Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)
Armeslänge von sich und sah sie an, als könne er sein Verlangen allein schon mit seinen Augen befriedigen. »Mylady, Ihr seid ganz gewiss eine Zauberin, da es Euch gelungen ist, den König völlig in Euren Bann zu ziehen.«
Ihr Lachen hallte den Flut entlang, als sie mit ihm gemeinsam zum Empfangssaal ging, wo sie zum ersten Mal als Marquis von Pembroke angekündigt werden würde. Sie fragte sich, ob auch einer ihrer Feinde anwesend war, um Zeuge der einzigartigen Ehre zu werden, die ihr zuteilwurde.
Als Anne den König in dieser Nacht in ihr Schlafzimmer führte, wurde der Raum von einem frischen und lieblichen Duft erfüllt. Das Fenster stand weit offen, und die warme Nachtluft strömte herein. Das einzige Geräusch, das zu hören war, war das Flüstern der großen Eichen vor dem Fenster, als der Wind leise durch sie strich. Das Zimmer wurde von Kerzenschein erhellt, Rosenblätter waren zwischen die Binsen und auf die Tagesdecke gestreut.
Heinrich lächelte, als er das sah.
Anne begann sich zu entkleiden, nahm ihre Kappe ab und schüttelte ihre Haare aus, damit die Kerzen ihr sanftes Licht auf ihre Flechten warfen.
»Soll ich Euer Dienstmädchen rufen?«, fragte er.
»Das ist nicht nötig, Mylord. Ich kann doch gewiss darauf vertrauen, dass mir Eure Majestät behilflich sein werden.«
Sie zog die Ärmel aus, löste das Band ihres Überkleides und stieg heraus. Dann nahm sie seine Hand und dirigierte sie zu ihrem Mieder, seine Hände hantierten gekonnt zwischen der Spitze, bis sie nur noch in ihrem tief ausgeschnittenen Hemd aus durchscheinender Seide vor ihm stand. Diesmal protestierte sie nicht, als er ihre Brüste küsste. Seine Zunge fühlte sich warm und feucht auf ihrer Haut an. Ein flüchtiger Gedanke an Percy schoss ihr durch den Kopf, aber sie verdrängte ihn schnell. Sie fand, dass es schon fast an Verrat grenzte, an einen anderen Mann zu denken, während sie sich mit dem König vereinigte.
»Soll ich meinen Kammerjunker rufen, damit er mir beim Entkleiden hilft?«, fragte er, als er seinen Hut ablegte. Seine Stimme war heiser vor Verlangen.
»Nicht nötig, Mylord. Ich werde das für Euch tun.«
Sie nahm ihm vorsichtig die goldene Kette ab, die um seinen Hals hing.
Wesentlich weniger feierlich entledigte er sich seines Wamses aus Brokat. »Es besteht doch kein Grund zur Eile, Mylord«, sagte sie. Ihre Stimme war leise und heiser. Sie band seine Hose auf und löste seinen Hosenbeutel, ließ ihre Finger dort verweilen.
»Euer Majestät ist sehr … sehr majestätisch«, sagte sie.
Als er nur noch seine Strümpfe und Strumpfbänder trug, zog sie ihr Hemd über ihren Kopf und stand vor ihm, geschmückt nur mit ihrem offenen Haar und der Kette mit dem einzelnen Rubin. Einen Moment lang fühlte sie sich unwohl. Er hatte sie noch nie nackt gesehen. Tatsächlich hatte das noch kein Mann, nicht einmal Percy. Sie fürchtete, er könnte ihre Brüste zu klein finden, obwohl er sich schon oft bei ihr über die großen Brüste der Königin beklagt hatte.
»Ist Euer Majestät zufrieden?«, fragte sie mit sehr leiser Stimme.
Im Zimmer schien es plötzlich vollkommen still zu sein. Sogar die Eichen vor ihrem Fenster hielten in ihrem Flüstern inne.
Es waren jedoch keine Worte nötig, um ihr zu sagen, dass Seine Majestät überaus zufrieden war.
33
Singe, o Muse, von tiefer und tödlicher Rache; woraus dem Land der Griechen zahllose Übel erwuchsen, die manch eines mächtigen Kriegers Seele unzeitig zu den unsichtbaren Schatten schickten.
Verse aus der Ilias, die John Frith während seiner Haft im Gefängnis von Reading zitierte.
J ohn Frith kannte den Gestank. Das alles hatte er schon einmal erlebt. Er selbst war es, dem dieser üble Geruch nach altem Schweiß und Urin anhaftete. Dennoch ist das hier nichts verglichen mit dem Fischkeller, dachte er kläglich. Wenigstens befand sich der Stock im Freien. Die Halunken, die man mit ihm zusammen verhaftet hatte, waren längst wieder auf freien Fuß gesetzt worden, nachdem jeder von ihnen ein Bußgeld von zehn Pence bezahlt hatte, das zweifellos direkt in die Tasche des Richters gewandert war. Aber John besaß keine zehn Pence, um ein Bußgeld zu bezahlen, selbst wenn man ihm diese Möglichkeit angeboten hätte.
Seine erste Nacht in Reading verbrachte er im Stock. Während er fieberhaft überlegte, wie er am besten mit dieser Situation fertigwerden sollte, übermannte ihn immer wieder für kurze Zeit der Schlaf. Als dichter Morgennebel heraufzog, der sich
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