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Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Titel: Die englische Ketzerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Vantrease
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aus.
    »Heißt das, dass jeder einmal an die Reihe kommt? Wie oft wechseln denn die Gefangenen die Zellen?«
    »Nein. Das heißt nicht, dass jeder einmal an die Reihe kommt«, sagte er spöttisch. »Dort kommen nur die hin, die für dieses Vorrecht bezahlen.«
    »Aber die Frau – die war doch gewiss zu arm, um dafür zu bezahlen, und sie hat auch nicht gebettelt. Sie wollte ja kaum die Münze annehmen, die ich ihr gegeben habe.«
    »Der Gefangene in der Zelle neben ihr hat für sie bezahlt. Tom Lasser, wenn ich mich recht erinnere. Ich habe ihm gesagt, dass das reine Verschwendung ist.«
    Der schwarzhaarige Dieb?, wunderte sich Kate. Er war ihr kaum als jemand vorgekommen, der sich anderen gegenüber wohltätig zeigte … er schien eher auf die Wohltätigkeit anderer aus zu sein. »Was ist mit ihm geschehen? Wo ist er? Kann ich ihn sprechen? Ich glaube, er wusste …«
    »Nein, Mistress. Er ist nicht mehr da. Ein fein gekleideter Herr hat ihn rausgeholt, so wie immer.«
    »Rausgeholt?«, fragte sie. »Aber … wie …«
    »Er hat eine Kaution für ihn gestellt.«
    »Kennt Ihr den Namen dieses Mannes?«
    »Den habe ich vergessen. Aber es war ein Riese von einem Mann. Er trug Kniehosen aus Satin und ein pelzbesetztes Wams.«
    Das war’s dann, dachte sie und fühlte sich plötzlich unendlich müde. Der Wind, der Ende März noch sehr kalt war, ließ ihren Rock flattern, presste den Stoff an ihren Körper und blies ihr die Kapuze ihres Umhangs vom Kopf. Der Wachposten sah sie mit lüsternem Blick an. Sie trat einen Schritt zurück. Warum hatte der Halunke Tom, oder wie auch immer er hieß, ihr nicht gesagt, dass John für den Zugang zu diesem Fenster würde zahlen müssen? Sie hätte ihm das Geld gegeben. Aber wahrscheinlich war alles, was er gesagt hatte, ohnehin eine Lüge. Wahrscheinlich kannte er ihren Bruder nicht einmal. Sie wandte sich schon zum Gehen, aber dann hielt sie eine Stimme in ihrem Kopf zurück.
    Spricht im Schlaf ständig von einer Frau namens Mary. Und da war noch mehr gewesen. Irgendetwas, das hinter diesen bedrohlichen Mauern lauerte, zerrte an ihr. Sie bildete sich ein zu spüren, wie Johns Verzweiflung auf ihrem Herzen lastete. Aber vielleicht war es auch nur das Gewicht des Elends so vieler Menschen, das durch diese Wände drang. Jedenfalls drehte sie sich um und versuchte es noch ein letztes Mal.
    »Ich habe Grund zu der Annahme, dass mein Bruder hier inhaftiert ist. Könnt Ihr mich nicht einfach hineinlassen, damit ich mich umsehe.«
    Der Mann hustete und spuckte über seine Schulter.
    »Dieser stinkende Ort ist eine Brutstätte für Krankheiten. Das ist kein passender Ort für jemanden wie Euch.« Seine Stirn legte sich in Falten, und seine Augen traten hervor, als er mit Entschiedenheit erklärte: »Ich habe Euch doch gesagt, dass hier niemand ist, der John Goll heißt.«
    »Gough. John Gough«, entgegnete Kate mit ruhiger Stimme. »Möglicherweise habt Ihr den Namen auf der Liste übersehen. Man schreibt ihn am Ende mit gh , aber man spricht es aus wie ein F.« Sie bezweifelte, dass der Mann überhaupt lesen konnte, hoffte jedoch, dass ihn ihr Ton beruhigen würde. »Ich weiß, dass er hier ist. Der Mann, der gestern in der Zelle neben der der Frau saß, hat ihn mir genau beschrieben. Ihr sagtet, dass sein Name Tom Soundso sei. Dieser Tom sagte, dass mein Bruder hier sei. Mein Bruder John ist groß und blond. Wir sehen uns ziemlich ähnlich. Nur dass er blonde Haare hat und ich dunkle. Wir haben dieselbe hohe Stirn.« Sie schob ihre Kapuze zurück und strich sich mit beiden Händen die Haare aus dem Gesicht, sodass der Wachmann sie besser sehen konnte.
    Er starrte sie eine Ewigkeit lang an.
    »Vielleicht.« Er nickte. »Aber nur vielleicht. Ich erinnere mich tatsächlich an jemanden – ein zurückhaltender Mann. Als sie ihn herbrachten, war sein Rücken grün und blau geschlagen, und er blutete. Er hat eine Woche lang im Krankenzimmer gelegen. Er war sehr in sich gekehrt. Und das hat sich auch nicht geändert, nachdem seine Wunden verheilt waren. Tom hat mir gesagt, dass ich ihn auf die Liste für die Zelle an der Straße setzen soll – natürlich konnte er nicht genug zahlen, um auf die Liste zu kommen.«
    Kate kramte in dem kleinen Lederbeutel, den sie unter ihrem Umhang an ihrer Taille befestigt hatte, und gab ihm mit fragendem Blick einen Shilling. Er sah die Münze an, dann zog er eine Augenbraue hoch. Sie nahm zwei weitere Shilling heraus.
    Der Wachmann ließ die Münzen so schnell

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