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Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Titel: Die englische Ketzerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Vantrease
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Erinnerung behalten würde – und die Frau ebenfalls, wie ihm jetzt bewusst wurde, als er sie beobachtete.
    »Darf ich Euch etwas fragen, Kapitän Lasser?«, sagte sie. Sie wirkte dabei ein wenig angespannt, als sei sie sich nicht sicher.
    »Nur heraus damit«, sagte er in dem Glauben, sie wollte etwas über das Schiff wissen oder über die Orte, die er gesehen hatte. Seit sie seefest war, fragte sie ständig irgendetwas.
    »Was ist mit Endors Kind geschehen?«
    Mit dieser Frage überraschte sie sowohl ihn als auch ihren Ehemann, wie an dessen verblüfftem Gesichtsausdruck zu erkennen war.
    Als Tom einen erschrockenen Moment lang nicht antwortete, fuhr sie fort. »Ich dachte … also, als ich sie in der Zelle im Fleet-Gefängnis sah …«
    »Ihr vermutet richtig«, unterbrach er sie und nahm ihr damit ihre Verlegenheit. »Sie hat das Kind geboren, noch bevor ich sie aus dem Gefängnis holen konnte. Es kam tot zur Welt. Ein kleiner Junge.«
    »Oh.« Ihr verwirrter Gesichtsausdruck wurde auf einmal traurig.
    »Wahrscheinlich war es das Beste so«, fügte er schroff hinzu, wohl ein wenig zu schroff, aber er wollte sie von ihrer Traurigkeit befreien und sich selbst nicht mehr mit diesem Thema befassen. Seine Antwort löste jedoch eine andere Reaktion aus. Ihr Gesichtsausdruck verhärtete sich. Sie wurde zornig.
    »Es ist grausam, so etwas über ein Kind zu sagen – und über seine Mutter!«
    »Nun, vielleicht ist es das. Aber es ist die Wahrheit. Das Leben kann grausam sein. Und oft ist es das leider auch.«
    Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich nicht.
    Er seufzte, atmete tief die salzige Luft des Meeres ein. »Endor wurde vergewaltigt. Das Kind hätte seinen Vater niemals kennengelernt.«
    Nur die nüchternen Tatsachen. Mehr zu sagen, konnte er sich nicht überwinden. Und selbst das ließ den Zorn in ihm aufwallen, sorgte für einen bitteren Geschmack in seinem Mund. Zorn – und Schuldgefühle. Er starrte aufs Meer hinaus, beobachtete einen Seevogel, der in den Wellen verschwand und dann, einen zappelnden Fisch im Schnabel, wieder auftauchte. Jäger und Beute – der Gang aller Dinge.
    »Ein Kind ist ein Geschenk Gottes«, sagte sie entrüstet und mit der Leidenschaft eines Anwalts, der vor dem obersten Gericht für das Leben des Kindes plädiert.
    Nein, er würde nicht klein beigeben. Sie konnte genauso gut die ganze bittere Wahrheit erfahren. Sie war mit einem Flüchtling verheiratet. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde sie das Leben zukünftig auch nicht gerade freundlich behandeln.
    »Dieses Kind war das Geschenk eines von mehreren Männern, die sie vergewaltigten, ihr die Zunge herausschnitten und sie in einem Graben liegen ließen, um sie dort verbluten zu lassen.« Sie riss entsetzt die Augen auf und schlug die Hände vor den Mund. Er bereute seine brutalen Worte, aber er konnte und wollte jetzt nicht mehr aufhören. »Warum, Mistress Frith, sollte irgendeine Frau ein solches ›Geschenk‹ behalten wollen?«
    Es entfuhr ihr ein leiser Schrei. Ihr Mann drückte sie an sich.
    »Der Kapitän hat sie gerettet, Kate«, sagte John sanft. »Er hat sie zu einem Chirurgen gebracht, und sie haben ihren blutenden Zungenstumpf kauterisiert.«
    Den blutenden Stumpf ihrer Zunge. Tom hatte ihre Schreie noch immer im Ohr. Und als es vorbei war, hatte er sie mit ein wenig Geld in einer Pension zurückgelassen. Allein. Das war eines guten Samariters wohl kaum würdig.
    »Das Kind zu verlieren«, sagte Kate, jetzt sichtlich weniger zornig, dafür wieder traurig. »Es war ihr Kind. Es hätte sie vielleicht trösten können.«
    »Das glaube ich kaum«, erwiderte Tom so freundlich, wie er dies angesichts einer solchen Naivität konnte. »Höchstwahrscheinlich hätte sie zusehen müssen, wie ihr kleiner Junge verhungert wäre.«
    »Er wäre nicht verhungert«, antwortete Kate mit ruhiger Stimme. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihr ihn hättet verhungern lassen, Kapitän.«
    »Macht mich nicht allzu vorschnell zum Helden einer romantischen Geschichte, Mistress Frith. Unter uns gibt es nur wenige wirkliche Helden.«
    »Da bin ich auch anderer Meinung, Kapitän.« Diesmal war es ihr Ehemann, der ihm widersprach. »Ihr seid ein Beispiel dafür. Ihr habt sie aufgenommen.«
    Aber das wollte und konnte er so nicht akzeptieren.
    »Endor wurde zusammen mit mir verhaftet – sie ist mir in London überallhin gefolgt. Es heißt, sie habe immer am Dock gesessen und auf die Siren’s Song gewartet. Ich habe ihr immer ein wenig Geld

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