Die Engelsmuehle
stapelte die leeren Kanister unter dem Fenster, entfachte das Feuer und kletterte wieder ins Freie.
Während Hogart eine weitere Zigarette rauchte, spielte er alles mehrmals in Gedanken durch, doch er kam immer wieder zu demselben Schluss: Der einzige mögliche Beweis für eine Brandstiftung waren die geschmolzenen Kunststoffreste, die sich in den Folien in seinem Koffer befanden. Er würde sie morgen früh in ein Labor bringen und hoffen, dass die Chemiker zu einem brauchbaren Ergebnis kamen. Andernfalls standen die Chancen, eine Brandstiftung zu beweisen, ziemlich schlecht. Während Hogart immer noch im Dunkeln saß und in die Glut seiner Zigarette starrte, hörte er ein entferntes Geräusch. Es kam aus dem Inneren des Gebäudes. Jemand befand sich im Keller. Rasch drückte Hogart die Zigarette auf dem Boden aus.
Die Schritte näherten sich. Hogart hörte das Knirschen der Asche unter den Schuhsohlen. Langsam, um kein Geräusch zu verursachen, tastete er mit der Hand unter sein Sakko, öffnete den Sicherungsriemen des Schulterholsters und holte die Glock hervor. Dann erhob er sich mit angehaltenem Atem. Er entsicherte die Waffe, danach griff er zum Handy, um es in den Lautlosmodus zu schalten. Einen Anruf von seiner Mutter oder sonst wem konnte er in diesem Moment brauchen wie eine doppelseitige Lungenentzündung.
So vorsichtig wie möglich, um selbst keine Knirschgeräusche zu erzeugen, schlich er durch das Labyrinth der Server zum Türstock, der in den nächsten Raum führte. Hogart lehnte mit dem Rücken an der Wand und hielt den Atem an. Die Schritte wanderten langsam in seine Richtung - nicht zielstrebig, sondern suchend und ebenso vorsichtig, wie er selbst den Raum durchquert hatte. Er könnte schwören, dass die Bewegungen von einer Frau stammten. Damit schied der Nachtportier aus, der eine Runde durchs Haus machte. Außerdem hätte er in dem von der Polizei abgesperrten Trakt ohnehin nichts zu suchen gehabt.
Für einen Augenblick fiel der Strahl einer Taschenlampe durch den Türrahmen in den Serverraum, wo er die verkohlten Überreste der Computeranlage in mattes Licht tauchte. Für Hogart war klar, dass niemand von der Polizei oder vom Hauspersonal mitten in der Nacht mit der Taschenlampe durch die Kellerräume schlich. Vielleicht würde er jener Person begegnen, die ihm die Brechstange an den Schädel geknallt hatte. Diesmal war er besser vorbereitet. Als sich die Schritte dem Türstock näherten, umklammerte er den Griff der Glock.
Wieder fiel der Lichtstrahl durch die Türöffnung. Im nächsten Moment trat eine Gestalt hindurch. Hogart sprang nach vorne, schlug der Person die Taschenlampe aus der Hand, packte sie an der Gurgel und drängte sie gegen das nächstliegende Eisengestell. Die Lampe kullerte über den Boden. Der Strahl verlor sich irgendwo im Dunkeln. Gleichzeitig presste Hogart der Person den Pistolenlauf an die Wange.
»Keine Bewegung!«, zischte er.
Er hörte das Keuchen einer Frau. Im gleichen Augenblick roch er das Parfüm und spürte den Stoff einer Seidenbluse am Handgelenk. Die Frau japste nach Luft. Er wusste, dass es sich nicht um Madeleine Bohmann handelte. Die Künstlerin war größer als diese Frau, außerdem benutzte sie eine andere Duftnote.
»Keine Bewegung«, wiederholte Hogart. Er lockerte den Griff, und als er sicher sein konnte, dass die Frau starr vor Angst war und sich nicht von der Stelle rühren würde, nahm er den Pistolenlauf aus ihrem Gesicht. Er machte einen Schritt zurück, um die Taschenlampe aufzuheben.
»Wer sind Sie?« Hogart leuchtete der Frau in die Augen.
Blinzelnd riss sie sich die Hand vors Gesicht. Sie war nicht älter als dreißig, trug eine schmale Lesebrille und hatte blondes gewelltes Haar bis zu den Schultern. Mit der blauen Seidenbluse, dem Blazer, den Stöckelschuhen und dem Rock, der knapp über den Knien endete, sah sie nicht wie jemand aus, der Brände legte oder Menschen zu Tode folterte.
»Mein Name ist Domenik - Elisabeth Domenik«, presste sie hervor. »Bitte tun Sie mir nichts.«
Hogart nahm die Taschenlampe runter. Am liebsten wäre er auf der Stelle im Erdboden versunken.
»Entschuldigen Sie bitte.« Er leuchtete sich für einen Moment selbst ins Gesicht. »Mein Name ist Peter Hogart. Wir haben vor wenigen Stunden miteinander telefoniert.«
Eine Zeit lang herrschte peinliches Schweigen, dann reichte Hogart der Dame von der Versicherung die Taschenlampe. Er sicherte die Glock und ließ sie im Schulterholster
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