Die Elfen
zu. Mandred drehte sich um und sah Balbar, den Gott der Stadt. Er war riesig, vier Schritt hoch oder mehr. Der eckig geschnittene Bart, das Gesicht eine Grimasse des Zorns - es konnte keinen Zweifel geben, das war wirklich der Gott der Stadt! Und er war ganz aus Stein.
Mandred hob die Axt. Nichts stimmte mehr rings um ihn. Nun stand er in einem hohen Tunnel, der schwach von Barinsteinen erleuchtet wurde.
Balbars Rechte schnellte vor. Mandred wurde emporgerissen. Hilflos wie ein Kind strampelte er mit Armen und Beinen. Balbars Linke schloss sich um seinen Nacken, mit der Rechten hielt er Mandreds Füße umfasst. Der Stadtgott bog ihn wie eine Weidenrute. Der Jarl schrie! Er hatte das Gefühl, seine Muskeln würden von den Knochen reißen. Mit aller Kraft stemmte er sich gegen den steinernen Griff. Balbar wollte ihm die Wirbelsäule brechen. Ihn einfach durchbrechen, wie einen Ast. Mühelos überwand der steinerne Koloss seinen Widerstand.
»Liuvar!«
Der Gott verharrte mitten in der Bewegung.
Farodin rief noch etwas, das Mandred nicht verstand. Daraufhin setzte der steinerne Gott ihn auf den Boden. Stöhnend kroch er zur nächsten Wand. Rings herum lagen zersplitterte Knochen. Die anderen Eindringlinge hatten weniger Glück gehabt als er.
»Ein Gallabaal. Kaum ein Albenkind hat eine solche Kreatur je zu Gesicht bekommen. Ein steinerner Wächter. Es bedarf großer Magie, um eine solche Kreatur zu erschaffen.«
Mandred rieb sich den schmerzenden Rücken. Er wäre froh, wenn er dieses Ungetüm nie zu Gesicht bekommen hätte. »Bei den Brüsten Naidas, wie hast du ihn nur aufgehalten?«
»Das war keine Kunst. Es genügt, das elfische Wort für Frieden zu sagen. Geht es dir gut?«
So eine dämliche Frage, dachte Mandred. Mit einem tiefen Seufzer stemmte er sich hoch. Er fühlte sich, als wäre eine ganze Pferdeherde über ihn hinweggetrampelt. »Mir geht es blendend.« Skeptisch musterte er den steinernen Riesen. »Und der gibt jetzt Ruhe?«
»Er wird erst wieder erwachen, wenn jemand Fremdes eintritt.«
Mandred spuckte der Statue auf die Füße. »Du dämliches Stück Fels. Du kannst von Glück sagen, dass du mich überrascht hast.« Der Jarl ließ die flache Seite seiner Axt in die offene Hand klatschen. »Zu Pflastersteinen hätte ich dich verarbeitet.«
Mit einem Ruck erwachte der Riese wieder zum Leben.
»Liuvar!«, rief Farodin erneut. »Liuvar.«
Nuramon war eingetreten. »Welch meisterlicher Zauber. Eine vollkommene Illusion! Man muss die Rückwand des Grabes berühren, um es zu merken, so echt sieht sie aus. Es ist ein Zauber, wie ihn die Elfen von Valemas gewirkt haben, um den Übergang ins Nichts zu verschleiern. Man hat wirklich…« Nuramon verharrte und maß den steinernen Riesen mit abschätzenden Blicken. »Ein Gallabaal. Ich habe die steinernen Wächter immer für Märchenfiguren gehalten.« Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, wies er den Gang hinab. »Dort unten muss es einen großen Albenstern geben. Ich fühle seine Macht.«
Ihr Weg führte sie durch einen hohen Tunnel, an dessen Ende mattes Licht glühte. Es war nicht zu übersehen, dass diese Räume nicht von Menschen gebaut waren. Fugenlos fügte sich das Mauerwerk der Wände ineinander. Der einzige Schmuck der Wände war ein Blumenmuster, dessen Farben so hell leuchteten, als hätten die Künstler gerade erst ihre Arbeit vollendet.
Schließlich traten sie in einen weiten, kreisrunden Kuppelsaal. Matt glühende Barinsteine waren in die Wände gefügt und tauchten den Raum in ein gleichmäßiges Licht, das keine Schatten duldete. In den Boden war ein Mosaik eingelassen, das auf weißem Grund einen schwarzen Kreis mit zwei goldenen Schlangenlinien in seiner Mitte zeigte. Mandred lächelte still in sich hinein. Er verzichtete darauf, seinen Triumph hinauszuschreien. Es hatte Zeichen gegeben, die den Weg hierher wiesen! Er hatte sich nicht geirrt. Und er wusste, dass auch die beiden Elfen in diesem Augenblick begriffen, dass er das Wesen des Labyrinths besser verstanden hatte als sie.
»Sechs Pfade kreuzen sich hier«, sagte Nuramon sachlich. »Es ist fast ein großer Albenstern. Ich bin mir sicher, dieser Weg führt in die Bibliothek.« Der Elf trat in die Mitte des Kreises zwischen die Schlangenlinien. Er kniete nieder und berührte mit der flachen Hand den Boden. Konzentriert schloss er die Augen und verharrte.
Mandred kam es vor, als verginge eine Ewigkeit, ehe der Elf wieder aufblickte. Blanker Schweiß stand ihm auf der
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