Die Endzeit Chroniken - Nemesis (German Edition)
Rückweg abschneiden. Siehst du irgendwo eine Alternative?«
Yolanda ließ von der Karte ab und studierte die Skyline.
»Da ist noch eine zweite Brücke von der alten Monorail, die mal bis nach Alexandria geführt hat. Aber die ist zur Hälfte eingestürzt.«
»Perfekt!«, freute sich Scarlet. »Die nehmen wir.«
»Okay, trotzdem solltest du dich nach hinten absichern«, sagte Yolanda und kehrte zur Karte zurück. »Wir haben ein paar Sprengladungen dabei. Die kannst du hier, hier und hier anbringen. Wenn ihr das hinbekommt, werden alle Zugangswege zum Ausgang eingeschränkt oder sogar blockiert sein. Sobald ihr draußen seid, können euch die Neces nicht mehr folgen.«
Während Scarlet und Yolanda den Einsatz besprachen, wandte sich Jade an Angel.
»Ich weiß, ich hab gesagt, dass ihr euch eure Positionen selbst aussuchen könnt, aber ich brauche den Großen bei mir«, raunte sie und zog dabei ihren Trenchcoat aus, der bei dem vielen Müll in der Stadt überall hängenbleiben würde. »Das wird ein Massaker. Er muss mir den Rücken freihalten, sonst gehen wir alle drauf. Wenn die Neces euch hier oben bemerken, seid ihr genauso dran.«
Dog rümpfte die Nase und wartete einen Augenblick, ob Angel Einspruch erhob. Als das nicht geschah, schulterte er sein Maschinengewehr und hängte sich einen Ersatzpatronengürtel um den Hals.
»Soll ich nicht auch mitkommen?«, bot Cassidy an und tippte an ihre Brille. »Ich kann mit dem Ding verdammt viel sehen!«
»Auf keinen Fall!«, fiel Angel ihr ins Wort.
Damit hatte ihre Schülerin natürlich gerechnet. Trotzdem verzog sie enttäuscht das Gesicht. Seit ihrer Gefangennahme in Eagle Village übertrieb es Angel ihrer Meinung nach mit der Fürsorge; doch dagegen zu wettern war hoffnungslos.
»Sie kann mir helfen«, bot Yolanda an und zeigte auf die Türme der Hängebrücke, an denen die Stahlkabel befestigt waren. »Dort oben sollten wir sicher sein und ich könnte ihre Augen gut gebrauchen, während ich Scarlet dirigiere.«
Das gefiel Angel schon besser. Sie nickte zuversichtlich.
»Wir können dich hier draußen aber nicht allein lassen«, wand Jade ein. Daraufhin holte Angel ihr schweres Scharfschützengewehr aus dem Wagen und hielt es demonstrativ mit einem Arm fest, so dass der Lauf einen halben Meter über ihren Kopf hinausragte.
»Eintausendfünfhundert Meter effektive Reichweite«, sagte sie mit trotzigem Stolz. »Ich bin immer allein.«
»Scharfschützen arbeiten in Zweierteams«, entgegnete ihr der Anführer der Prätorianer.
»Nicht diese Scharfschützin«, hielt Dog dagegen und zog den Mann kopfschüttelnd beiseite.
»Seid ihr endlich so weit?«, rief Scarlet ihnen zu.
»Ich brauch Licht, wenn ich irgendwas treffen soll«, sagte Angel. »Leuchtfackeln oder Knicklichter. Ein paar Explosionen tun‘s auch.«
»Verstanden.«
»Nach dir, Herrin«, säuselte Jade.
Mürrisch übernahm Scarlet die Führung und lief auf dem Abhang entlang in Richtung Brücke. Sie achtete genau darauf, dass sie tief genug blieben, um nicht als wandelnde Silhouette auf der Steilküste aufzufallen. Angel hielt sie über Funk auf dem Laufenden, doch bisher konnte sie keine Bewegung ausmachen. Miss Connely war verschwunden und um die Lagerfeuer regte sich nichts mehr. Es schien beinahe, als wussten die Neces von der bevorstehenden Rettungsoperation und bereiteten sich entsprechend vor, auch wenn Scarlet diese These umgehend verwarf.
Die vier Fahrstreifen der Flussüberführung wären mit den Fahrzeugen kaum passierbar gewesen. Unzählige Autowracks von missglückten Zivilisationsfluchten versperrten ihnen den Weg. Sie sorgten für Deckung bei der Annäherung, boten den Neces aber gleichzeitig eine schier unendliche Anzahl an möglichen Hinterhalten. Dennoch trieb Scarlet ihre Leute zur Eile an. Cassidy vermutete, dass die scavengerhaften Wilden zu einem derart koordinierten Vorgehen nicht mehr fähig waren, und fühlte sich etwas beruhigt. Als sie jedoch auf halber Strecke bemerkte, wie Jade und Yolanda beinahe jedes Wrack in Augenschein nahmen, bereute sie ihr unüberlegtes Vorpreschen bei der Einsatzbesprechung. Sie konnte Angels ungefähre Position sehen, wenn sie über ihre linke Schulter blickte. Die routinierte Scharfschützin hatte sich inzwischen hundert Meter von den Fahrzeugen abgesetzt und gut versteckt zwischen Geröll und unter einer grauen Decke Stellung bezogen. Sie war nicht mal zu erkennen, wenn man genau wusste, wo sie lag. Nur in der Thermalsicht leuchtete
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