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Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung

Titel: Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Louis Fetjaine
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gespickt, und er hatte wie ein Feigling flüchten müssen, er, der Thronerbe von Troin! Welche Schande ... Welch eine Katastrophe!
    Mit einem kräftigen Hieb schlug er seine Axt in den Baumstamm, richtete sich dann zu voller Größe auf und wandte sich dem im Wind wogenden Schilfvorhang zu, aus dem der rettende Pfeil käme, der seiner ganzen erbärmlichen Existenz ein Ende setzen würde. Er zupfte das Reisig aus seinem langen roten Bart, striegelte ihn und steckte ihn unter den Gürtel. Dann begann er zu warten und starrte in den Himmel, der sich bereits wie ein Vorbote des Todes verdunkelte. Dazu sang er in seiner tiefen Stimme den Todesgesang der Zwerge unter dem Roten Berg.
     
    Didostait, bugale
    Ar serr-noz, hag ar goulou deiz,
    Didostait, didostait...
    Kommt, ihr Kinder
    der Abend- und der Morgendämmerung,
    Kommt heran, kommt heran ...

    Aber nur die Stille der Sümpfe antwortete seinem Gesang. Die Elfen waren fort. Der Tod wollte ihn nicht.
    Rogor blieb noch mehrere Minuten lang unbeweglich stehen, bis sein Atem wieder gleichmäßig wurde und der Schweiß auf seiner Stirn getrocknet war. Dann riss er seine Axt aus dem Baum, versuchte sich zu orientieren und setzte sich dann in Richtung Ponton in Bewegung.

Magie!

    Gaels Dachsbau war jetzt leer. Die alten Grauen Elfen hatten seine Waffen und all seine Habseligkeiten fort- getragen, einschließlich der Stoffe und der Flechtmat-
    ten, die die Wände und den Boden der in die Erde gegrabenen Behausung bedeckt hatten. Nur Frehir, Uther und Tsimmi wa- ren zurückgeblieben und hockten im Schein einer behelfsmä- ßigen Fackel, die der Zwerg mit Hilfe seiner Feuersteine ange- zündet hatte, auf dem Boden, ganz in der Nähe des Katafalks aus Erde, auf dem die Leiche des Grauen Elfs ruhte, die Hän- de über der Brust gekreuzt.
    Die Königin war seit über einer Stunde mit den Dorfältesten verschwunden, um die Bestattung Gaels vorzubereiten. Sie hatte ihnen einige Worte zugeflüstert, bevor sie ging, und ihnen eingeschärft, sich nicht von der Stelle zu rühren, bis sie wieder da sei. Sie hatten gehorcht, aber die Wartezeit in Gegenwart einer Leiche begann ihnen lang zu werden.
    »Was meinst du, was sie machen mit ihren Toten?«, fragte Tsimmi und stieß Uther, der neben ihm saß, seinen Ellbogen in den Schenkel.
    Sie sprachen leise miteinander, um Frehir nicht aufzuwecken, der laut schnarchend den Schlaf der Gerechten schlief. »Es heißt, sie essen ihre Toten auf ...«, bohrte er nach. »Meinst du, dass das stimmt?«
    »Aber woher soll ich denn das wissen?«
    »Schon gut«, sagte Tsimmi. »Ich dachte nur, dass du als Freund der Elfen wenigstens irgendetwas von ihren Gebräuchen wüsstest, das ist alles ...«
    Uther seufzte. Dann stand er auf, schnitt ein Stück Stoff aus seinem Überwurf, wickelte es um die Fackel, deren Flamme schwächer wurde, und setzte sich dann wieder neben seinen Kameraden. Im unsteten Flackern der Fackel vollführte der Schatten des aufgebahrten Toten unheimlich schlängelnde Bewegungen auf den Erdwänden - ein wahrer Totentanz. Uther bemerkte Tsimmis Blick und fand den Zwerg ziemlich niedergeschlagen. Seine grüne Mütze war bis über die Ohren gezogen, der Bart struppig, und er saß da, die Arme um die Knie geschlungen, zusammengekauert, mürrisch und besorgt. Der Zwerg spürte den Blick des Ritters auf sich, kramte in einer seiner unzähligen Taschen und zog eine Silbermünze hervor, die er Uther breit grinsend unter die Nase hielt. »Ein Dukaten!«, sagte er im Tonfall eines Gauklers. »Ein echter Dukaten des Königs!«
    Der junge Mann lächelte und ging auf das Spiel ein.
    »Ja«, sagte er, nachdem er die Münze genau begutachtet hatte. »Ist ein echter Dukaten ...«
    Tsimmi nahm ihn mit der rechten Hand zurück, zwinkerte und hob dann unvermittelt und fingerschnalzend die Linke.
    »Oh, was für ein Pech, ehrwürdiger Herr, der Dukaten ist verschwunden!«
    Er öffnete seine rechte Hand, die tatsächlich leer war.
    »Es klappt schon ganz gut«, gab Uther zu. »Aber die Königin konnte außerdem das Silber in Kupfer verwandeln ...«
    »Na ja, nun ...«
    Tsimmi hob einen Finger, fixierte das Ohr des Ritters und berührte dann sein Ohrläppchen, um ihm stolz das verlorene Geldstück zu präsentieren.
    »Magie!«
    »Ja«, sagte Uther. »Magie ...«
    Er sah voller Wohlwollen zu, wie der Zwerg seine Münze wieder verstaute und dabei hoch zufrieden wirkte, dass ihm sein Trick so gut gelungen war. War es möglich, dass es sich um dieselbe Person

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