Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)
Nichtigkeiten, so als könne sie ihren Mann mit ihrer Fröhlichkeit aus seinem Trübsinn reißen, und John saß einfach nur neben ihr still auf der Bettstatt und starrte durch die offen stehende Tür in den sonnigen Frühling hinaus. Der kleine Junge saß auf einer Decke, die Mary auf dem Boden ausgebreitet hatte, und spielte mit den Druckstöcken, die Kate mitgebracht hatte, in der Hoffnung, mit ihnen das Interesse ihres Bruders wieder zu wecken. Wenn sie ihn nur aufrütteln könnte! Dann könnten sie vielleicht in einer Ecke des Zimmers eine behelfsmäßige Druckerei einrichten – und wenigstens ein paar Plakate drucken, die sie verkaufen konnten.
John saß reglos da und sah dem kleinen Jungen zu, ohne ihn wirklich wahrzunehmen. Der Kleine schlug die Druckstöcke wie Zimbeln gegeneinander und quietschte bei dem dumpfen, klopfenden Geräusch vor Begeisterung. Kate wollte sie ihm wegnehmen, weil sie fürchtete, das Holz könnte splittern. Druckstöcke waren teuer, vor allem solch fein ausgearbeitete mit vielen Einzelheiten wie diese beiden, die das Interesse eines jeden Druckers geweckt hätten. Es waren die letzten, die John bestellt hatte. Er hatte nicht einmal die Gelegenheit gehabt, sie auszuprobieren. Kate streckte ihre Hand aus, um sie dem Kleinen wegzunehmen, zog sie dann aber wieder zurück.
Was spielte das schon für eine Rolle? John hatte sie nur teilnahmslos angestarrt, als sie ihm die beiden Druckstöcke gezeigt hatte.
»Schau, John«, hatte sie gesagt, »schau dir nur diesen Stock an. Wie ausgezeichnet er gearbeitet ist. Man kann jedes einzelne Korn in der Weizengarbe sehen. Und bei dem hier jeden einzelnen Rosmarinzweig. Sieh her, der hier würde ein schönes Frontispiz für einen Almanach abgeben, und mit dem hier könnte man einen Gartenkalender illustrieren. Wir könnten hier eine einfache Presse aufstellen, damit du wenigstens ein paar Blätter drucken kannst. Die könnten wir dann binden und im Geschäft verkaufen. Ober sie vielleicht als einzelne Blätter auf dem Markt anbieten. Für einen Farthing pro Stück.«
John war mit dem Daumen über die fein geschnitzte Weizengarbe gefahren, hatte den Druckstock dann von sich weggeschoben.
»Hier drin ist nicht genug Platz für eine Presse«, antwortete er.
Kate wollte ihm entgegnen, dass sie besser einen Platz finden sollten, wenn er seine Unterkunft in der Liberty behalten wollte. Sie verkniff sich die Worte jedoch, denn Mary warf ihr einen flehenden Blick zu, der besagte: Gib ihm Zeit, Kate. Peinige ihn deswegen nicht.
Kate aber konnte nicht sagen, wie viel Zeit ihnen noch blieb. Außer den Pressen und den Patrizen hatten sie nichts mehr, das sie veräußern konnten. Und wie sollte ihr Bruder ohne sein Handwerkszeug jemals wieder seine Familie ernähren?
Es wurde Sommer, und Kate war inzwischen mehr als nur verzweifelt. Sie hatten beinahe ihren gesamten restlichen Warenbestand verkauft und verfügten nicht über die Mittel, um neue Ware zu bestellen. John saß weiter im Liberty und war inzwischen in eine solche Schwermut verfallen, dass er nicht einmal mehr wahrzunehmen schien, wie sehr sie für seinen Aufenthalt dort kämpfen mussten. Obwohl es noch früh am Tag war, fiel durch die Fenster bereits helles Sonnenlicht, als Kate beschloss, die Presse hinten in der Druckerei selbst in Betrieb zu nehmen. Das konnte doch so schwer nicht sein, oder? Sie hatte John oft genug bei der Arbeit beobachtet, hatte ihm ein- oder zweimal sogar geholfen, die Formen zu setzen.
Am besten, sie fing mit etwas Einfachem an. Sie sah sich um und entschied sich für eine Seite aus einem Buch mit Gedichten, eines von den drei oder vier Bänden ihres restlichen Bestandes. Sie wählte vier Zeilen eines von John Skelton verfassten Liebesgedichts aus, das an eine Frau namens Margaret gerichtet war – nur vier kurze Zeilen. Margaret war ein häufiger Name. Jeder Bursche, der in eine Margaret verliebt war, würde doch gewiss einen Farthing einsetzen, um seine Liebste zu beeindrucken?
Sie nahm vor dem Setzkasten Platz und begann mit ihrer Arbeit. Nachdem sie die Buchstaben herausgesucht hatte, ordnete sie die Textzeilen auf einem Winkelhaken und spannte den zusammengestellten Text anschließend mit einer Efeuranke als Schmuckborte in einen Metallrahmen. Dann trat sie zurück und bewunderte ihr Werk, ein perfektes Spiegelbild des hübschen kleinen Gedichtes. Das war gar nicht so schwer.
Der nächste Teil würde komplizierter werden. Sie versuchte sich daran zu erinnern,
Weitere Kostenlose Bücher