Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Titel: Die englische Ketzerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Vantrease
Vom Netzwerk:
sollte, das Evangelium in seiner Muttersprache zu lesen. Und er wollte nicht einer Kirche gegenüber, welche die falschen Doktrinen lehrt, die Treue schwören.«
    »Ist es das, was du jetzt auch von deinem Bruder erwartest? Dein Vater war nicht der Einzige, der gelitten hat. Was ist mit dir und John? Was ist mit eurer Mutter? Sie starb nicht an einer kranken Lunge. Sie starb vor Kummer. Aber wann immer du von deinem Vater sprichst, hast du denselben Ausdruck von … von Verehrung auf dem Gesicht wie John.«
    Als sie »Gesicht« sagte, legte der Junge die Hand auf Kates Wange und wiederholte das Wort, als handle es sich um das Spiel, das sie oft miteinander spielten: Nase, Hand, Gesicht, Ohren. Als sie seine Hand auf ihrem Gesicht spürte, zog sich ihr Herz vor Zuneigung zusammen.
    Ihre Schwägerin blieb beharrlich. »Würdest du es tun, Kate? Würdest du widerrufen?«
    »Ich sagte doch, dass ich es nicht weiß, Mary«, erwiderte Kate, ärgerlich, weil ihre Schwägerin versuchte, sie in die Enge zu treiben. »Aber auf jeden Fall hätte ich das Gefühl, dass mein Vater umsonst gestorben ist. Und all die anderen vor ihm. Unsere Familie hat sich immer für Reformen eingesetzt. Und das weißt du auch. Wir sind mit unzähligen Geschichten über den Tod von Märtyrern und ihrem Heldentum aufgewachsen. Wir haben alle Geschichten zusammen mit der großen alten Familienbibel geerbt.« Sie sah Pipkin an, der sich jetzt in ihren Armen wand. »Aber ich habe nicht so viel zu verlieren wie John.«
    Kate hätte gern behauptet, dass sie wüsste, was sie tun würde, aber wer konnte sich da schon sicher sein? Viele tapfere Männer waren unter der Folter zerbrochen. Wie konnte eine Frau da hoffen, durchzuhalten?
    »Aare«, sagte das Kind und zog Kate an den Haaren.
    »Hier, nimm deinen kleinen zappelnden Wurm wieder«, sagte sie, als sie endlich ihre Locken aus seinen Händen befreit hatte. Dann nahm sie ihren Umhang, der am Haken neben der Tür hing, und warf ihn sich über. »Ich bin rechtzeitig wieder zurück, damit du noch vor Einbruch der Dunkelheit nach Hause gehen kannst. Falls irgendjemand nach einem lutherischen Text fragt, sag einfach – ach, du weißt schon, was du sagen musst.«
    »Ich werde sagen, dass wir solche Texte nicht mehr verkaufen, da sie verboten wurden«, antwortete ihr Mary mit vorgerecktem Kinn, während ihre Augen blitzten.
    Meine Schwägerin mag zwar ein sanftes Gemüt haben, dachte Kate, aber wenn es sein muss, ist sie hart wie Eisen.
    Als Kate ihr nicht widersprach, fragte Mary, während die Schärfe aus ihrer Stimme verschwand und ihre Augen wieder sanft und feucht wurden: »Wo willst du heute suchen?«
    »Vielleicht unten an den Docks. Ich werde mich bei den Kaufleuten der Hanse erkundigen. Möglicherweise ist ihnen etwas zu Ohren gekommen.«
    »Ohren.« Der Junge nickte, sein Gesicht war plötzlich so ernst wie das der beiden Frauen.
    Kate drehte sich um. Sie konnte es nicht länger ertragen, ihn anzusehen. Sie öffnete die Tür und ging nach draußen, so wie sie das jetzt schon seit zwei Wochen jeden Tag tat. Der kalte Märzwind blies ihr in den Nacken. Sie schlug die mit Eichhörnchenpelz gefütterte Kapuze ihres Umhangs hoch. Vor der Kälte, die ihr Herz bedrückte, vermochte sie sie jedoch nicht zu schützen.
    Auch die Kaufleute der Gilde der Merchant Adventurers im Steelyard konnten Kate nichts über den Verbleib ihres Bruders berichten. Sie erfuhr von ihnen lediglich, dass es eine wahre Welle von Verhaftungen gegeben hatte.
    »Was ist mit der Schiffsladung aus Antwerpen geschehen?«, fragte Kate den Vorstand.
    »Man hat sich ihrer entledigt, als das Schiff noch draußen auf See war. Aber Ihr braucht Euch keine Sorgen zu machen, Mistress. Dort, wo sie herkam, gibt es noch mehr davon. Druck und Papier sind billig. Menschenleben sind viel kostbarer.«
    »Dann wird es also vorerst keine weitere Lieferung mehr geben?«
    Der Kaufmann lächelte vielsagend.
    »Die nächste ist bereits unterwegs. Wenn sie Ende April hier eintrifft, werden die Männer des Königs schon längst kein Auge mehr auf die Bristol Docks werfen. Immerhin ist ihnen Garrett bereits in die Falle gegangen. Jetzt sitzt er in einer Zelle in Ilchester in Somerset, der arme Kerl.«
    »Aber werden sie denn nicht herausfinden wollen, wer ihn beliefert?«
    »Das mag schon sein. Aber der König legt großen Wert darauf, jeden Ärger mit den deutschen Kaufleuten zu vermeiden.« Er grinste. »Die Bürger auf dem Festland sollen schließlich gute

Weitere Kostenlose Bücher