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Die Elementare von Calderon

Die Elementare von Calderon

Titel: Die Elementare von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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nicht müßig herumsitzen, sobald sich das Wetter gebessert hatte. Also musste sie sich wenigstens einen Plan überlegen und ihn baldmöglichst in die Tat umsetzen.
    Das erste Gebot der Stunde, so hätte Fidelias es ausgedrückt, bestand darin, die Lage zu erkunden. Sie musste herausfinden, was im Tal vor sich ging, ehe sie sinnvoll eingreifen konnte - ganz egal, ob sie nun im Verborgenen handelte, aufgrund ihrer Autorität als Kursor der Krone die Mitarbeit des hiesigen Grafen verlangte oder Gaius nur Bericht erstattete.
    Sie schluckte. Zur Verfügung standen ihr das Messer, das sie Fidelias aus dem Stiefel gezogen hatte, und ein Umhang, der für dieses Wetter viel zu leicht war. Ihr Blick fiel auf den Jungen, der vor dem Feuer lag.
    Und den hatte sie auch noch.
    Amara ging zu ihm und legte ihm die Hand auf die Stirn. Der Junge stöhnte leise. Seine Haut war zu heiß, fiebrig, und seine Lippen waren trocken und spröde. Stirnrunzelnd trat sie an das
Wasser, schöpfte etwas in ihre zusammengelegten Hände und trug es zu ihm. Sie versuchte, ihm das Wasser einzuflößen. Das meiste rann durch ihre Finger und tropfte ihm auf Kinn und Hals, doch einen kleinen Schluck trank er. Sie wiederholte diesen Vorgang einige Male, bis der Junge sich ein wenig entspannte.
    Daraufhin holte sie einen weiteren scharlachroten Umhang, faltete ihn zusammen und schob ihn als Kissen unter den Kopf des Jungen. Dieser kleine Held war hübsch, sein Gesicht wies fast zarte Züge auf. Das Haar lockte sich dunkel und glänzend um den Kopf. Wie scheinbar so viele Männer, die offensichtlich alle überhaupt nicht darauf achteten, hatte er lange, kräftige Wimpern, und die Hände mit den schlanken Fingern erschienen im Vergleich zum restlichen Körper zu groß, was vermuten ließ, dass der Junge noch ein Stück wachsen würde. Wo die Haut unversehrt war, leuchtete sie mit der klaren Röte der Jugend. Auf die Farbe seiner Augen hatte sie während der hektischen Ereignisse am Abend nicht geachtet, doch seine Stimme hatte selbst im Sturm glockenklar geklungen.
    Während sie den Jungen betrachtete, vertieften sich die Falten auf ihrer Stirn. Mit ziemlicher Sicherheit hatte er ihr das Leben gerettet. Aber wer war er? Der Weg von hier bis zum nächsten Wehrhof war weit. Eben deswegen war sie ja hier draußen gelandet, um nicht von Einheimischen beobachtet zu werden. Was hatte der Junge bei diesem Unwetter mitten in der Einöde gesucht?
    »Zu Hause«, murmelte er. Amara sah ihn an, doch seine Augen waren geschlossen. Im Schlaf runzelte er die Stirn. »Tut mir leid, Tante Isana. Onkel Bernard sollte zu Hause sein. Ich habe versucht, ihn sicher nach Hause zu bringen.«
    Amara riss die Augen auf. Bernardhof war der größte Wehrhof im Calderon-Tal. Wehrhöfer Bernard war der Onkel des Jungen? Sie beugte sich vor und fragte: »Was ist mit deinem Onkel passiert, Tavi? Ist er verletzt?«

    Tavi nickte, im Traum gefangen. »Marat. Der Herdentöter. Brutus hat ihn getötet, aber leider zu spät.«
    Die Marat hatte er schon einmal erwähnt. Diese Wilden hatten dem Reich keine Schwierigkeiten mehr bereitet, seit es vor fünfzehn oder sechzehn Jahren an genau dieser Stelle zur Schlacht gekommen war. Amara hatte es nicht recht ernst genommen, als Gaius seine Sorgen wegen der Marat geäußert hatte, aber offensichtlich hatte sich mindestens einer ins Tal geschlichen und einen aleranischen Wehrhöfer angegriffen. Aber was hatte das zu bedeuten? Handelte es sich um einen einsamen Maratkrieger und eine zufällige Begegnung in der Wildnis?
    Nein. Das waren zu viele Zufälle. Es musste einen größeren Zusammenhang geben.
    Amara ballte die Hand zur Faust. Sie musste mehr erfahren.
    »Tavi«, sagte sie. »Was kannst du mir über diesen Marat erzählen? Gehörte er zum Herdentöterstamm? War er allein?«
    »Da war noch einer«, murmelte der Junge. »Habe einen getötet, aber da war noch einer.«
    »Ein zweites Tier?«
    »Mmmhmm.«
    »Wo ist dein Onkel jetzt?«
    Tavi schüttelte den Kopf, und seine Miene verzog sich schmerzlich. »Hier. Er sollte doch zu Hause sein. Habe ihn mit Brutus hergeschickt. Brutus muss ihn doch gebracht haben.« Tränen rannen ihm über die Wangen, und Amara wären sie beinahe ebenfalls gekommen.
    »Entschuldigung«, sagte der Junge weinend. »Ich habe mir solche Mühe gegeben. Tut mir so leid.«
    »Pst«, machte sie. Mit einem Zipfel des Umhangs trocknete sie die Tränen. »Ruh dich aus. Schlafe, Tavi.«
    Er entspannte sich. Sie betrachtete ihn

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