Die Endzeit Chroniken - Exodus (German Edition)
so schürten sie dennoch Hoffnung in den beiden Flüchtlingen.
»Wie habt ihr das geschafft?«, wollte Cassidy neugierig wissen.
»Sie haben von den Gangs gelernt«, brummte Angel und stocherte mit einem knorrigen Ast in der Glut. »Die meisten davon sind nur ein wahlloser Haufen von Chaoten, die gerne den starken Mann spielen. Gegen wehrlose Dörfer gehen sie so brutal vor, dass allein ihr Ruf die Menschen vor Angst erzittern lässt. Stellt man sich ihnen jedoch entgegen, ziehen sie den Schwanz ein. In Silver Valley gab es jemanden, einen ehemaligen General aus der Armee vor dem Zusammenbruch, der wusste, wie man eine Verteidigung aufbaut.«
»Mein Vater«, seufzte Kim und starrte ausdruckslos in das Lagerfeuer. »Er ist vor einiger Zeit bei einem Gangangriff getötet worden. Doch sein Werk lebt weiter, unsere Siedlung steht noch immer und wir haben anderen Enklaven geholfen, sich ebenfalls zu wehren! Die Wastelands an sich sind so gefährlich, wie du sie erlebt hast, aber es entstehen Jahr für Jahr neue Außenposten der Zivilisation!«
»Morgen sind wir da und ihr werdet sehen, was wir meinen«, flüsterte Angel und strich ihrem Schützling sanft durch ihr strähniges Haar. Mittlerweile waren sowohl Fleisch als auch Kartoffeln gar. Kim zauberte zusätzlich einen Laib Brot hervor und reichte jedem ein großes Stück. Victor holte eine Sammlung aus Metall- und Plastiktellern aus dem Wagen und Angel begann, das Essen gleichmäßig zu verteilen. Gabeln oder Löffel gab es nicht, aber das schien, außer Angel, niemanden zu stören. Die Lateinamerikanerin hingegen kramte ihr ganz privates Besteck aus dem Rucksack und vermied es peinlichst, ihr Abendessen zu berühren. Wolfsfleisch aß man in Cassidys Dorf häufig, doch dank der reichlichen Zugabe von Salz schmeckte es diesmal viel leckerer. So eine Kostbarkeit hatte es für sie zuvor nur selten gegeben!
***
Es war bereits dunkel, als die ungleich proportionierten Schatten von Kim und Johnny im Licht des Lagerfeuers an der Kirchenmauer flackerten. Die beiden hatten Stan beim Kartenspielen um sein letztes Hemd gebracht, beziehungsweise ihm schon vor seiner Ankunft in Silver Valley den ersten Arbeitsauftrag zugeschoben. Um seine Spielschulden zu begleichen, sollte er ihr Quartier säubern. Zynisch warnte ihn die rothaarige Rangerin, dass er sich besser Handschuhe besorgen solle, ehe er unter das Bett ihres beleibten Freundes kriechen würde.
Angel zog sich eine schwarze Lederjacke über und reichte Cassidy zwei Felle. Die stanken zwar erbärmlich, hielten aber in der Steppenkälte warm. Victor besorgte neues Brennholz und warf einige alte Bretter in das Feuer, bevor er wieder neben Butch Platz nahm, dem langsam die Augen zufielen. Die anderen hatten tagsüber schlafen können, doch er war hundemüde.
»Ab ins Bett!«, rief ihm seine Chefin lächelnd zu. Der breitschultrige Mechaniker schreckte hoch und murmelte eine Bestätigung, wonach Victor erneut zum Pick-up lief und zusätzlich zu weiteren Decken einen großen Armeeschlafsack zur Lagerstätte schaffte.
»Der Sack ist für Butch, der muss morgen wieder fahren!«
»Cassidy und ich übernehmen die erste Wache«, entschied Angel, woraufhin ihr das zierliche Mädchen einen schockierten Blick zuwarf – doch sie ignorierte ihre Bedenken und schnappte sich stattdessen Johnnys modifiziertes Sturmgewehr.
»Ich leih mir das hier mal aus, ja?«
Der Dicke brummte lediglich und lag bereits eingerollt in ein paar Decken vor dem Lagerfeuer. Kim lehnte mit geschlossenen Augen an der Kirchenmauer und genoss die strahlende Wärme, nachdem sie Angel zwei Ersatzmagazine für Cassidys schallgedämpfte Pistole gegeben hatte. Stan überprüfte ungläubig die Spielkarten, konnte aber zu seiner Verwunderung keinen Betrug feststellen, während Victor sich neben Butch zur Ruhe legte.
»Hey, rutsch rüber! Ich will auch was vom Feuer haben!«, grummelte der gestresste Fahrer mürrisch und zerrte seinen schmächtigen Kameraden an dessen ausgeblichener Jeansjacke beiseite. Schmunzelnd deutete Angel ihrem Schützling, ihr zu folgen. Sie führte sie zum Pick-up und kramte auf der Ladefläche herum, bis sie ein paar lange Kunststoffstäbe fand. Einen gab sie Cassidy, den anderen steckte sie in die Innentasche ihrer Lederjacke.
»Das sind Knicklichter. So was schon mal gesehen?«
Cassidy schüttelte neugierig den Kopf.
»Da sind zwei Flüssigkeiten drin, eine davon befindet sich in einem kleinen Glasröhrchen im Inneren. Wenn du
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