Die Elfen
mürrisch, und er musterte Mandred mit kalten, blauen Augen. »Dich haben die Elfen also geschickt, um uns den Ahnherrn vorzuspielen.«
Der Jarl schwang sich aus dem Sattel und unterdrückte den Drang, dem Wachposten die Faust in den Rachen zu schieben. »Wo finde ich den König? Ich bringe ihm seine Rüstung.«
»Deine Freunde haben dich schlecht unterrichtet. Der König liegt tot auf dem Habichtpass. Er hat sich dort mit hundert Mann gegen das Heer der Ordenspriester gestemmt, um unseren Frauen und Kindern ein paar Stunden mehr für die Flucht einzuhandeln.«
Mandreds Zorn auf den Krieger war verraucht. »Wer führt an seiner Stelle das Kommando?«
»Königin Gishild.«
»Darf ich sie sehen? Königin Emerelle schickt mich. Ich . Ich komme gerade erst von Firnstayn. Ich habe alles gesehen.«
Der Wächter strich sich über den Schnauzbart und runzelte die Stirn. »Seit Tagen kommt niemand mehr durch die Linien der Ordensritter. Wie hast du das geschafft?«
»Einer meiner Gefährten öffnete einen Albenpfad.«
Eine steile Falte zerfurchte die Stirn des Kriegers. Er blickte zu dem weißen Wagen. »Wozu bringst du diese Kutsche mit?«
»König Liodred liegt darauf aufgebahrt. Er starb an meiner Seite.«
Der Wächter riss erschrocken die Augen auf. Dann ging er in die Knie. »Verzeih, Ahnherr! Ich … Niemand hat mehr daran geglaubt, dass sich die alte Prophezeiung noch erfüllen würde. Wir haben so viele .«
Mandred packte den Krieger bei den Armen und zog ihn wieder hoch. »Ich mag es nicht, wenn Männer vor mir knien. Du hattest Recht mit deinem Misstrauen. Und ich bin stolz, dass es im Fjordland noch immer Männer wie dich gibt. Wie heißt du?«
»Ich bin Beorn Torbaldson, Ahnherr.«
»Ich würde mich freuen, dich morgen in der Schlacht an meiner Seite zu wissen, Beorn.« Mandred bemerkte, wie der Krieger die Lippen zusammenpresste, wie um einen plötzlichen Schmerz zu unterdrücken. »Der König hat dich auf dem Habichtpass fortgeschickt, nicht wahr?«
Ein Muskel in der Wange des Wächters zuckte leicht. »Ja«, stieß er gepresst hervor.
»Ich weiß nicht, was mein Nachfahr für ein Mann war, Beorn. Ich kann dir nur sagen, was ich an seiner Stelle getan hätte. Ich hätte meinen tapfersten und treuesten Krieger ausgesucht, um mein Weib in Sicherheit zu bringen. Und wenn ich jemals erleben sollte, dass dich jemand einen Feigling nennt, weil du nicht als Rabenfraß an der Seite deines Königs auf dem Habichtpass liegst, dann werde ich ihn so lange weich prügeln, bis er die Wahrheit erkennt. Reite morgen an meiner Linken. Du musst wissen, ich hasse es, einen Schild zu tragen. Sei du mein Schild!«
Die Augen des Kriegers strahlten. »Kein Schild könnte dich so schützen, wie ich es tun werde.«
»Ich weiß.« Mandred lächelte. »Darf ich nun zur Königin?«
Beorn verschwand kurz in dem Zelt, dann erklang eine helle Frauenstimme. »Tritt ein, Mandred Torgridson, Ahnherr meiner Sippe.«
Die Zeltwände dämpften den Sonnenschein zu grünem Zwielicht. Das Zelt war karg eingerichtet. Es gab eine schmale Bettstatt, einen kleinen Tisch, zwei eisenbeschlagene Kleidertruhen und als einzigen Luxus einen schön geschnitzten Lehnstuhl mit einem hohen Fußschemel. Gisheld war eine junge Frau. Mandred schätzte sie auf höchstens Mitte zwanzig. Ihr Gesicht war fein geschnitten, doch ungewöhnlich blass. Rotblondes Haar fiel ihr offen auf die Schultern. Sie trug ein eng verschnürtes dunkelgrünes Wams und darunter ein weißes Hemd. Gishild saß auf dem Lehnstuhl, die Füße auf dem Schemel. Um ihre Beine hatte sie eine dünne Decke gewickelt. Auf dem Tisch an ihrer Seite lag griffbereit ein schlanker Dolch.
Die Königin machte keine Anstalten, sich zu erheben, als Mandred eintrat. Sie entließ Beorn mit einer flüchtigen Geste. »Nun kommst du also doch noch, Ahnherr«, sagte sie bitter. »Wir haben so sehr auf dich gehofft, als sie die erste Bresche in die Mauern Firnstayns schlugen. Oder in jener Nacht, als mein Mann im Schneesturm einen Ausfall gegen das Lager der Ordensritter führte, damit die Überlebenden der Stadt in die Berge fliehen können. Selbst auf dem Habichtpass habe ich noch zu Luth gebetet, dass du endlich kommen mögest. Nun ist es zu spät, Ahnherr. Es gibt kein Land mehr, für das dein Volk kämpfen könnte. Wir sind Flüchtlinge, Bettler in der Fremde, angewiesen auf die Almosen Emerelles. Und wie es scheint, vermögen nicht einmal die Elfen die Macht der Priester noch zu brechen. Die
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