Die Endzeit Chroniken - Nemesis (German Edition)
Heather Connely verloren, aber hunderte oder gar tausende anderer vor ihrem Schicksal bewahrt. Nun haben wir stattdessen einen verstörten Jungen, der unzählige Gerüchte in die Welt setzen wird und unsere Schwester, die vielleicht die besten Jahre ihres Lebens in einem Rollstuhl zubringen muss.«
»Das darf sich nicht wiederholen«, bekräftigte Sydney ihre Worte. »Du bist noch nicht wieder bereit dazu, unsere Interessen zu vertreten.«
»Unsere ...?«, fauchte Scarlet zurück. »Du meinst deine! Ich habe nur ...«
»Du bist deinem Herzen gefolgt«, fiel ihr Sydney ins Wort. »Aber das ist nicht unser Weg.« Sie stellte sich in die exakte Mitte des runden Kuppelbaus und breitete ihre Arme aus. »Fünf Bacchae sind nötig, um das Ritual durchzuführen. Eine, die es ausspricht und vier, die ihr zustimmen«, begann sie so monoton, als würde sie einen uralten Gesetzestext zitieren. »Ich, Sydney von Sicariia, sage, dass unsere Schwester Scarlet aufgrund ihrer Kriegsgefangenschaft nicht länger fähig ist, rationale Entscheidungen im Sinne unseres Ordens zu fällen und verlange hiermit, dass ihr sämtliche operativen Rechte entzogen werden, bis der Rat von ihrer Heilung überzeugt ist. Sie soll Zeit für sich selbst und ihre Genesung bekommen, frei von der Last unserer Berufung. Es soll ihr nicht länger gestattet sein, Prätorianer zu befehligen oder Macht außerhalb des Themis-Tempels auszuüben.«
»Das kannst du nicht ernst meinen!«, protestierte Nadra. Kaum hatte sie den Satz beendet, erhob sich Jade aus ihrem Sessel und stellte sich zu Sydney.
»Ich, Jade von Alexandria, unterstütze den Antrag von Sydney, Scarlet ihre Rechte zu entziehen, bis sie in den Augen des Rates als geheilt betrachtet wird«, sprach sie ernst und ohne den geringsten Anflug von Schadenfreude, was die Tragweite des Rituals noch unterstrich. Ihre sofortige Bereitschaft ließ sich jedoch nur damit erklären, dass Sydney ihren Plan vorher mit Jade abgesprochen hatte. Beider Blicke fielen nun auf Azure, die nervös mit ihrem Silberamulett um den Hals spielte und sich zögernd zu Scarlet umdrehte.
»Ich, Azure von Isis,«, begann sie mit knochentrockener Kehle. »unterstütze den Antrag von Sydney, Scarlet ihre Rechte zu entziehen, auf dass sich unsere Schwester von ihrem Leid erholen möge.«
Sie trat näher an Jade und Sydney heran, um ihre Zugehörigkeit zu demonstrieren, auch wenn Azure wie jemand aussah, der gerade seinem besten Freund ein Messer in den Rücken gerammt hatte. Nun warteten sie auf Nadra, die sich inzwischen wie am Nachmittag in ihren Sessel flegelte und bereits den vierten Krug leerte.
»Da mache ich nicht mit!«, rief sie auf einmal und knallte das Silbergefäß auf den Marmortisch. »Sie mag vielleicht eure großen Pläne durchkreuzt haben, aber ihre Absichten waren edel und ehrenhaft!«
»Niemand stellt ihre Absichten in Frage«, versuchte Sydney sie zu beruhigen. »Aber ...«
Ehe sie fortfahren konnte, legte Scarlet plötzlich ihre Hand auf Nadras Schulter und schloss nickend die Augen. Die Kriegerin aus dem Norden mit ihrer aufwändig geflochtenen, roten Mähne schnaufte tief und erhob sich schweren Herzens.
»Ich, Nadra von Ragnarök, unterstütze den verdammten Antrag von Sydney, Scarlet ihrer Macht zu berauben, damit unsere Schwester ihren Kopf freibekommt!« Mürrisch hob sie ihren Silberkrug zum Mund und drehte sich zu Sydney um. »Aber das nutzt euch gar nichts!«, gurgelte sie beim Trinken hervor. »Es braucht fünf Bacchae, um das Ritual zu vollenden!«
»Yolanda würde ...«, rief Jade.
»Was Yolanda würde, weiß nur Yolanda!«, entgegnete Nadra ihr schroff. »Keine von uns darf für eine andere Schwester sprechen! Ihr werdet wohl oder übel warten müssen, wenn ihr Scarlet aus dem Weg ...«
»Ich, Scarlet von Sicariia«, donnerten die Worte der Angeklagten durch den Kuppelbau. »unterstütze den Antrag von Sydney, mir meine Rechte zu entziehen.«
Augenblicklich kehrte völlige Stille ein. Damit hatten weder Azure noch Nadra gerechnet. Beide blickten zunächst erschrocken zu Scarlet und anschließend wieder zu Sydney, die respektvoll den Kopf vor ihrer Widersacherin senkte.
»Als ich die Schüler auf der McCallum Farm sah, blutig und verwundet, die Opfer unter den Farmern, die zerstückelten Körper unserer Leute! Da wollte ich nur eines: Die Neces für ihre Taten bezahlen lassen! Martin Rich und Heather Connely lieferten mir einen Vorwand, aber sie waren nicht der Grund für mein Handeln.
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