Die Endzeit Chroniken - Nemesis (German Edition)
großes Ego leiden, im schlimmsten verlor er seinen Wert für Jade. Inzwischen hatte er verstanden, dass alles seit seiner Gefangennahme ein Test gewesen war. Doch irgendetwas stimmte nicht. Grant machte nicht den Eindruck, als würde er nach einer vorgegebenen Zeit aufgeben wollen. Er stemmte sich mindestens ebenso entschlossen gegen Dog, als hätte er genauso viel zu verlieren.
Der rechte Arm brannte wie Feuer und seine Hand spürte er längst nicht mehr, als Grant die Augen zusammenkniff und unkontrolliert durch die Zähne pfiff. Dog wusste, dass der Sieg nahe war, doch noch hatte er nicht gewonnen. Grant legte sein ganzes Körpergewicht in die Waagschale und mit jedem Millimeter, den Dog zurückwich, verließen ihn mehr von seinen Kraftreserven. Nur noch ein paar Sekunden. Er konnte es im gequälten Blick des Offiziers sehen ...
Plötzlich riss Grant sich von ihm los und rollte sich auf den Rücken, wo er ächzend seinen Arm massierte. Dogs erster Gedanke galt Hohn und Spott, wie er es mit Leon in der Biosphäre getan hatte. Doch dann übermannte ihn der Schmerz eines Krampfes im rechten Bizeps und ließ ihn mit einem Stöhnen sämtlichen Erfolgsrausch vergessen.
»Was denn?«, keuchte Grant von der anderen Seite des Tisches. »Machst du etwa schlapp?«
Dog legte sich auf den Boden und stellte fest, dass er mitten in dem ausgekippten Müsli gelandet war. »Verdammtes Hundefutter!«, grollte er. »Wie soll man denn danach kämpfen können!? Wo ist meine Fleischplatte!?«
Grant begann zu lachen. Zunächst war es mehr ein Husten, doch dann zeigte er mit dem Finger auf Dog. »Alexandrias Küche«, schnaufte er herablassend. »Ausgewogene Kost für unsere Kinder. Ballaststoffe und Vitamine!« Er prüfte die Bewegungsfreiheit seines rechten Arms, in dem er inzwischen wieder etwas Gefühl bekommen hatte und blickte Dog entwaffnend an. »Wie wär‘s, wenn wir das hier später fortsetzen, und erstmal was Richtiges essen gehen?«
Dog hob den Zeigefinger und war einen Moment lang versucht zu widersprechen, um sich den Sieg zu sichern, doch dann ließ er seine Vorbehalte ebenso wie den Finger fallen und nickte. Eine anständige Mahlzeit war ihm nach der vergangenen Nacht viel wichtiger.
***
Jade ging unterdessen mit schnellen Schritten über den grünen Platz vor dem Themis-Tempel. Sie schien es ausgesprochen eilig zu haben, so als würde sie von jemandem erwartet. Wie schon am Vortag gesellten sich ein paar Schüler zu ihr. Diesmal fragten sie besorgt nach Martin Rich und zeigten sich bestürzt darüber, dass Miss Connely den Angriff der Neces nicht überlebt hatte.
Cassidy hörte zum ersten Mal vom Tod der Lehrerin. Misstrauisch lauschte Angel den einfühlsamen Worten von Jade, mit denen sie die Kinder tröstete, und suchte dabei den Augenkontakt mit Cassidy. Ihre Schülerin wirkte überrascht und geschockt; war die Lehrerin doch körperlich nahezu unversehrt mit ihr in die Quarantänestation unter dem Tempel eingeliefert worden. Angel wollte Jade jedoch nicht in der Öffentlichkeit bloßstellen und hob sich die Frage nach dem Todesgrund für später auf.
Als sie den Sophiaplatz hinter sich gelassen hatten und durch die sonnigen Straßen spazierten, warf sie einen besorgten Blick über die Schulter in Richtung ihres Quartiers. Dog war in den letzten Wochen kein Schicksalsschlag erspart geblieben. Erst die anstehende Niederlage gegen die Sicarii, dann sein Beinahe-Tod in Silver Valley, Jades Spiel in Brackwood, das Wiedersehen mit Cole und dazu noch Faiths Verrat. Sie rechnete jeden Moment damit, dass ihm der Kragen platzen und er Amok laufen würde. Hoffentlich wusste Colonel Grant, auf was er sich da eingelassen hatte.
Bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, erreichten sie den Eingang zum Medusa Memorial Hospital, der aussah wie ein vollverglaster Wintergarten mit langsam ansteigenden Auffahrten für Krankenliegen und Rollstühle. Die automatische Schiebetüröffnung funktionierte nicht mehr und musste von Hand bedient werden. Das Krankenhaus selbst sah äußerlich identisch mit den anderen, stufenförmigen Wohnblöcken von Alexandria aus. Die Architekten hatten scheinbar unbedingt einen absolut synchronen Ort erschaffen wollen.
»Wo liegt sie?«, fragte Jade einen Mann in pastellgrünen Scrubs am Informationstresen.
»Fünf Stock, Zimmer fünf-null-neun, Herrin.«
»Danke«, antwortete Jade und lief zum Fahrstuhl.
Während sie warteten, bekamen Angel und Cassidy die Chance, sich etwas
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