Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)
Eucharistie betrifft, bin ich ganz Eurer Meinung: In diesem Punkt irrt er gewaltig.«
Da es niemanden gab, der eine andere Ansicht vertrat, trugen sie auch die Argumente der Gegenseite mit einer beinahe sportlichen Begeisterung vor.
Während Kate mit der Ansicht übereinstimmte, dass die Verwandlung von Brot und Wein rein symbolisch war und sie in ihrem Mund nicht zu Blut und Leib Christi wurden, fragte sie sich oft, warum sich alle so an diesem Punkt festbissen. Das Wunder der Messe blieb doch unbestritten. Sie hätte ihre Ansicht Mistress Poyntz gegenüber zum Ausdruck gebracht, aber diese war gerade mit dem Rupfen des Huhns fertig geworden und machte sich jetzt daran, den glücklosen Vogel auszunehmen. Kate nahm sich noch eine halbe Schale Suppe. Sie löffelte sie jedoch geistesabwesend in sich hinein, während sie über die Diskussion im Zimmer nebenan nachdachte.
Lag das wahre Wunder der Messe nicht in der Verwandlung, die im Herzen des Gläubigen vor sich ging, der am Abendmahl teilnahm, und in der Vergebung seiner Sünden? Aber was war denn so schlimm daran zu glauben, Brot und Wein würden wirklich zu Fleisch und Blut? So oder so war es ein Akt der Anbetung. Sie schlürfte ihre Suppe und dachte an die Kinder, die mit ihren Müttern zur Bibelstunde kamen, und wie begeistert und schnell sie die Botschaft der Liebe aufnahmen, die Jesus lehrte. Liebe Gott. Liebe deinen Nächsten. Was gab es darüber groß zu diskutieren?
Das aber wagte sie John, der sich immer mehr in Detailfragen der Lehre vertiefte, nicht zu sagen. Er hatte ihr gesagt, dass er eine Streitschrift über das Thema der Eucharistie verfassen und diese veröffentlichen wolle. Sie wünschte sich, dass er es lieber nicht täte. Obwohl es gefährlich war, die Bibel zu übersetzen, konnte er dies im Geheimen tun und musste nicht einmal seinen Namen daruntersetzen. Sie hatte sich gefragt, warum Tyndale seine Übersetzung mit seinem Namen unterzeichnete. Aber indem er eine Streitschrift über das Abendmahl mit seinem Namen unterzeichnete, warf er den Anhängern des alten Glaubens den Fehdehandschuh vor die Füße. Es waren schon Männer aus nichtigeren Anlässen verbrannt worden.
Wäre John vorsichtiger, wenn er wüsste, dass er Vater wurde? Sie seufzte. Nein, wahrscheinlich nicht. Luther war sechsfacher Vater, und das hatte ihn auch nicht zum Schweigen gebracht. Ganz im Gegensatz zu ihrem Bruder John.
»Gibt es Neuigkeiten aus England?«, fragte Kate nach dem Essen, das aus dem gebratenen Huhn bestanden hatte. Sie und ihre Gastgeberin waren wieder in der Küche und polierten die Teller. Das Küchenmädchen wurde zwar damit betraut, die Töpfe zu schrubben, aber Mistress Poyntz legte großen Wert darauf, Zinn und Silber selbst zu polieren. Kate half ihr gern dabei.
»Leider keine guten, meine Liebe. Der Regen hatte gerade aufgehört, da brach das Schweißfieber aus. Zuerst die Überschwemmungen, jetzt eine Pestilenz. Und als ob das nicht schon genug wäre, haben die Tuchmacher am ersten Mai einen Aufruhr angezettelt, um gegen die Anwesenheit ausländischer Arbeiter zu protestieren. Mehrere Franzosen wurden getötet – in Shoreditch, glaube ich.«
Sie hielt inne, um einen der Diener damit zu beauftragen, den riesigen Mastiff, der neben dem Herd döste, in den Garten hinauszubringen. Dann fuhr sie damit fort, den prächtigen Teller mit einer Paste aus Essig und Salz zu polieren. »Man sagt, dass die Soldaten des Königs eingreifen mussten, um die Ordnung wiederherzustellen. Nach allem, was ich gehört habe, war es das reinste Gemetzel. Ist es nicht eine Schande, was gottesfürchtige Leute anderen gottesfürchtigen Leuten antun, wenn ihr Lebensunterhalt bedroht ist?«
Oder auch nur, wenn sie eine andere Meinung vertreten , fügte Kate in Gedanken hinzu.
Das Wort »Franzosen« hatte ihre Gedanken jedoch auch in eine andere Richtung gelenkt. Sie hatte plötzlich die junge Winifred vor sich gesehen, die das blauäugige Kind bei ihr zurückgelassen hatte, um einen Taschendieb zu verfolgen. Madeline. Der Name des Kindes war Madeline gewesen. Ihr Papa ist Franzose , hatte die Frau gesagt. Und dass er als Bootsführer in Southwark arbeitete. Und in Shoreditch hatten die Tuchmacher einen Aufruhr angezettelt. Sie versuchte den schlimmen Gedanken zu verdrängen.
Mistress Poyntz gab Kate den Teller, damit sie ihn in ein Trockengestell am Feuer schob. »Ihr und Master Frith habt Glück, dass Ihr England den Rücken gekehrt habt. Es gibt dort überall böse
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