Die Endzeit Chroniken - Nemesis (German Edition)
in den Raum posaunt, aber seit Cassidy in ihr Leben getreten war, entdeckte sie neue Facetten in ihrer Persönlichkeit.
Stattdessen sagte sie: »Ich hätte nicht gedacht, dass du so viele Bücher besitzt.«
»Warum? Weil ich unter Nomaden aufgewachsen bin?«, erwiderte Jade mit einem Hauch von Kränkung.
»Unsinn. Wenn es danach ginge, wäre ich auch noch Analphabetin«, antwortete Angel und schlug ihre Bedenken in den Wind. »Aber woher nimmst du die Zeit dafür? Ich bin ja kaum zum Lesen gekommen, obwohl ich nur ein Team zu befehligen hatte.«
»Wir Bacchae sind nicht auf uns allein gestellt«, erklärte Jade. »Die Beschattung von euch zum Beispiel haben die Nocturnals ausgeführt, genau wie den Hinterhalt an der Schlucht zu planen. Ich musste lediglich Shawn Summers um den Finger wickeln.«
»Was hast du ihm eigentlich in Wirklichkeit erzählt?«
»Wie meinst du das? Du hast mich doch im Tempel gehört.«
Angel stolzierte an der Wand entlang und tat so, als würde sie eine dreißig Zentimeter hohe Bronzefigur der Göttin Athene mit Speer und Schild bewundern.
»Shawn war ein Chaot und Rebell, aber anders als Jonathan mit Sicherheit kein Verräter«, sagte sie. »Zumindest nicht mir gegenüber. Immerhin hab ich ihn das Scharfschießen gelehrt.« Sie drehte sich zu Jade um und faltete die Hände hinter dem Rücken zusammen, als wollte sie wie ein echter General wirken. »Shawn hat mich vor drei Monaten gefragt, ob ich mit ihm eine eigene Gang gründen würde, weil er es in Monroes stagnierendem Stellungskrieg nicht mehr ausgehalten hat.«
»Und was hast du geantwortet?«
»Ich hab ihn für seine Unvernunft k.o. geschlagen, aber anschließend versprochen, eben diesen Stellungskrieg zu beenden«, antwortete Angel. »Monroe war selbst mit seinen ausbleibenden Erfolgen unzufrieden und hat meinen Rat gesucht, um den Status quo zu unseren Gunsten zu verlagern. Wenn ihr eure Invasion sechs Wochen später gestartet hättet, wärt ihr einer Angriffsfront aus allen vier Freien Enklaven in die Flanke gefallen.«
»Ihr wolltet endlich selbst die Initiative übernehmen?«, überlegte Jade anerkennend. »Wir haben Gerüchte gehört, aber ...«
»Ganz recht«, bestätigte Angel. »Cole sollte seine Miliz mit den Rangern von Sienna vereinen und sämtliche Außenposten der Vultures vom Norden her einreißen, während die Truppen aus Jaguar Bay und Silver Valley die Hauptfestung belagern. Alle Ranger-Teams hätten den Auftrag zur Überwachung der Straßen und zur Blitzverteidigung der Enklaven erhalten, um etwaige Vergeltungsmaßnahmen abzuwehren. Die Festung wäre unter dem Druck zweier Enklaven nie gefallen, aber Eric hätte für gut eine Woche jegliche Handlungsfreiheit verloren. Wir standen kurz davor, genau das zu tun, was Shawn Summers seit Jahren gefordert hat.«
»Aber ich dachte, ihr habt nicht genügend Material für eine großangelegte Militäroperation zur Verfügung gehabt?«, fiel ihr Jade dazwischen. »War das nicht dein Auftrag, durch den du zu Jiaos Militärbasis gekommen bist? Waffen und Munition zu besorgen?«
»Das stimmt, aber die stehenden Order zur Suche nach Ressourcen waren ein Grund für die miese Moral der Truppe, denn wir hatten seit einem Jahr kein nennenswertes Depot mehr ausfindig machen können«, gab Angel zu. »Einfach so weiterzumachen hätte uns wohlmöglich vollkommen ausgezehrt und die Allianz der Enklaven gefährdet. Also entschied Monroe, dass meine Mission in der Basis die letzte ihrer Art sein würde. Egal ob erfolgreich oder nicht, anschließend hätten wir die Vultures angreifen müssen, um uns nicht selbst zu zerstören. Cole sollte stattdessen möglichst viel Material in deren Außenposten erobern.«
»Lieber ein Ende mit Schrecken, als Schrecken ohne Ende, hm?«
»So kann man es auch nennen.« Angel holte ihre Hände hervor und schlenderte auf Jade zu. »Nur Monroe, Cole, Kim und ich kannten die Pläne. Ich habe Shawn davon erzählt, kurz bevor er in deine Fänge geraten ist. Er wäre vor Freude fast geplatzt und trainierte seit dem doppelt so hart wie alle anderen Ranger.« Sie setzte sich mit versteinertem Gesicht auf den Couchtisch. »Und nun erklär mir, warum er sich trotzdem gegen mich gestellt hat und für dich sterben musste!«
Jade formte kleine Schlitze mit ihren Augenlidern und krallte sich an den Nähten ihrer Ledercouch fest. Sie wirkte wie eine Katze vor dem Sprung auf ihre Beute.
»Was glaubst du, warum ich ihm eine Tarnmatte gegen Wärmesensoren
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