Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)
waren, dachte Patrik, als sie am Steg anlegten. Alles wirkte nahezu unwirklich ruhig und still.
Noch bevor er das Boot vertäut hatte, sprang Erica an Land und rannte auf das Haus zu, er lief mit Gösta auf den Fersen hinter ihr her. Sie war so schnell, dass er sie nicht einholte. Als er das Haus erreichte, hielt sie Anna bereits umschlungen. Mårten und Ebba saßen zusammengesunken auf dem Sofa. Neben ihnen standen Mellberg und Paula.
Patrik hatte keine Ahnung, was sie hier verloren hatte, war aber froh, dass er von ihr wenigstens einen vernünftigen Lagebericht erwarten konnte.
»Geht es allen gut?« Er ging auf Paula zu.
»Keine Sorge. Die beiden sind nur ein wenig aufgewühlt, vor allem Ebba. Irgendjemand hat durchs Fenster geschossen, als sie allein in der Küche war. Es deutet nichts darauf hin, dass sich der Schütze noch in der Nähe befindet.«
»Habt ihr Torbjörn gerufen?«
»Das Team ist unterwegs, aber Mellberg hat bereits mit der Spurensicherung begonnen, wenn man so will.«
»Allerdings! Ich habe die Kugeln gefunden.« Mellberg hielt einen Plastikbeutel in die Höhe. »Ich habe sie mühelos herausbekommen, denn sie steckten nicht besonders tief in der Wand. Da sie bereits einiges an Geschwindigkeit verloren hatten, muss der Schütze ein ganzes Stück entfernt gestanden haben.«
Patrik bekam eine richtige Wut im Bauch, aber da es nicht hilfreich gewesen wäre, wenn er Mellberg jetzt eine Szene gemacht hätte, ballte er die Fäuste in den Hosentaschen und atmete ein paar Mal tief durch. Bei passender Gelegenheit würde er mit Mellberg ein ernstes Gespräch über die Regeln führen, die am Tatort einzuhalten waren.
Er wandte sich an Anna, die gerade versuchte, sich aus Ericas Armen zu befreien. »Wo warst du, als es passierte?«
»Im Obergeschoss.« Sie zeigte auf die Treppe. »Ebba war kurz zuvor in die Küche gegangen, um Kaffee zu kochen.«
»Und Sie?«, fragte er Mårten.
»Ich habe im Keller neue Farbe geholt. Ich war gerade vom Festland zurückgekehrt und kurz in den Keller gegangen, als ich den Knall hörte.« Unter der sommerlichen Bräune sah er blass aus.
»Lag kein fremdes Boot am Steg, als Sie ankamen?«, fragte Gösta.
Mårten schüttelte den Kopf. »Nein, nur das von Anna.«
»Und Sie haben auch keine fremde Person hier gesehen?«
»Nein, niemanden.« Ebba starrte mit glasigen Augen vor sich hin.
»Wer tut so etwas?« Mårten sah Patrik ratlos an. »Wer will uns etwas Böses? Hat es mit der Karte zu tun, die ich Ihnen gegeben habe?«
»Das wissen wir leider nicht.«
»Welche Karte?«, fragte Erica.
Patrik ignorierte die Frage, aber Ericas Blick ließ keinen Zweifel daran, dass sie später eine Antwort von ihm verlangen würde.
»Von nun an betritt niemand mehr die Küche. Sie gilt jetzt als Sperrgebiet. Wir müssen natürlich die ganze Insel absuchen. Daher wäre es am besten, wenn Ebba und Mårten irgendwo auf dem Festland unterkommen könnten, bis wir hier fertig sind.«
»Aber …«, sagte Mårten. »Das wollen wir nicht.«
»Doch, genau so machen wir es«, meldete sich Ebba plötzlich mit Bestimmtheit zu Wort.
»Und wo sollen wir mitten in der Hochsaison ein Zimmer finden?«
»Sie können zu uns kommen. Wir haben ein Gästezimmer«, sagte Erica.
Patrik zuckte zusammen. War sie noch bei Trost? Hatte sie Ebba und Mårten allen Ernstes angeboten, während der laufenden Ermittlungen bei ihnen zu übernachten?
»Geht das denn? Sind Sie sicher?« Ebba sah Erica an.
»Natürlich. Dann kann ich Ihnen auch das Material zeigen, das ich über Ihre Familie gesammelt habe. Ich habe es mir gestern noch einmal angesehen, es ist wirklich interessant.«
»Ich finde aber trotzdem …«, begann Mårten, doch dann ließ er die Schultern sinken. »Dann machen wir es so. Du fährst mit, und ich bleibe.«
»Mir wäre am liebsten, wenn niemand hierbleibt«, sagte Patrik.
»Ich bleibe.« Mårten sah Ebba an, die nichts dagegen einzuwenden hatte.
»Okay. Ich schlage vor, dass sich Ebba, Erica und Anna auf den Weg machen, damit wir hier mit der Arbeit anfangen können, während wir auf Torbjörn warten. Gösta, du siehst dir den Weg zum Strand an und überprüfst, ob jemand von dort gekommen sein könnte. Paula, könntest du die unmittelbare Umgebung des Hauses absuchen? Ich selbst mache eine etwas größere Runde um das Haus herum. Wenn wir erst einen Metalldetektor haben, wird es einfacher, aber bis dahin tun wir eben unser Bestes. Falls wir Glück haben, hat der Schütze die
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