Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen
Vergleich mit dem Talisman der Zwerge standhalten, der vor ihm lag? Mit Sicherheit nicht. Wenn er nicht gerade erzitterte, war der Fal Lia nur ein grob behauener Felsbrocken, wohingegen Excalibur, das von Nuada Airgetlám, dem Gott Nudd mit dem silbernen Arm, geschmiedete Schwert ein wahres Kunstwerk darstellte, das von Generation zu Generation von den versiertesten Goldschmieden unter dem Berg immer reicher verziert worden war. Jeder Zoll seiner schweren und scharfen goldenen Klinge war mit feinen Ziselierungen geschmückt, auf Stichblatt und Knauf funkelten wertvolle Edelsteine, ja selbst der Fingerbügel war aus geflochtenen Goldfäden geformt. Und diesen Schatz sollte er ihnen zurückgeben, nach all dem, was Frehir ihm am Morgen erzählt hatte?
Léo de Grand, der an seiner Seite saß, tauschte unschlüssige Blicke mit dem Kammerherrn. Er wagte es nicht, seinen Schwager aus seiner Versunkenheit aufzustören. Uther spürte, wie der Herzog auf seinem Stuhl saß und mit den Füßen scharrte, hörte sein häufiges Räuspern und riss sich endlich widerstrebend von seinen trübsinnigen Überlegungen los.
»Einverstanden«, sagte er und erhob sich. »Sie mögen hereinkommen ... «
Der Kämmerling, dem dieses endlose Ausharren ein Gräuel war, wartete das Kopfnicken des Herzogs von Carmelide gar nicht erst ab, sondern klopfte kurz und kräftig mit seinem eisenbeschlagenen Stab auf die Steinplatten.
Umgehend öffnete sich die Türe und gab den Blick auf die lang aufgeschossene, zerbrechliche Gestalt eines Elfen frei, der ein funkelndes silbernes Kettenhemd und einen Waffenrock aus schillerndem Moiré trug.
»Dorian, Prinz der Hohen Elfen, Bruder von Lliane, Königin unter dem Wald von Eliande!«, verkündete ein Herold im Gang draußen so laut, dass man es bis in die Küchen hören musste.
Uther ging auf den jungen Elfen zu, um ihn zu umarmen, doch als er dessen Gesicht gewahr wurde, das dem von Lliane so ähnlich war, hielt er für einen Moment inne. Der Prinz war genau wie sie groß und außergewöhnlich schlank, was durch seine bläuliche Blässe und sein langes schwarzes Haar noch betont wurde. Seine Augen waren jedoch anders als die der Königin. Düster blickende Augen, die trotz seiner Jugend schon von so vielen schweren Prüfungen gezeichnet waren. War darin ein Vorwurf zu lesen? Dorian wusste sehr wohl, dass Uther seine Schwester geliebt hatte, dass sie dieses Kind zusammen hatten, dessentwegen die Königin in Ungnade gefallen war, und dass Uther die Schuld daran trug, dass König Llandon nur noch ein in seiner Ehre gekränkter und von den Trouvères in ihren Liedern verspotteter Monarch war, ein armseliger blinder Mann, aufgenommen von den Hexen im Walde. Wir haben alle gelitten, dachte er. Ebenjener Llandon hatte Cystennin, seinen eigenen Vater, getötet, und dies Verbrechen war ungesühnt geblieben. Bis heute ...
Uther fasste sich wieder und drückte Dorian an sich, dann wandte er den Blick ab, um mit einem ehrerbietigen Kopfnicken den großen Druiden Gwydion zu begrüßen, einen alten Elfen, der nach dem Dafürhalten Léo de Grands eher einem abgestorbenen Baum als einem lebenden Wesen glich.
»Der Himmel behüte dich«, sagte Dorian.
Das war die geweihte Formel, doch Uther nahm sie überrascht, ja beinahe dankbar auf. Er wusste nicht, was er antworten sollte, und versetzte dem jungen Elfen einen liebevollen Klaps auf die Schulter, während der Kammerherr bereits erneut auf den Boden klopfte.
»Bran, Sohn des lubdan, Neffe Troïns, Herr unter dem Schwarzen Berg! Bran, Thronerbe des Geschlechts von Dwalin, Prinz der eingestürzten Hügel und Berge! Langes Leben, langer Bart, gewaltige Reichtümer!«
Uther verkniff sich ein spöttisches Lächeln, so wenig schien die Pathetik der traditionellen protokollarischen Formeln der großen Zwergenhäuser mit der Erscheinung ihres Regenten im Einklang zu stehen.
Bran war nicht zum König geboren. Er war lediglich der jüngere Sohn von Prinz lubdan, welcher seinerseits der jüngere Bruder des alten Königs Troin war, und wenn auch ganz ohne Zweifel das königliche Blut der Linie Dwalins in den Adern des Zwerges floss, hätte doch das Besteigen des Throns unter dem Schwarzen Berg im Grunde nicht einmal Gegenstand seiner Träume sein dürfen. Seine Situation behagte ihm im Übrigen vollkommen, denn das Leben eines Prinzen unter dem Berg war in jeder Hinsicht äußerst annehmlich: Seine ganze unbeschwerte Jugend über hatte Bran den Großteil seiner Zeit damit
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