgte Hannibals Blicken.
    „Daß es in diesen vielen Legionen keinen einzigen Menschen gibt, den man Magarbal nennen könnte", erwiderte Hannibal so ruhig wie zuvor. 
    Eine Lachsalve war die Antwort. Die Karthager freuten sich, daß ihr Feldherr der Gefahr gleichmütig ins Auge blickte.
    Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als die karthagische Armee den Fluß überschritt und die von Hannibal sorgfältig durchdachte Schlachtordnung einnahm. Links am Ufer, gegenüber der römischen Kavallerie, stellten sich die gallischen und iberischen Reiter auf. Rechts davon schlossen sich die Kolonnen der Afrikaner an. Ihre Speerspitzen und Brustpanzer funkelten in der Sonne. Sie trugen die römischen Waffen, die Hannibal am Trasimenischen See erbeutet hatte, und ohne ihre bunten Kleider, die unter den Rüstungen hervorkamen, hätten sie wie Römer ausgesehen. Im Zentrum standen mit entblößtem Oberkörper die Gallier, in der Hand lange, oben abgerundete Schwerter, daneben die Iberer mit kurzen spitzen Schwertern und runden, aus Sehnen geflochtenen Schilden. Ihre weißen Gewänder leuchteten wie die schnee- und eisbedeckten Berggipfel ihrer heimatlichen Pyrenäen. An der rechten Flanke schlossen sich wieder afrikanische Kolonnen an, ganz am Rande standen die numidischen Reiter, von Magarbal kommandiert. 
    Zwischen den Afrikanern und Galliern war ein freier Raum für die Balearer gelassen worden. Die Steine und Bleistücke aus ihren Schleudern pfiffen durch die Luft und krachten gegen die Schilde, mit denen sich die Römer schützten.
    Tirnes übereilte sich wie gewöhnlich nicht. Er zog sich die längste Schnur vom Hals und nahm einen Reiter aufs Korn, der mitten in der römischen Infanterie hielt und einen schimmernden Helm mit Federbusch trug - den gleichen Silberhelm, wie ihn Flaminius am Trasimenischen See auf dem Kopf gehabt hatte. Tirnes holte aus und ließ die Schnur zurückschnellen. Fast im selben Augenblick wankte der Mann mit dem Silberhelm im Sattel und sank zu Boden. Gemächlich hängte sich Tirnes die Schnur wieder um den Hals und kehrte zu seinen Leuten zurück.
    „Tirnes, du hast einen Konsul getötet!" schrien die Afrikaner. 
    Der Baleare zeigte seine Freude nicht, obgleich er innerlich frohlockte; denn für einen getöteten Konsul zahlte Hannibal drei Barren Silber. 
    Die berittenen Einheiten auf dem linken Flügel des karthagischen und dem rechten Flügel des römischen Heeres prallten aufeinander. Aber ein echter Reiterkampf entwickelte sich nicht. Keine Partei konnte den Gegner rechts oder links überwinden und einkreisen, weil sie an der einen Seite vom Fluß und an der anderen von der eigenen Infanterie behindert wurden. Unter lautem Gebrüll versuchten die Gegner, sich gegenseitig vom Pferd zu zerren. Es kam zu einem erbitterten Handgemenge, in dem nur wenige römische Kavalleristen am Leben blieben. Sie wurden abgedrängt und wandten sich zur Flucht. 
    Einen anderen Verlauf nahmen die Ereignisse im Zentrum. Zuerst hielten die Iberer und Gallier dem Ansturm der Römer eisern stand. Dukarion kämpfte in der ersten Reihe. Sein entblößter Oberkörper ragte über einen Wall hinweg, der aus den Leibern der von ihm niedergemachten Feinde bestand. Sein langes Schwert sauste pausenlos nieder. Doch plötzlich merkte er, daß er allein stand. Neben und hinter ihm war niemand mehr. Alle anderen Gallier waren zurückgewichen. Gleichzeitig wurde er von einer frisch eingesetzten römischen Einheit angegriffen, die ein Mann mit blutigem Kopf befehligte. Nein, Tirnes hatte den Konsul nicht getötet, sondern nur verwundet. Es war Aemilius Paullus, der den Feind mit letzter Kraft zurückzudrängen suchte. 
    Tatsächlich wandten

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