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Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Titel: Die englische Ketzerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Vantrease
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Vorzeichen und schlimme Kunde. An der Küste ist ein riesiger Fisch gestrandet und gestorben; die Astrologen haben alle Hände voll zu tun, um seltsame Lichter am Nachthimmel zu erklären. Eine Nonne in Kent behauptet, dass Pestilenz und Hunger die Strafe Gottes seien, weil der König versuche, seine Ehe annullieren zu lassen. Natürlich geben die Lutheraner den Katholiken die Schuld an alledem. Die Katholiken wiederum machen den König verantwortlich, weil er seine katholische Königin verlassen hat. Der König schließlich sagt, dies alles sei die Strafe Gottes dafür, dass er mit der Frau seines Bruders in Sünde gelebt habe, was jetzt aber nicht mehr der Fall sei.« Sie lachte kurz auf. »Stattdessen lebt er jetzt mit Anne Boleyn in Sünde.«
    »Sie ist eine von uns, wisst Ihr«, sagte Kate, als sie den letzten Essensteller vom Trockengestell nahm und ihn mit einem warmen Leintuch polierte.
    »Eine von uns?« Mistress Poyntz nahm Kate den Teller aus der Hand und stellte ihn in den Schrank.
    »Eine Protestantin«, sagte Kate. »Sie protestiert gegen einige Glaubenssätze Roms.«
    »Wollt Ihr damit sagen, dass sie eine Lutheranerin ist?« Sie sah Kate überrascht an.
    »Lord und Lady Walsh zufolge liest sie sowohl Luther als auch William Tyndale.«
    Der Diener hatte die Tür offen gelassen. Die Sonne des Spätnachmittags fiel herein. Kate sah in den Küchengarten hinaus, wo der Mastiff gerade sein Bein hob und auf einen Rosmarinstrauch zielte. Nachdem er den Strauch gewässert hatte, tappte er in die Küche zurück und legte sich wieder auf seinen Platz neben dem Herd. Er war schon sehr alt und wurde von den vielen Stammgästen des Englischen Hauses nach Strich und Faden verwöhnt. Auch heute hatte Kate lächelnd beobachtet, wie jeder der sechs Kaufleute, die zum Essen gekommen waren, dem Hund einen Leckerbissen vom Tisch zugesteckt hatte, als Lady Poyntz gerade nicht hinsah.
    »Also, wenn Anne Boleyn tatsächlich Königin von England werden sollte, das wäre doch was, nicht wahr?«, sagte Mistress Poyntz. Sie stellte den glänzenden Teller in die Mitte und trat einen Schritt zurück, um ihren gut gefüllten Schrank zu bewundern. »Das würde höchstwahrscheinlich bedeuten, dass der Erbe des Königs als Reformer erzogen wird. Ich bin mir sicher, dass Prinzessin Mary bis ins Mark römisch-katholisch ist.« Sie senkte die Stimme, so als fürchte sie, die Wände könnten Ohren haben. »Da wir gerade von Master Tyndale sprechen, es gibt Nachricht von ihm. Er musste aus Köln fliehen, als die Druckerei, in der er drucken ließ, durchsucht wurde.«
    Kate vernahm dies mit Erstaunen. Lady Poyntz war eine weit bessere Informationsquelle als der Ausrufer.
    »Seitdem bleibt er nie lange an einem Ort. Er hofft dadurch den englischen Spionen zu entgehen, die die deutschen Behörden natürlich sofort ersuchen würden, ihn zu verhaften. Gegenwärtig hält er sich in Worms auf. Im Juni will er sich in Augsburg mit Luther und einigen anderen deutschen Reformern treffen. Prinz Friedrich hat eine außerordentliche Zusammenkunft des Reichstags einberufen, vor der die Lutheraner eine Art Glaubensbekenntnis ablegen sollen. Er möchte in Erfahrung bringen, in welchen Punkten eine Aussöhnung möglich ist. Ich denke, Euer Ehemann und Kaplan Rogers werden versuchen, Tyndale dort zu treffen und ihn hierher in Sicherheit zu bringen.«
    »Das hat John mir gegenüber noch mit keiner Silbe erwähnt«, sagte Kate, ein wenig betroffen darüber, dass diese Frau besser über die Pläne ihres Mannes Bescheid wusste als sie.
    Lady Poyntz tätschelte ihr beruhigend die Hand.
    »Lasst Euch nicht beunruhigen, meine Liebe. Ich bin mir sicher, dass Euer Mann mit Euch noch über sein Vorhaben sprechen wird. Die Männer erzählen uns Frauen immer nur das, was wir unbedingt wissen müssen. Lord Poyntz ist auch so jemand, der plötzlich verkündet, dass er ab morgen mehrere Wochen lang außer Haus sein wird …«
    Sie erzählte weiter von irgendeiner geschäftlichen Unternehmung ihres Mannes, aber Kate hörte ihr nur noch mit einem Ohr zu. Das, was sie eben erfahren hatte, beunruhigte sie sehr. John hatte ihr zwar noch nichts davon gesagt, aber es hörte sich gefährlich an. Außerdem würde sie zum ersten Mal, seit sie England verlassen hatte, von ihrem Mann getrennt sein.
    Es war ein sonniger Junitag in Chelsea. Die Sonnenuhr im Garten zeigte an, dass es schon weit nach drei war. Margaret Roper hatte jetzt lange genug darauf gewartet, dass ihr Vater sie zum

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