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Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen

Titel: Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Louis Fetjaine
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an Markttagen. Auf einem Podium waren Bänke aufgestellt worden für die adligen Herren und edlen Damen aus dem Palast und für die eifischen und zwergischen Würdenträger, die gekommen waren, um dem Prinzen ihre Aufwartung zu machen, bevor sie sich zur Ratssitzung versammelten. Auch Bran, der in der ersten Reihe saß, hatte wieder zu seiner gewohnten Umgänglichkeit zurückgefunden und plauderte mit Ulfin, nicht mehr länger verstimmt, dass ihm der König die kalte Schulter gezeigt hatte.
    »So viele Kinderl«, rief er aus und hielt sich theatralisch die Ohren zu. »Sind das hier sämtliche Babys, die dieses Jahr zur Welt gekommen sind?«
    Der Ritter lachte schallend, doch dem Blick des Zwerges entnahm er, dass dies kein Scherz gewesen war.
    »Aber ... nein 1 . Das sind nur die Kinder, die in jüngerer Zeit geboren wurden ... Die Jungen sind mindestens vierzig Tage alt, die Mädchen ungefähr drei Monate. So ist es Sitte ...«
    »Wirklich?«
    Bran schüttelte den Kopf, dann sah er Rat suchend zu Onar hinüber, einem ungemein mürrischen Zwerg, der in seinem unförmigen Mantel wie ein Sack aussah. In Erwartung eines Kommentars, der nicht kam, versetzte Ulfin Bran einen Rippenstoß.
    »Was ist los, mein Freund?«
    »Nichts«, murmelte der Prinz. »Aber ich glaube, dass im gesamten Zwergenvolk nicht halb so viele Kinder geboren worden sind, seit wir das Schwert verloren haben ...«
    Ulfin antwortete nicht (was hätte er im Übrigen schon sagen können?], aber Merlin, der neben ihm saß, beugte sich vor und musterte Bran eindringlich. Er öffnete schon den Mund, um näher nachzufragen, als der Recke ihm einen finsteren Blick zuwarf, und so sagte er nichts und behielt seine Fragen für sich. Dennoch reckte er den Hals, um rasch die vor dem Portalvorbau zur Schau gestellten Kinder zu zählen. Es waren allenfalls zehn ... Konnte das wirklich stimmen, was Bran da berichtete? Weniger als fünf Geburten binnen eines Jahres?
    Trotz seines dicken Wollmantels, trotz seines Bliauds, der Hemd und Hosen von den Schultern bis zu den Waden bedeckte, und trotz der hohen filzgefütterten Lederstiefel wurde es Uther allmählich kalt. Der Art und Weise nach zu urteilen, wie ein jeder sowohl in seinem Gefolge wie auch in der umstehenden Volksmenge mit geröteter Nase und eng vor dem Körper verschränkten Armen von einem Fuß auf den anderen trat, war er nicht der Einzige. Dessen ungeachtet schienen die Mönche sich alle Zeit der Welt zu lassen, obwohl die meisten unter ihnen barfuß in dieser Kälte umherliefen und nur mit schlichten Kutten aus unbehandelter Wolle bekleidet waren; diese waren ungefärbt (denn Färben ist Täuschung, »nulla tinctura, nec mendacio defucata «), häufig geflickt und in der Taille von einem Ledergürtel zusammengezurrt, die Kapuze war auf die Schultern zurückgeschlagen, der Kopf mit der Tonsur Wind und Wetter ausgesetzt; die Mönche selbst waren mager, grau und aufrecht wie Birken. Ihr Superior, Abt Illtud, hob sich allein durch seine Körpergröße von den Übrigen ab. Seit dem Tode Bischof Bedwins war es fraglich, ob dieser ersetzt würde, und der weltliche Klerus verlor im Königreich immer weiter an Einfluss zum Vorteil der Mönche, deren Prior er war, pater monasterii, vices Christi agit. Er trug weder Krummstab noch Mitra, wie sie einem infulierten Abt zugestanden hätten, sondern hatte lediglich ein einfaches Kreuz um den Hals und stand mit seinem länglichen Gesicht und dem dunklen Bart ebenfalls unbeweglich, die Augen geschlossen, um in das feierliche und getragene Tedeum seiner Brüder mit einzustimmen, als könne die feuchte Kälte ihm gar nichts anhaben.
    Die Unterhaltungen auf dem Glacis verstummten nach und nach. Vermutlich ließ sich der Großteil derer, die dort versammelt waren Bürger, Adlige, Bettler, Elfen, Menschen oder Zwerge von der asketischen Inbrunst und dem faszinierenden Anblick dieser unsinnigen Kasteiung bannen. Seit die Mönche die Stelle der Priester eingenommen hatten, war die Religion nicht mehr dieselbe. Sogar aus der Kirche waren sämtliche Fahnen und Tapisserien entfernt worden, die sie ehemals geschmückt hatten. Zurückgeblieben waren nur das nackte Mauerwerk und das düstere Antlitz der in die Fassade gemeißelten Heiligen. Der von einer leuchtenden Gloriole umgebene Christus des dicken Bischofs war dem ausgemergelten Christus am Kreuz und seinen Jüngern gewichen, die so mager waren, dass sie zitterten wie Espenlaub. Da war keine Spur von Freude, nichts

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