Die Elementare von Calderon
Flammen voranpeitschen, bis sie das ganze Tal erfassen.« Rasch wandte sie sich noch einmal zu Tavi und Faede um. »Los, Tavi, fort vom Fluss. So weit du kannst. Lauf auf einen Hügel. Nimm Faede mit
und pass gut auf ihn auf - ich weiß gar nicht, warum du ihn überhaupt mitgeschleppt hast.« Sie blickte an Tavi vorbei zu dem Sklaven, der sie dümmlich angrinste und den Kopf einzog.
Sie schüttelte daraufhin nur den ihren, küsste Tavi abermals und scheuchte ihn los: »Lauf, sofort.« Mit diesen Worten wandte sie sich um und verschwand im Fluss.
Tavi verdrängte seine Angst und versuchte, Faede zu helfen, als der Sklave am anderen Ufer aus dem Fluss stieg. Dabei schaute er sich noch einmal um.
Kord lag zusammengerollt auf der Seite und bemühte sich, wieder auf die Beine zu kommen. Bernard, dessen Gesicht und Kleidung übel zugerichtet waren, stand mit Amara am weißen Stein der Furt, dem Wald zugewandt und mit dem Rücken zu Tavi.
Aus dem Rauch und dem Schatten der Bäume humpelte ein Mann mittleren Alters heran, der barfuß war und wegen seiner geringen Körpergröße harmlos wirkte. Er ließ den Blick über den vom Feuer erleuchteten Fluss schweifen, musterte die beiden an der Furt kurz und sah dann an ihnen vorbei. Tavi spürte den Blick, als würden ihn kalte Steine durchbohren, ihn in aller Ruhe einschätzen und als ungefährlich abtun. Der Mann hob eine Hand, und neben Tavi erbebte ächzend ein Baum und fiel auf ihn zu.
Bernard fuhr herum und hob eine Faust. So schnell wie der erste wurde ein zweiter Baum entwurzelt und kippte gegen den anderen. So stützten sich die Stämme gegenseitig, während Tavi und Faede zitternd darunterstanden.
»Beeindruckend«, sagte der Mann. Er fixierte Bernard, und plötzlich schlug eine Erdwelle auf Tavis Onkel los. Bernard stemmte die Füße in den Boden und fletschte die Zähne. Vor ihm entstand eine zweite Welle, die rasch an Geschwindigkeit gewann und dem Angriff entgegenwogte. Aber Bernards Verteidigung genügte offensichtlich nicht. Das Kräuseln im Fels erschütterte den Boden, auf dem er und Amara standen, und beide stürzten.
Tavi brüllte, denn noch während sein Onkel fiel, zog der Fremde einen kurzen, stark gewölbten Bogen aus dem Mantel. Er legte einen Pfeil auf und zielte mit kühler Genauigkeit. Der Schaft flog über das Wasser auf Tavi zu.
Vom Boden aus schrie Amara auf und schlug in die Luft. Der Pfeil verließ seine Bahn und landete irgendwo neben Tavi im Wald.
Enttäuscht grunzte der Mann. »Sinnlos. Töte sie.«
Hinter ihm trat der Mann hervor, den Tavi zuvor schon gesehen hatte. Er trug ein Schwert in der Hand, und in seinen Augen funkelte der Wille zu töten. Der Schwertkämpfer glitt vorwärts zu Amara und Tavis Onkel. Seine Klinge glänzte scharlachrot im Schein, den der wütende Brand erzeugte.
Kord konnte sich inzwischen wieder rühren und kroch zur Seite. Er versetzte Aric ein paar Stöße mit dem Fuß, woraufhin dieser wieder zu sich kam, und wollte sich in den Wald zurückziehen, während sein Sohn hinter ihm her krabbelte. Aber gerade in diesem Moment ertönte ein Röcheln im lodernden Dickicht, und Bittan kam rückwärts und geblendet aus dem wallenden Rauch. Er fuchtelte wild vor seinem Gesicht herum und stand plötzlich nur ein paar Schritte von dem Schwertkämpfer entfernt zwischen diesem und Bernard.
Tavi konnte die Bewegung nicht sehen, so schnell erfolgte sie. Es sirrte, dann keuchte Bittan überrascht auf und fiel auf die Knie. Der Schwertkämpfer ging an dem Jungen vorbei. Tavi sah eine rote Lache vor Bittan entstehen, und dann kippte Kords Sohn schlaff zur Seite.
Beinahe hätte sich Tavi übergeben. Faede stieß zischend die Luft aus und klammerte sich an Tavis Arm.
»Bittan«, keuchte Aric. »Nein!«
Einen Augenblick lang wirkte die Szene wie eingefroren: Der Junge in seinem eigenen Blut am Boden, beleuchtet von rotem Feuerschein, der Schwertkämpfer mit der Klinge, wie er geschmeidig
auf die Menschen zuschritt, die zwischen ihm und Tavi standen.
Dann geschah alles gleichzeitig.
Kord stieß einen Schrei aus, in dem seine gesamte Wut mitschwang. Die Erde um ihn herum wellte sich und schlug nach dem Schwertkämpfer.
Amara kam wieder auf die Beine mit dem Schwert in der Hand. Sie stürzte vorwärts und parierte die Klinge des Fremden, die auf Bernard niederging. Die Erde wogte und schleuderte beide zur Seite.
Der harmlos wirkende Mann streckte die Hände zum anderen Ufer aus, und sofort ächzten die Bäume, Äste
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