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Die Endlichkeit des Lichts

Die Endlichkeit des Lichts

Titel: Die Endlichkeit des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Riedel
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lateinische Bezeichnung für deinen hübschen
Fisch. Ukelei. Und da glaubst du, daß wir uns nicht fremd sind.«
    Das ganze Wasser überall, immer nur
Wasser, in Nasen und Ohren und Mündern, als würde man ertrinken. Doris, der Kettenhund
an der Dusche, war ihm peinlich. Wie sie sich unter dem Hahn wand, sie tat ihm
leid, das Mitleid, das ein Bote des Endes war, keine Aufforderung, ihr zu
helfen. Etwas tropfte auf ihr Knie, um Himmels willen, wenn sie jetzt weinte,
aber sie beugte sich schnell hinunter und tat so, als würde sie einen Fussel
entfernen, dabei fielen ihre Brüste fast aus dem Babydoll. Alakar starrte sie
an, weil er nicht anders konnte, er liebte diese Brüste, zwei Rosen auf einem
Gemälde.
    Heftig lehnte Doris sich zurück und
legte beide Hände über ihre Brust.
    »Sieh nicht dahin«, sagte sie gedämpft,
»dazu hast du nun wirklich kein Recht.«
    »Ich will auch gar nicht«, sagte
Alakar, »aber manchmal kann ich nicht anders. Ich werde mich jetzt ein für
allemal entschuldigen, daß ich so bin. Auch dafür, daß du dir vielleicht
falsche Hoffnungen...«
    Weiter kam er nicht, weil Doris laut zu
weinen begann, nicht viel anders als Vera Albert. Ihr Gesicht schwoll in
Sekunden an und drohte aufzuplatzen, der rote Planet, der Mars. Das gehört sich
nicht, sagte sein Vater, so was tut man einfach niemandem an. Wenn du sie
geschwängert hast... Aber ich habe sie nicht geschwängert, rief Alakar. Na,
dann weiß ich nicht, warum sie weint, sagte Alwin. Alakar faßte sich an die
Kehle, während Doris Knöchel in ihrer ganzen Länge bäuchlings auf dem Teppich
lag und schluchzte. Die Lage ist komplett verfahren, sagte Antonio, und du
siehst besser zu, daß du wegkommst.
    »Doris, ich kann dich nicht trösten«,
versuchte er es noch mal, »ich möchte ja, aber ich wäre der Falsche. Dann
denkst du bloß, es wird schon wieder. Was bleibt mir also übrig? Ich will mich
anständig benehmen, aber diesmal muß ich ein Schwein sein.«
    Inzwischen hatte sie sich auf den
Rücken gedreht, und ihre Schluchzer zogen ungehindert durch den Raum.
    »Ich glaube«, sagte Alakar hilflos, »du
willst mich gar nicht. Vielleicht willst du mich wegtreiben, damit du endlich
deine Ruhe hast?«
    »Ich bin auch nur ein Mensch«, sagte
sie unvermittelt und drehte sich um, bis sie auf allen vieren im Langflor
hockte, »und ich bin durcheinander.«
    »Das sieht man«, sagte Alakar.
    »Manchmal fühle ich mich so häßlich,
aber ich dachte bisher, es wäre eine fixe Idee. Bloß, seit du mich auf die Art
verlassen hast, ohne Erklärung, denke ich, es liegt daran, daß ich so häßlich bin.«
    »Doris«, sagte Alakar, »wir fühlen uns
alle häßlich. Deshalb benehmen wir uns doch so. Aber darum habe ich dich nicht
verlassen. Du bist nicht häßlich. Du bist sehr wunderschön. Ich habe dich
verlassen, weil du mich nicht verstanden hast. Aber das konntest du natürlich
nicht. Nicht deine Schuld. Meine. Herrgott, nun nimm Vernunft an. Mach es nicht
kompliziert. Es paßte einfach nicht.«
    »Das rechne ich dir hoch an«, sagte
Doris Knöchel und rutschte unter dem Chagall entlang auf den Fernseher zu, »daß
du einmal mit mir redest. Du hast ja sonst nie mit mir geredet, du hast mich
nicht mal wahrgenommen. Jede Kröte in deinem Tümpel hast du ernster genommen
als mich. Aber hier«, sagte sie und zeigte auf den Videoeingang des Fernsehers,
»bist du für immer drin. Mein Antonio-Tresor. Ich habe Brainonia aufgenommen, beide Male. Da bist du und da bleibst du, und manchmal guck ich
dich an. Und heute nacht, wenn ich vergessen habe, wie nett du ausnahmsweise
warst, dann lasse ich dich rückwärts laufen. Ohne daß du dich dagegen wehren
kannst.«
    »Bitte, Doris«, sagte Alakar, als sie
lächelte, ein breites Lächeln unter der Hochzeit auf dem Lande. Über das
Schreiben habe ich geschrieben, dachte er, und so konnte ich dich nicht hören.
Ich befürchtete, deine Erfindung gewesen zu sein, eine gelogene Wahrheit in
deinem Mund. Es war wie ein Spuk, zum Fürchten, er hörte sie wirklich nicht,
dabei bewegten sich Doris’ Lippen doch auf und ab. Ein Gleichnis, er lebte in
der Bibel, und weil er Doris Knöchel nicht gehört hatte, strafte ihn Gott,
indem er ihm das Gehör nahm. So konnte ich dich nicht hören, so habe ich dich vergessen,
während eine endlose Kette von Worten mich mit der Wirklichkeit verschweißt
hielt.
    Warum hört das nicht auf, warum ertrage
ich mich nur noch in Gedichten?
    »Ich bin auch eigentlich nur gekommen«,
sagte

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