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Die Endzeit Chroniken - Nemesis (German Edition)

Die Endzeit Chroniken - Nemesis (German Edition)

Titel: Die Endzeit Chroniken - Nemesis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Fischer
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eine zehn Zentimeter breite Schulterarmbinde, an die alle Bürger des Imperiums bis an ihr Lebensende Abzeichen für herausragende Leistungen oder Fehltritte hefteten und das bei besonderen Anlässen getragen wurde. Gaby war für ein Panoramabild der Skyline von Alexandria ausgezeichnet worden, an dem sie vier Monate gearbeitet hatte.
    Der Rentner Walter Higgins hatte die meiste Zeit im Hospital bei Sammy und Tammy verbracht und ihnen aus einem Kriminalroman vorgelesen, von denen er ein großer Fan war. Donna hüllte sich ins Schweigen, bis sie kurz nach Sonnenuntergang in ihr Zimmer rollte und die Tür hinter sich schloss. Nur sie und Walter wohnten im ersten Stock. Die anderen teilten sich die Etagen darüber.
    Als Jenny erzählte, dass sie Cassidy im Auftrag von Herrin Sydney das Nachtleben von Alexandria zeigen sollten, erklärten sich Brian, Luke und Gaby bereit, den Abwasch zu übernehmen. Larry und Walter würden sie anschließend ins Bett bringen, so dass Alison und Jenny genug Zeit für die Vorbereitung blieben. Und was das bedeutete, hätte Cassidy sich in ihren kühnsten Träumen nicht vorstellen können.
     
    ***
     
Das erste, was Angel in Jades Heim auffiel, war die ungemein gründliche Ordnung. Alles schien seinen vorbestimmten Platz zu haben. Sämtliche Bücher, Fotos, Kerzenständer und sogar die Kugelschreiber auf ihrem Arbeitstisch waren symmetrisch ausgerichtet, um das Gesamtbild abzurunden. Minas Futternäpfe und Katzentoilette glänzten vor Sauberkeit. Außerdem ließ sich selbst bei einem Fingerstreif über eine Glaskommode kein einziges Staubkorn entdecken.
    »Hab ich deinen Test bestanden?«
    »Test?«, fragte Angel.
    Jade verzog Mundwinkel. »Ist alles sauber genug für deine gehobenen Ansprüche?«
    »Ich nehme mal an, die Arbiter putzen auch für euch?«
    »Na sicher«, antwortete Jade. »Sonst würde das hier aussehen wie bei Nadra.«
    »Wieso sind hier keine Wände?«, wunderte sich Angel. Küche, Wohn- und Arbeitszimmer teilten sich ein großes Zimmer, in dem auch zwei Betten standen; ganz anders als in Scarlets Haus, das sehr verschachtelt gewesen war. Nur das Bad war mit einer Tür vom Rest getrennt.
    »Die hab ich gleich zu Beginn rausgerissen«, erklärte Jade mit einem Wink in die Ferne. »Sydney hätte mich für den Baulärm fast erschlagen und ist für eine Woche aus ihrer Wohnung über mir ausgezogen, aber diese Streichholzschachteln sind nichts für mich. Unsere Jurte war alles in einem und ich brauche diese Freiheit, um nicht zu ersticken.«
    Angel musste ebenfalls zugeben, dass sie sich in Jades Loft deutlich wohler fühlte als in Scarlets beengtem Quartier. In Silver Valley war sie allmorgendlich aus ihrer klaustrophobischen Baracke geflüchtet. Neugierig begutachtete sie die polierten Möbelstücke im Klavierglanzlook und studierte die Buchrücken der Bibliothek, bis sie ein Foto auf einer Kommode daneben entdeckte. Es wurde von einem silbernen Rahmen umschlossen und zeigte das Bild eines Mädchens mit glatten, feuerroten Haaren, die sich auf ihre rechte Schulter legten. Ein schwarzer Papierstreifen verlief über die linke Ecke.
    Angel blickte sich um, konnte aber kein weiteres Foto im ganzen Raum erkennen. »Wer ist das?«
    Jade kam auf sie zu und griff nach dem Silberrahmen. Mit sanften Fingerspitzen strich sie über das Bild. »Sonya«, flüsterte sie. »Meine Schülerin.«
    Angel nutzte den Moment, um in ihrem Gesicht zu lesen. Jades Blick fixierte den schwarzen Streifen, so als hätte sie Angst, dem Mädchen in die Augen zu sehen. Ihre Hände wirkten stotternd, schwer zu kontrollieren, und zitterten über den Rahmen, als bestünde das fein geschliffene Metall aus Sandpapier.
    »Warum hab ich sie nie in deiner Gesellschaft gesehen?«, fragte Angel. »Wo ist sie?«
    Jade stellte das Foto auf seinen exakten Platz zurück. Erst jetzt fiel Angel die unscheinbare Staubschicht auf, die sich um den Rahmen gebildet hatte und sie vermutete, dass die Arbiter es nicht wagten, ihn zu bewegen, um darunter zu putzen.
    »An einem besseren Ort«, sagte Jade distanziert.
    »Das klingt ja beinahe religiös«, bohrte Angel nach, wohl wissend, wie hoch sie damit pokerte. »Ist das bei euch nicht verboten?«
    Jade setzte ein bescheidenes Lächeln auf und wendete sich ab. »Meine Gedanken gehören mir allein«, säuselte sie.
    Angel überlegte kurz, ob sie Jades momentane Schwäche ausnutzen und ihr Verhör auf die Spitze treiben sollte. Noch vor drei Monaten hätte sie ihre Fragen taktlos

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