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Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Titel: Die englische Ketzerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Vantrease
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Fingern den Konturen seines Unterkiefers. Es war, als würde sie ihr eigenes Gesicht berühren. »Du bist so dünn geworden. Bekommst du denn nichts zu essen?«, fragte sie und versuchte, ihre Stimme nicht allzu heiser klingen zu lassen. Sie durfte ihm nicht auch noch zumuten, dass sie vor ihm zusammenbrach.
    »Porridge voller Maden, zweimal am Tag. Es kommt aus dem Armenhaus für jene, die kein Geld haben, um sich Essen zu kaufen.«
    »Werden sie es zulassen, dass ich dir etwas zu essen bringe?«
    »Es wird wahrscheinlich nicht bei mir ankommen. Es ist besser, wenn du ihnen Geld gibst, aber du musst es dem stellvertretenden Direktor persönlich geben.«
    Sie löste sanft seine Hand von ihrem Umhang.
    »Lass mich gehen, John. Ich werde mich auf der Stelle darum kümmern. Soll ich dir Kleidung bringen?«
    Selbst der Lumpensammler hätte die schmutzigen Überreste des Hemds und der Hose, die er trug, liegen gelassen.
    »Es ist höchst unwahrscheinlich, dass ich sie bekomme, es sei denn, du gibst sie mir persönlich. Wenn du den Schließer bestichst, wird er dich zu mir lassen.« Seine Stimme klang jetzt fester, so als würde er allein durch ihre Anwesenheit wieder zu Kräften kommen. »Wenn du dich beeilst, bin ich vielleicht sogar noch hier in dieser Zelle.« Er hielt inne. »Aber, Kate, du kommst besser allein, ohne meine Frau und meinen Sohn. Ich will nicht, dass sie mich so sehen.«
    »Ich verstehe«, sagte Kate. »Du willst dich erst ein wenig säubern.« Ein Milchkarren rollte auf der Farringdon Street vorbei. Kate war froh, dass das Hufgeklapper des Pferdes ihr Schniefen übertönte. »Aber ich werde Mary nicht sehr lange hinhalten können, John. Nach allem, was sie durchgemacht hat, wäre es auch nicht richtig, sie länger im Ungewissen zu lassen.«
    Er nickte.
    »Nicht lange. Nur noch einen Tag. Damit ich mich vorbereiten kann. Ich möchte nicht, dass sie sich vor mir erschrecken. Und falls noch genug Geld da ist – eine Strohmatratze. Aber nur, wenn noch genug Geld da ist.«
    Die Tränen konnte sie jetzt kaum mehr zurückhalten.
    »Es ist genug Geld da, John. Du wirst deine Matratze bekommen.«
    »Dann haben sie das Geschäft also nicht geschlossen? Ich habe mir so große Sorgen gemacht, wovon ihr drei leben sollt. Wir haben so viel Geld für den Warenbestand ausgegeben, den wir verbrennen mussten.«
    »Seit sie dich verhaftet haben, haben sie uns in Ruhe gelassen. Mary hat sich um das Geschäft gekümmert, während ich nach dir gesucht habe.« Gott sei Dank hat sich das Gespräch geschäftlichen Dingen zugewandt, dachte sie. »Wir verkaufen genug, um über die Runden zu kommen, aber es gibt da noch einiges, worüber wir sprechen müssen, John. Wir müssen überlegen, wie wir die Bücher verteilen können, wenn wir neue Ware bekommen. Glaubst du …«
    Sein Gesicht verhärtete sich. Die blaue Ader auf seiner Stirn trat deutlich hervor, die verschorfte Strieme verlief kreuzförmig darüber.
    »Neue Ware? Wenn du damit lutherische Texte meinst, dann wird es keine neue Ware geben.«
    »Aber wie soll …«
    »Goughs Buchladen und Druckerei wird keine verbotenen Bücher mehr verkaufen, Kate. Versprich es mir.« Seine Hände begannen plötzlich heftig zu zittern.
    »John, beruhige dich. Uns ist nichts geschehen. Wir sind vorsichtig. Mach dir keine Sorgen. Alles wird gut.« Wie dumm von ihr, in dieser Situation über solch unwichtige Dinge zu sprechen. »Ich werde jetzt nach Hause gehen und Geld holen – und Mary sagen, dass ich dich gefunden habe. Du wirst schon bald etwas Ordentliches zu essen und etwas Sauberes zum Anziehen bekommen. Über die Zukunft sprechen wir ein andermal, dazu ist später noch Zeit genug. Das Wichtigste ist jetzt erst einmal, dich hier herauszubekommen. Wenigstens haben sie dich nicht ins Lollardengefängnis gesteckt oder gar hingerichtet. Das bedeutet doch, dass du schon bald wieder freikommst, habe ich nicht recht? Vielleicht erlegen sie dir irgendein Bußgeld auf, das wir bezahlen können. Wie lautet die Anklage?«
    »Es gibt keine Anklage.«
    »Aber … das Gesetz … sie können dich doch nicht einfach ohne ordnungsgemäßen Prozess hier einsperren.«
    John lachte bitter. Es war mehr ein Grunzen als ein Lachen. »Thomas More und Kardinal Wolsey sind jetzt in England das Gesetz. Sie können tun und lassen, was sie wollen.«
    »Aber …«
    Er senkte den Blick, als er sie unterbrach.
    »Ich habe abgeschworen, Kate.«
    »Du hast dich als Ketzer bekannt und widerrufen?«, fragte Kate ihn

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