Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)
Wenn er Kate Hoffnung machte, dass er ihrem Mann half freizukommen, verkraftete sie die Nachricht gewiss leichter. Aber konnte und durfte er das wirklich tun? Sollte er alles riskieren, um Frith zur Flucht zu verhelfen?
Als Monmouth mit seinem Brief zurückkam und die Siren’s Song die Segel gesetzt hatte, war Kapitän Lasser zu dem Schluss gekommen, dass er Kate Frith zur Seite stehen sollte, wenn sie die Nachricht erfuhr. Das zumindest hatte sie verdient.
Kate hatte den letzten Saum der Auskleidung der Wiege für ihr Kind fertig genäht und prüfte gerade zufrieden die kleinen Stiche. Nicht perfekt, dachte sie, aber auch nicht schlecht. Sie legte den weichen Stoff in die Wiege und versetzte ihr mit dem Fuß einen kleinen Stoß, sodass sie leicht zu schaukeln anfing.
Die Hände auf ihren Bauch gelegt, sprach sie leise mit dem Kind, das sie unter ihrem Herzen trug.
»Diese Welt ist ein rauer Ort, aber du wirst ein weiches Bett haben, auch wenn in deinem Kissen ein oder zwei krumme Stiche sind.« Das Kind strampelte, als wolle es ihr antworten. Kate lachte. »Heb dir das für deinen Vater auf, damit er sieht, wie kräftig du bist. Wenn du das Licht der Welt erblickst, wird er hier sein, um dich willkommen zu heißen, genau wie er es versprochen hat. Vielleicht kommt er sogar schon früher.«
Bei seiner Abreise hatte er versprochen, bis Weihnachten wieder zurück zu sein. In seinem letzten Brief vor zwei Wochen hatte er indes geschrieben, dass er London gerade hinter sich lasse und deshalb schon früher nach Hause komme. Vielleicht sogar schon vor Allerheiligen. »Er wird feststellen, dass deine Mutter inzwischen wirklich so dick ist wie die Bäckersfrau.« Sie überlegte gerade mit einem Anflug von Besorgnis, ob er sie missgestaltet und hässlich finden würde, als das Dienstmädchen einen Besucher ankündigte.
»Wer ist es?«
»Ich weiß es nicht, Mistress. Ich habe den Mann noch nie gesehen.«
»Du weißt doch, das wir hier keine Fremden empfangen. Er könnte ein Spion sein.«
»Er sagt, er ist bei der Hanse, und hat mir zum Beweis ein Siegel gezeigt.«
»Hat er seinen Namen genannt?«
»Kapitän … Kapitän Lasser, glaube ich.«
Kate überlegte kurz. Tom Lasser weckte in ihr stets ein vages Unbehagen. Abgesehen davon war er wahrscheinlich gekommen, um mit John zu sprechen.
»Sag ihm, dass mein Mann nicht da ist.«
Das Dienstmädchen eilte hinaus, kam aber gleich darauf wieder zurück.
»Er sagt, dass er Euch sprechen will, Herrin. Er hat einen Brief von Humphrey Monmouth für Euch.«
Monmouth. Bitte, lieber Gott, lass es keine schlechten Neuigkeiten von John sein. Das könnte ich nicht ertragen. Nicht jetzt.
»Ich werde ihn in der Kapelle empfangen«, sagte Kate. »Dort sind wir ungestört.« Und dieser heilige Ort, dachte sie, bietet mir vielleicht Schutz vor Ungemach.
Als Tom die schlichte kleine Kapelle betrat, lag der kleine Raum im Dämmerlicht. Nur ein Sonnenstrahl, in dem Stäubchen tanzten, fiel durch ein hoch in die Wand eingelassenes Fenster und erhellte den einfachen Altar mit seinem weißen Licht. Tom sah Kate erst, als sie aufstand und sich zu ihm umdrehte, denn nun fiel das Licht auf sie. Mit einem Mal hatte er Mühe, in dieser Beengtheit Luft zu bekommen.
»Ihr seht … strahlend aus«, sagte er und sah mit Bestürzung, dass sie schwanger war. Als ob seine Aufgabe nicht auch so schon schwer genug wäre. »Wann kommt das Kind?«
»Um Weihnachten herum.«
Sie lächelte nicht, und ihre Stimme klang nicht erfreut. Er trat instinktiv einen Schritt näher.
Sie wich vor ihm zurück. »Ihr sagtet, dass Ihr einen Brief für mich habt?«
»Können wir uns vielleicht eine Minute setzen?« Er zeigte auf die Bank vor dem Altar.
»Das wird nicht nötig sein. Ich werde nicht lange bleiben. Ich werde dringend in der Buchhaltung gebraucht.«
»Bitte, setzt Euch. Bevor Ihr den Brief lest, muss ich Euch zuerst etwas sagen.«
Sie wurde blass.
»John? Ist es wegen …«
Er legte den Arm um ihre Taille, wollte sie sanft auf die Bank dirigieren, zog ihn aber weg, als er merkte, dass sie vor ihm zurückwich, während sie Platz nahm.
»Ihr zittert ja«, sagte er.
Sie saß da, die Hände im Schoß gefaltet. Er streckte die Hand aus, berührte ihre Finger. Sie waren so kalt und bleich, als wäre alles Blut aus ihnen gewichen. In der Kapelle stand nur ein kleines Kohlenbecken, in welchem jedoch kein Feuer brannte. Er zog sein Wams aus und legte es ihr um die Schultern.
Sie schien darin zu
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