Die Elementare von Calderon
Hordenmeisters kämpften entweder gegen die Aleraner oder gegen Dorogas wütenden Garganten, daher nahmen sie den verhältnismäßig kleinen Jungen kaum wahr.
Atsurak beobachtete das Getümmel um Dorogas Garganten.
Das große Tier trampelte voran und beugte sich über Doroga, schwang den riesigen Kopf, schlug aus, trat um sich und brüllte jeden an, der ihm zu nahe kam. Tavi entdeckte Dorogas Keule, schnappte sie sich und bereitete sich darauf vor, sie Atsurak mit Wucht auf den Kopf zu schlagen, den Dolch zu nehmen und zurück zu seinem Onkel zu rennen.
Plötzlich wirbelte ein heftiger Wind Heu - wieso lag das eigentlich überall im Hof herum? - und Staub auf. Beides machte ihn halb blind, und die Böe hätte ihn beinahe zu Boden geworfen. Tavi schirmte die Augen ab, sah mehrere Männer in schwarzen Tuniken und Rüstung, die Waffen aus Stahl schwangen und über dem Kampfgeschehen schwebten. Einer von ihnen streckte die Hand nach Atsurak aus, und er musste auch den Wind beschworen haben, der durch den Hof pfiff.
Ein zweiter Ritter Aeris stieß herab und setzte den harmlos wirkenden Mann mit der Halbglatze ab, den Tavi schon gesehen hatte. Der Mann ging auf den geblendeten Atsurak zu, packte ihn am Haar, riss den Kopf hoch und schnitt dem Hordenmeister die Kehle durch.
Atsurak zuckte heftig, der Dolch fiel ihm aus der Hand, glitt über den Steinboden und landete nicht weit von Tavi entfernt in einem Heuhaufen.
»Der Dolch!«, brüllte der Mann mit dem blutigen Messer. »Holt den Dolch!«
Tavi starrte ihn an, wie er über Atsuraks zuckendem Körper stand. Dieser Kerl würde Tavi bestimmt ebenso gnadenlos töten. Und der Mann hatte die Krone verraten, hatte Amara und Tavi verfolgt und seine Tante und seinen Onkel in Lebensgefahr gebracht.
Vor zwei Tagen, dachte Tavi, hätte er dem Verräter den Dolch einfach überlassen. Er hätte sich umgedreht und wäre davongelaufen. Vielleicht hätte er ein Versteck gefunden, wo er ausharren konnte, bis alles vorüber war.
»Vor zwei Tagen«, murmelte Tavi, »hatte ich viel mehr Verstand.«
Damit rannte er los, schnappte sich den Dolch und lief davon.
»Dort!«, hörte Tavi den Mann rufen. »Er hat den Dolch! Holt mir den Jungen, tot oder lebendig!«
43
Tavi lief um sein Leben.
Im Hof hinter der Mauer war die Hölle los, aber er kannte nur ein Ziel: fort von dem Mann, der Atsurak umgebracht hatte. Tavi schlug einen Bogen um zwei kämpfende Marat und floh in Richtung auf die andere Seite der Festung. Über ihm toste plötzlich heftiger Wind und warf ihn zu Boden. Tavi schrie und konzentrierte sich darauf, dass er sich nicht mit dem Dolch selbst erstach, während er über die Steine rollte.
Als er zum Stillstand kam, sah er über sich einen Ritter Aeris in voller Rüstung, der mit einem Speer in der Hand auf ihn herabstieß. Tavi wühlte in seinen Hosentaschen. Der Ritter kam näher und näher, dann schleuderte Tavi ihm eine Handvoll des Steinsalzes entgegen, das er aus dem Räucherhaus von Bernardhof mitgenommen hatte, und warf sich zur Seite.
Der Ritter grunzte überrascht, griff in die leere Luft und fiel zu Boden, allerdings so schnell, dass er sich mehrmals auf den unnachgiebigen Steinen überschlug. Tavi hörte ein scharfes Knacken, und der Ritter schrie auf.
Unterdessen war Tavi wieder aufgestanden und blickte sich
rasch um. Über der Festung schwebten weitere Ritter Aeris und suchten nach ihm. Drüben bei einem Haufen Legionares entdeckte ihn der riesige Schwertkämpfer, den Tavi im Stall von Bernardhof gesehen hatte, lief in seine Richtung los und hob das Schwert, um jeglichen Widerstand aus dem Weg zu fegen. Den Mann, der Atsurak getötet hatte, konnte Tavi nirgendwo entdecken.
Er rannte an den Ställen vorbei, auf die Mitte der Festung und das gegenüberliegende Tor zu. Dort würde er bestimmt jemanden finden, der nicht von Marat umzingelt war und ihm helfen konnte, oder vielleicht gab es ein Gebäude, im dem er sich verstecken konnte.
Als er das Ende der Stallungen erreichte, stürmte eine stämmige Gestalt, die einen halb zugeschnürten Brustpanzer und einen Helm trug, aus der Tür und schrie: »Ich komme! Ich komme!«
Tavi stieß mit dem jungen Mann zusammen, und beide gingen zu Boden. Der Schild des anderen flog davon, doch den Griff eines Spatens konnte er festhalten. Der Mann schob den Helm zurück, packte den Spaten und holte aus.
Tavi schützte den Kopf mit den Armen. »Frederic!«, rief er. »Fred, ich bin es!«
Frederic senkte den Spaten und
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