Die Elfen
nicht, was man Magie nennen will.«
»Nur weil ein Pferd Hufeisen trägt, ist es noch lange kein Schmied!«
»Was haben Pferde damit zu tun?«, polterte Mandred los.
»Ich erkläre es gern für Menschen . Alfadas ist ein vortrefflicher Krieger, das steht außer Frage. Ollowain hat ihn zu einem Meister im Schwertkampf gemacht. Aber wie gut ist er mit der Axt, Mandred?«
Der Jarl begriff. »Allenfalls mittelmäßig«, antwortete er zerknirscht.
»Und so ist es auch mit Nuramon. Ich stehe tief in seiner Schuld, weil er mich geheilt hat, nicht nur in der Eishöhle, sondern auch nachdem wir Aniscans verlassen haben. Ich will seine Fähigkeiten keinesfalls in Abrede stellen, aber ein Tor zu öffnen ist einfach etwas anderes! Die Grenze zwischen zwei Welten zu durchdringen . das ist große Magie.«
»Ich habe gesehen, wie Nuramon an der Grenze zwischen Leben und Tod um dich kämpfte und dich ins Leben geholt hat. Welche Grenze könnte unüberwindlicher sein als diese?«
Die beiden Elfen sahen einander verblüfft an. Es war offensichtlich, dass sie die Dinge noch nie von dieser Warte aus betrachtet hatten.
Nuramon wirkte ein wenig verlegen. Schließlich ergriff er das Wort. »Was haben dir deine Eltern als Kind über die Albenpfade erzählt?«, fragte er Farodin.
Der Elf zögerte, ehe er antwortete. »Sie erzählten mir, dass sie unsere Welt durchziehen und sie mit anderen Welten verbinden.«
»So wie die Albensterne!«, warf Mandred ein und sorgte erneut für erstaunte Elfenmienen.
»Woher weißt du das?«, fragte Farodin.
»Vanna erzählte mir auf dem Weg zur Höhle des Luth davon. Das habe ich nicht vergessen. Aber was genau hat es mit den Pfaden auf sich?«
»Es heißt, die Alben wären entlang dieser Pfade gereist. An den Toren, die wir auch die großen Albensterne nennen, kreuzen sich sieben dieser Wege.«
»Und nun denke darüber nach, was Mandred in seiner genialen Einfachheit gesagt hat«, drängte Nuramon seinen Gefährten.
Mandred wusste nicht, ob er die Worte Nuramons als Lob oder als Beleidigung auffassen sollte.
Farodin blickte ihn an. »Wenn die großen Albensterne die Tore sind, was sind dann die Wände? Das ist die Frage.«
Mandred wusste nicht, worauf die Elfen hinauswollten. Er hatte das Gefühl, dass Farodin eine Antwort von ihm erwartete. Auch Nuramon sah ihn fragend an. »Die Albenpfade, die zum Tor führen?«
»Nicht ganz«, meinte Farodin.
Nuramon gab die Antwort. »Die kleineren Albensterne sind es. Jene, die kein sicheres Tor hervorbringen. Man kann dort magische Tore erschaffen und in die Andere Welt übertreten.«
Farodin wirkte sichtlich beunruhigt. »Du hast mich gefragt, was meine Eltern mir über die Albenpfade erzählt haben. Nun will ich dir auch sagen, was sie mir über die Albensterne berichteten. Sie sagten, wer mit Gewalt oder Unwissenheit den Übertritt wage, der könne ein Opfer von Zeit und Raum werden und auf immer verloren gehen. Noroelle ist eine große Zauberin. Sie wusste, was sie tat. Wir aber sind im Vergleich zu ihr Kinder. Du magst ein außergewöhnlich begabter Heiler sein, aber diese Spielart der Magie ist dir so fremd wie mir.«
»Du willst also aufgeben«, hielt Nuramon dagegen.
»Nein. Das könnte ich nicht. Diese Suche ist mein Leben, mehr als ihr ahnt. Schaut!« Farodin holte ein kleines Silberfläschchen und ein Tuch hervor. Das Tuch breitete er auf dem Tisch aus, dann öffnete er vorsichtig das Fläschchen und schüttete den Inhalt auf das Tuch. »Hier könnt ihr sehen, wie groß unsere Hoffnung ist.«
In dem Seidentuch lag ein winziges Häufchen Sand.
»Ist das etwa…«, begann Nuramon, sprach aber nicht weiter.
Farodin nickte. »Nachdem wir von Noroelles Schicksal erfuhren, habe ich mich in die Gewandkammer der Königin geschlichen und dort drei Sandkörner gefunden. Es heißt, wenn man jedes Sandkorn wiederfindet, dann könne der Zauber des Stundenglases gebrochen werden. Auf der Suche nach Guillaume habe ich dreiundfünfzig weitere Sandkörner finden können.«
»Deshalb hast du dich so oft abgesondert«, sagte Nuramon vorwurfsvoll.
»Ja. Und jetzt habe ich sechsundfünfzig Körner gesammelt. Wahrscheinlich gibt es in Albenmark keine mehr. Die übrigen sind gewiss in der Anderen Welt. Sie wurden von einem Windstoß in alle Himmelsrichtungen davongetragen. Ich glaube, es war Teil des Zaubers, die Sandkörner so weit wie möglich zu verteilen.«
Mandred konnte nicht fassen, wovon der Elf sprach. Er hatte Sandkörner gesammelt? Wie
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