Die Eltern-Trickkiste
ungebeten eingepflanzt.
Natürlich ist es zur Orientierung des Kindes wichtig, dass Eltern ihre Einschätzungen von Dingen und Gepflogenheiten äußern. Eltern sind der Gradmesser, der Pol, an dem ihr Kind sich ausrichtet. Aber gerade deshalb ist es sinnvoll, Negativstempel dort zu vermeiden, wo das Kind womöglich ganz andere – und vielleicht sogar sehr schöne – Erfahrungen machen kann.
Wo Kinderohren im Raum sind, ist es klug, unnötige Negativ-Geschichten für sich zu behalten. Es ist schön, den kleinen Seelen diese Last zu ersparen und zu denken: »Meine Ängste brauchst du nicht.« Wird irgendwann mal nachgehakt, warum Mama oder Papa nicht in den Klettergarten mit will und sich partout auf kein Pferd setzt, kann die ehrlich-schlichte Antwort lauten: »Weil ich Höhenangst habe und mich vor Pferden fürchte. Aber das sind meine Ängste. Und ich finde es ganz toll, dass du dich das traust und so prima machst.«
Ich schwimme nicht gern und habe den Kopf ungern unter Wasser. Da ich das oft bedauert habe, ging ich mit meiner erst sechs Monate alten Tochter bereits zum Babyschwimmen. Die Säuglingstauchexperimente gruselten mich oft, doch ich ließ alles ohne Einwände und Lamentieren zu – und wurde belohnt: Meine Tochter ist eine richtige Wasserratte.
ÄNGSTE ERNST NEHMEN
»Da draußen ist ein Fuchs«
VIELE ELTERN NÄHMEN ÄNGSTE ihres Kindes gerne auf sich, um es davor zu schützen. Doch wenn sie es in seiner Entwicklung fördern wollen, müssen sie ihm ermöglichen, sich seinen Ängsten zu stellen.
Hat ein Kind Angst, kommt die Ursache uns Erwachsenen öfters merkwürdig vor, speziell im Kindergartenalter.»Da draußen ist ein Fuchs«, begründete meine vierjährige Tochter monatelang, warum sie sich abends, wenn’s dunkel wurde, nicht allein zur Toilette traute. Andere Eltern berichten von Geistern, die in Kinderzimmerecken gesehen werden, oder Monstern, die im Haus Furcht verbreiten. Wie reagieren?
Wichtig ist, die Angst des Kindes ernst zu nehmen, denn in dieser Entwicklungsphase, die bis ins Grundschulalter anhalten kann, ist die Vorstellungskraft der Kinder so groß, dass sie zwischen Fantasie und Wirklichkeit nicht unterscheiden. Die Angstfiguren sind im »magischen Alter« ganz real. So gegenwärtig wie Mama und Papa. Wer diese Monster-Ängste ernst nimmt, nimmt das Kind ernst. Gleichzeitig lässt sich dessen Furcht mit etwas Geschick lindern: »Du hast einen Fuchs gesehen? Merkwürdig. Füchse gibt es hier gar nicht. Komm, wir schauen noch mal raus.« Oder: »Es sind Monster unterm Bett? Seltsam, ich habe sie noch nie bemerkt. Vielleicht hast du einen Schatten dafür gehalten. Komm, wir gucken mal zusammen nach.«
Genauso wichtig wie das Ernstnehmen der Angst ist es, die Kinder nicht von der ängstigenden Situation zu verschonen (siehe >) . Es wäre falsch, das Kind künftig grundsätzlich zur Toilette zu begleiten oder aus dem Kinderzimmer auszuquartieren. Kinder müssen lernen, durch ihre Angst hindurchzugehen, um sie zu bezwingen. Das Erfolgsgefühl stärkt fürs Leben und für andere Angstmomente. Andernfalls droht womöglich folgende Situation:
Bei Christoph kam nach der üblichen Angstphase zur Kindergartenzeit eine weitere in der Schule. Sie fing damit an, dass er nicht mehr Aufzug fahren wollte. Okay, sagten seine Eltern, dann benutzen wir die Treppe. Als neue Ängste auftauchten, umschifften die Eltern auch diese. Schließlich wusch sich der Junge andauernd, fürchtete überall Schmutz und konnte nicht mehr zur Schule gehen. Ängste lauerten überall. Erst ein Klinikaufenthalt half Christoph. Die Diagnose der Ärzte: Seine es gut meinenden, Angst abfedernden Eltern hätten zu 50 Prozent Anteil an der fatalen Entwicklung gehabt. Sie hätten ängstigende Situationen nicht vermeiden, sondern den Sohn durch Ängste hindurchführen sollen. Inzwischen ist Christoph ein fröhlicher junger Mann.
Um Ängste zu bezwingen, können Sie Ihrem Kind Tipps und Hilfen geben. »Fuchs hin oder her«, sagte ich zu meiner Tochter, »du flitzt jetzt zum Klo, und ich zähle, wie viele Sekunden du brauchst, bis du wieder bei mir bist. Achtung, fertig, los! Eins, zwei…« Das hat bei uns immer geklappt. Denn die laute Stimme begleitet das Kind, es fühlt sich nicht allein. Zudem kitzelt dieses »Stoppuhr-Zählen« den Ehrgeiz. Auch die eigene Stimme hilft dem Sprössling, wenn er selber lauthals singt (siehe Universalrezept >) . Handelt es sich um eine Furcht in außergewöhnlicher
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