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Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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geäußerte Frage hörte.
    »Unter welchen Umständen hast du einst dein Gelübde abgelegt, Ivo?«
    »In Sankt Gallen. Auf die übliche Art.«
    »Das weiß ich. Ich fragte nach den Umständen!«
    Der Benediktiner schwieg.
    »Ivo, du bist der einzige Sohn des Gauwin vom Spiegel. Ich habe deinen Vater gekannt, und ich habe auch dich schon gekannt, als du in Paris deinen Studien nachgingst. Einen Wunsch nach dem klösterlichen Leben habe ich damals nie in dir gespürt. Mich hingegen drängte es zu dieser Lebensweise. Du aber bist noch heute so, wie du damals warst. Unter welchen Umständen hast du dein Gelübde abgelegt? Antworte mir wahrhaftig, Ivo!«
    »Freiwillig.«
    »Wahrhaftig, Ivo!«
    Die Stimme des Abtes klang plötzlich sehr ernst. Er sah seinem Jugendfreund eindringlich in die Augen.
    »Meine Mutter bat mich darum!«
    »Nie und nimmer, Ivo!«
    »Doch.«
    Nachdenklich betrachtete der Abt den verstockten Pater und sinnierte dann: »Deine Mutter Isabelle war eine Tochter von Eberhart von Arenberg. Der wiederum war der Bruder Engelberts III. von der Mark. Zu jener Zeit Erzbischof von Köln. Was bezweckte deine Mutter damit, dich zu bitten, in einen Orden einzutreten? Wenn sie eine geistliche Karriere für dich wünschte, dann hat sie es vollkommen falsch angefangen. Und das glaube ich nicht. Sie war nämlich keine dumme Frau!«
    Theodoricus war aufgestanden und lief, die Hände im Kreuz verschränkt, vor dem Kamin auf und ab. Schließlich fuhr er in seinen Überlegungen fort.
    »Deine Überzeugungen sind mir bekannt, Ivo. Auch wenn du dich immer korrekt verhältst.« Abrupt blieb er vor Pater Ivo stehen.
    »Du hast dir Feinde gemacht.«
    Die Lider über den kühlen grauen Augen senkten sich.
    »Einflussreiche Feinde. Den Erzbischof?«
    »Nein.«
    »Ivo, ich frage dich noch einmal. Unter welchen Umständen hast du dein Gelübde abgelegt?«
    »Was willst du hören, Theo?«
    »Die Worte: ›Unter Zwang und Todesdrohung‹!«
    »Warum?«
    »Weil, Ivo, ich einen Hang zur Nächstenliebe habe.«
    »Großer Gott!«
    Pater Ivo war blass geworden.

5. Kapitel
    A lmut und Bela trugen jede einen schweren Korb am Arm, als sie sich aufmachten, um die bestellte Wäsche abzuliefern. Ihr Ziel war der Gasthof »Zum Adler«, an der Straße zum Stadttor. Als sie näher kamen, begrüßte sie das helle Kling-Klang des arbeitenden Hufschmieds, und aus der Esse quoll weißer Rauch. Die Tür zur Schenke stand weit offen, und aus dem Inneren schallte ein fröhliches Lied. Almut freute sich, die Wirtin der Schenke so heiter vorzufinden, denn sie wusste, sie hatte schwere Zeiten hinter sich.
    Die Gaststube war ordentlich aufgeheizt, doch anstatt des lecker duftenden Eintopfs, dessentwegen das Wirtshaus seit kurzer Zeit ein gutes Ansehen genoss, brodelte in dem Kessel über dem Feuer eine Putzlauge.
    »Franziska!«
    Die zierliche Gestalt fuhr herum und unterbrach augenblicklich den Gesang. Sie wischte sich mit einem Ärmel die Spinnweben aus dem Gesicht, strahlte und lehnte den Reisigbesen an die Wand, mit dem sie die Deckenbalken abgekehrt hatte. Sie begrüßte erst Bela, dann wandte sie sich ihrer Freundin zu, nahm sie bei den Armen und drehte sie überschwänglich im Kreis herum.
    »Almut! Die heilige Sankt Martha lieh ihr Ohr meiner bescheidenen Bitte. Ich hatte so gehofft, Ihr würdet mir die Wäsche bringen.«
    »Feine Betttücher, bestickte Zierdeckchen und all die hübschen Kleinigkeiten, die Ihr für Eure Wohnung wünschtet. Und zwei - hm - sehr dünne Seidenhemdchen. Genau so, wie Ihr es bestellt habt, Franziska. Aber die dürften für Eure heutige Tätigkeit nicht die rechte Aufmachung sein. Hat in dem Schankraum wieder ein Gelage stattgefunden, dass Ihr statt Suppe Lauge kocht?«
    »Nun ja, ein Gelage ist schon die rechte Vermutung. Aber genau genommen hat es noch nicht stattgefunden.«
    »Ah, es wird also erst eines erwartet. Doch hoffentlich nicht wieder für die wilden Freunde Eures Schmieds?«
    »Ach nein, ich hoffe doch, die Gäste, die wir am Sonntag erwarten, werden sich gesitteter benehmen und nicht wieder Tische und Bänke zertrümmern. Aber gewiss sein kann man natürlich nie!«
    »Ihr könntet Vorsorge treffen und nicht wieder Bilsenbier brauen, sondern eine harmlosere Würze verwenden.«
    »Ist schon geschehen. Eure Trine hat mir das Rezept für ihr schäumendes Hopfenbier verraten. Es besänftigt die Gemüter und heizt sie nicht auf.« Franziskas Gesicht rötete sich, geschäftig verschwand sie hinter dem Tresen und

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