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Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung

Titel: Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Louis Fetjaine
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hielt schon stundenlang an, ein feiner, leiser und eisiger Regen, der alles durchdrang und sich wie Rost selbst in die heitersten Gemüter fraß. Er hörte Frehirs sonore Stimme aus der Hütte und drehte sich um. Die Elfen lehnten mit dem Rücken an den Natursteinmauern, bleich und regungslos in ihren Moiregewändern, deren Farbe changierte. Es kam ihm vor, als sähe die Königin ihn an, aber sie stand zu weitab, als dass er es hätte schwören wollen.
    »Uther! Zu mir!«
    Der Ritter fuhr herum und begann sofort loszulaufen. Er hatte Roderiks Stimme erkannt, aber sein Schrei klang seltsamerweise zugleich schwach und durchdringend, gurgelnd und verzagt.
    Trotz der Eisenplatten seiner Rüstung lief er schnell genug, um noch das Trappeln eines davongaloppierenden Pferdes hören zu können, als er bei seinem Freund ankam.
     
    Roderik stand taumelnd mit dem Rücken zu Uther. Er hielt den Kopf gesenkt und berührte seinen Hals mit einer Hand.
    »Roderik ! «, schrie der Ritter.
    Der Recke versuchte sich zu seinem Kameraden umzudrehen, knickte aber weg, ließ sein Schwert fallen und brach mit scheppernder Rüstung auf dem Boden zusammen. Uther sank neben ihm auf die Knie, da sah er die entsetzliche Wunde. Ein Wurfmesser stak bis zum Anschlag in seinem Hals, dessen Klinge auf der Rückseite bis in die Glieder des blutverschmierten Kettenhemdes gedrungen war.
    Roderik öffnete die Augen und wollte sprechen: Ein scharlachroter Blutschwall stürzte mit einem entsetzlichen Gurgeln aus seinem Mund, das jedes Wort erstickte. Einen Augenblick lang durchlief ein gewaltiger Krampf seinen Körper, dann fiel er leblos in Uthers Arme.
    Völlig versteinert starrte Uther auf den endlosen Blutstrom, der durch die Maschen der Halsberge floss und auf die Brustplatten rann, wo er einen scheußlichen Kontrast zum blassen Glanz des Metalls bildete. Mit zusammengeschnürter Kehle und nach Atem ringend, hob er die Augen zum Himmel, unfähig zu sprechen, unfähig, um Hilfe zu rufen oder irgendetwas zu unternehmen. Der Wind änderte seine Richtung, und der Regen peitschte den beiden ins Gesicht und wusch das Blut von der Rüstung, das sich in den Pastelltönen der Erde und des Grases verlor. Da senkte er den Kopf und bot seinen Nacken der Regendusche dar.
    Es war das erste Mal, dass er einen Menschen sterben sah. Einen Freund. Roderik und er kamen aus zwei benachbarten Baronien nahe dem Dünenland, und sie waren gemeinsam in die Lehre gegangen. Ihre Kraft, ihre hohe Geburt oder ihre Geschicklichkeit mit der Waffe, vielleicht auch alle drei Dinge zusammen, hatten ihnen die Ehre eingetragen, zu den zwölf Recken zu zählen, den Rittern der Wache des Rates, aber sie waren zu spät geboren, um im Zehnjährigen Krieg mitzukämpfen, und seither lebte Pellehuns Reich in Frieden ... Roderiks Geschick bei den Übungen hatte ihm nichts genutzt. 
    Ohne aufzustehen griff Uther nach dem Schwert seines Kameraden und legte es zwischen dessen gekreuzte Hände. Sollte er ein Gebet sprechen? Die Mönche beteten immer, wenn sie die Toten begruben. Aber Uther kannte keines, und er war auch gar nicht sicher, dass Roderik an die neue Religion geglaubt hatte ...
    Er fasste den Griff des Dolches und zog ihn aus dem Hals seines Freundes. Die Klinge war dünn und lang wie die eines Pfriems. Es war eine leichte und effiziente Waffe ohne irgendwelche Gravuren oder sonstigen Schmuck. Das Werkzeug eines Mörders, keine Paradewaffe, etwas, das in einem Stiefelschaft oder einer Mantelfalte verborgen getragen wurde, nicht an einem Gürtel ... Mit einer brüsken Bewegung stieß er ihn in die Erde und legte den Kopf des Ritters behutsam auf den Boden.
    Als er sich aufrichtete, bemerkte er, dass die anderen um ihn herum standen.
    Alle anderen um Schulter- und Haupteslänge überragend, starrte Frehir mit entsetzter Miene, in der sich Trauer und Gewissensbisse die Waage hielten, auf den Leichnam Roderiks.
    Der Ritter schob die Zwerge, die sich in die erste Reihe gedrängt hatten, beiseite und ging mit hängenden Schultern auf die Hütte zu.
    »Uther«, murmelte Lliane, als er an ihr vorüberging.
    Der Mann würdigte sie keines Blickes.
    »Uther, ich wollte ...«
    Till hielt die Königin am Arm fest. Der Recke war nicht stehen geblieben, und Llianes Worte waren sinnlos.
    Er deutete auf Roderiks Körper und die Geldbörse, die dieser für den Zaubertrick der Königin herausgezogen hatte und die noch immer an seinem Gürtel hing.
    »Schau«, sagte er. »Man hat ihn nicht getötet, um

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