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Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Titel: Die englische Ketzerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Vantrease
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aufregst.«
    »Solange Thomas More atmet, wird er dich und deine Freunde verfolgen. Er wird euch genauso unerbittlich jagen wie ein Jagdhund, der seine Beute hetzt. In England gibt es viele, die mit aller Macht am alten Glauben festhalten wollen. Sie hassen alles, wofür du stehst. Soll doch William nach England gehen, wenn er es für so wichtig hält.«
    »Psst, Kate. Nicht so laut. Es ist nicht nötig, dass ganz Antwerpen unser Gespräch hört. Tyndale kann nicht nach England gehen. Auf ihn verzichten zu müssen wäre ein zu großer Verlust.«
    »Du bist also entbehrlich, willst du mir das damit sagen? Hat William Tyndale eine Frau? Hat er ein Kind?«
    Die Hitze im Garten wurde plötzlich unerträglich, stieg in gleißenden Wellen auf. Kate rang verzweifelt nach Luft. Sie spürte, wie ihre Knie nachgaben. John fing sie auf, als sie fiel. Als sie wieder zu sich kam, lag sie auf der Rasenbank. John kniete neben ihr und kühlte ihre Stirn mit einem feuchten Lappen. Sie versuchte sich aufzusetzen, aber in ihrem Kopf drehte sich noch immer alles. Auch Mistress Poyntz war da.
    »Das Baby …«, murmelte Kate, »ist dem Baby …«
    »Dem Baby ist nichts passiert, meine Liebe. Ihr seid einfach nur in der Hitze ohnmächtig geworden.«
    Johns Gesicht schwebte über ihr.
    »Alles wird gut, Kate. Ich werde nicht gehen, wenn du das nicht willst. Das verspreche ich dir«, flüsterte er. Die Qual, die sie bei diesen Worten in seinem Gesicht sah, erinnerte sie jedoch an den Gesichtsausdruck ihres Bruders John, als er ihr gesagt hatte, dass er abgeschworen habe. Sie wusste, dass es am Ende nicht ihre Entscheidung sein würde, denn sie würde es nicht ertragen, für den Rest ihres Lebens jeden Tag diesen Ausdruck auf seinem Gesicht sehen zu müssen.

32

    Sie ist von mittlerer Statur, mit dunklem Teint, langem Hals, breitem Mund und einem eher flachen Busen. Tatsächlich tut sie sich nur dadurch hervor, dass sie den gleichen herzhaften Appetit wie der König hat. Ihre Augen sind schwarz und wunderschön… Sie lebt wie eine Königin, und der König begleitet sie zur Messe und auch sonst überall hin.
    Der venezianische Botschafter in einem Brief über Anne Boleyn, 1532.
    I hr bringt ein wahrhaft großmütiges Opfer, Kate«, sagte Tyndale, als sie zusahen, wie das Schiff den Hafen verließ.
    John stand auf dem Deck und winkte ihr zu. Sie winkte zurück und hätte ihm am liebsten zugerufen, er solle zurückkommen. Nein, diese Reise war ein Fehler, ein großer Fehler. Sie brauchte ihn. Ihr gemeinsames Kind brauchte ihn. Sie hätte dieser Reise niemals zustimmen dürfen.
    »Er wäre nicht gefahren, wenn Ihr es nicht gewollt hättet. Da bin ich mir sicher. Ihr seid die Freude seines Lebens. Seid guten Mutes. Er wird bestimmt keine Dummheiten machen und keine unnötigen Risiken eingehen. Noch bevor das Kind zur Welt kommt, wird er wieder bei Euch sein.«
    Er war die einzige Freude in meinem Leben, und jetzt ist er fort , dachte sie, während sie zusah, wie das Schiff immer kleiner wurde, bis sie Johns winkende Gestalt nicht mehr erkennen konnte. Sie wünschte sich, sie hätte Tyndales Zuversicht und könnte wie Endor im Wasser die Zukunft sehen. Sie starrte in die dunklen, grünen Fluten im Hafen, aber alles, was sie zwischen dem schwimmenden Treibgut sah, war das gekräuselte Spiegelbild einer dicken Frau, die neben einem alten Mann stand. Einen Moment lang war sie verwirrt, da sie die Silhouetten nicht sofort erkannte.
    »Ich wünschte, John hätte dasselbe Talent zur Verkleidung wie Ihr«, sagte sie, während sie Tyndale mit seiner grauen gepuderten Strähne betrachtete. Er ließ die Schultern hängen, wirkte müde. »Ihr könntet wahrscheinlich an Thomas Mores Tür klopfen, und er würde Euch nicht erkennen.« Sie hoffte, dass ihren Worten nicht anzumerken war, welchen Unmut sie insgeheim empfand.
    »Er würde mich sowieso nicht erkennen. Er hat mich nämlich noch nie gesehen.«
    »Warum hasst er Euch dann so sehr?«
    »Nun, ich denke, Ihr kennt die Antwort.« Er lächelte sie freundlich an. »Schließlich habt Ihr sie selbst als eines der Argumente gegen Johns Abreise angeführt: Er hasst uns für das, woran wir glauben, unsere bloße Existenz. Dass wir die Dogmen der Kirche hinterfragen, die von mächtigen Männern und nicht von Gott selbst festgelegt wurden. Dass wir die Überzeugung vertreten, dass es nur eine einzige göttliche Offenbarung gibt, die nicht von einem Mann in Rom auf einem Thron verkörpert wird, sondern von einem

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