Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung
mit seiner kraftvollen und ruhigen Stimme zu Wort, »ist es einfach, der Spur der Zwerge zu folgen ... Sie läuft auf die Hütten zu, die ich heute morgen gesehen habe.«
Alle blickten in die Richtung, in die er zeigte, und das wie von einer Herde Rotwild niedergetretene Gras zeigte deutlich den Weg der beiden Trampeltiere auf.
»Sie haben nicht die geringste Chance«, murmelte die Königin.
»Es sei denn, wir holen sie noch rechtzeitig ein«, sagte Uther. »Gehen wir. Frehir, bilde du die Vorhut, und sichere den Weg. Du, Tsimmi, bleibst neben der Königin. Ich selbst mache die Nachhut.«
Der Barbar lief umgehend los und verschwand mit gezogenem Schwert im Unterholz. Tsimmi profitierte von dem kurzen Aufschub und hob ein paar Steine auf, die er in eine seiner Taschen fallen ließ. Dann zog er seine Schleuder heraus und platzierte einen möglichst runden Stein in den Lederriemen, bevor er losmarschierte. Die Königin hinter ihm hatte einen Pfeil Kevins in ihren Bogen gespannt. Sie lächelte Uther flüchtig zu und fiel dann mit dem Zwerg in Gleichschritt, wobei sie ebenso lautlos dahinglitt, wie dieser vernehmlich trampelte. Uther warf einen letzten Blick auf die zerstörte Lichtung, lächelte und setzte sich dann ebenfalls in Bewegung.
Der Trupp bewegte sich schweigend voran, jeder lauschte auf das kleinste Geräusch und hatte die Hand fest um seine Waffe geschlossen. Das Dickicht und das hohe Sumpfgras um sie herum wurden immer dichter, so dass Frehir ihnen von Zeit zu Zeit den Weg mit dem Schwert freischlagen musste. Trotz seiner Talente als Fährtenleser hatte er hundertmal das Gefühl, die Spur der Zwerge verloren zu haben, aber jedes Mal entdeckte er dann doch wieder den Abdruck eines Stiefels, der sich tief in den klebrigen Matsch des Moors eingeprägt hatte.
Uther am Schluss des Zugs spürte, wie ihm die Hitze ins Gesicht stieg und kleine Schweißbäche seinen Rücken hinabrannen. Das Fieber verursachte ihm immer noch einen bleiernen Druck im Schädel und schwächte ihn derart, dass er kaum sein langes Schwert zu halten vermochte. Verfluchter Stolz, der ihn dazu gebracht hatte, mitten in der Stechmückenwolke stehen zu bleiben und ihn zu diesem Schatten eines Kämpfers hatte werden lassen, der kaum fähig war, ohne Hilfe einen Schritt vor den ändern zu setzen! Er schüttelte heftig den Kopf, um seine Lebensgeister wieder zu erwecken. Ihr Trupp war kurz davor, einen Kampf bestehen zu müssen, und er war es sich schuldig, sich des Vertrauens des Großen Rats würdig zu erweisen ...
Plötzlich bemerkte er, dass Lliane und Tsimmi stehen geblieben waren. Die Königin machte ihm ein Zeichen, sich im Gebüsch zu verstecken, legte einen Finger an die Lippen und sprang dann gebückt und den Bogen in der Hand vorwärts. Wie der Blitz verschwand sie im hohen Gras, völlig lautlos.
Uther spitzte die Ohren, aber die Sümpfe lagen in unerträglicher Stille. Nicht einmal der Schrei eines Vogels oder Insektengebrumm, als würde die ganze Natur den Atem anhalten. Tsimmi wandte sich ihm mit fragend hochgezogenen Brauen zu und der Ritter schlich gebückt bis zu dem Zwerg. Die Königin war jetzt schon eine Minute verschwunden, eine lange Zeit bei drohender Gefahr.
»Was sollen wir machen?«, flüsterte Tsimmi.
Uther reckte den Hals und stand halb auf, um zu versuchen, jenseits des Grasvorhangs irgendetwas zu entdecken, als Frehirs schleppende Stimme ganz in der Nähe ertönte.
»Kommt ...«
Tsimmi und der junge Ritter schlugen sich durch die Ginsterbüsche. Frehir und die Königin standen mit dem Rücken zu ihnen vor einem Schlammloch. Uther erreichte sie als Erster und schauderte vor Entsetzen. Dann drängte Tsimmi sie beiseite und sah selbst.
»Bei meinem Blut!«
Es war Miolnir. Er lag lang hingestreckt auf dem Rücken in dickem schwarzem Schlamm, der ihn schon halb verschluckt hatte. Sein Oberkörper und seine Beine steckten trotz des Lederpanzers voller Pfeile, und er versank, von dem widerwärtigen Schlamm angesaugt, Zentimeter um Zentimeter. Seine Augen waren aufgerissen und starrten mit einem Ausdruck von Verblüffung in den blassen Himmel seines letzten Tages. Keine Spur von Schmerz stand in ihnen zu lesen. Die Pfeile mussten ihn alle auf einmal getroffen haben, in einer einzigen Salve, und keiner der Gesandten des Großen Rats zweifelte daran, wer sie verschossen hatte. Unter ihren müden und entmutigten Blicken floss der Schlamm bald über die braunen Barthaare, drang zwischen die Lippen, in die
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