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Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Titel: Die englische Ketzerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Vantrease
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Weib! Was soll das denn heißen? Steht auf und sagt Eurem König klar und offen: Gefällt Euch das Lied Greensleeves oder nicht?«, rief er in forderndem Ton. Er sprach dabei jedes Wort ganz deutlich aus.
    Anne erhob sich so anmutig wie möglich. Es überraschte sie, dass ihre Gliedmaßen ihr überhaupt noch gehorchten. Schadenfrohe Erwartung lag unverkennbar in der Stille des Saals. Sie konnte förmlich hören, was ihre Feinde jetzt dachten: War dies der Augenblick, in dem die Mätresse des Königs endlich ihre Quittung bekam? Sie vermied es, ihre Stimme zu erheben. Sollten die Speichellecker doch gefälligst ihre Ohren spitzen.
    »Wie Ihr wisst, gefällt mir alles, was Euer Majestät tut. Die Musik schmeichelt meinen Ohren wie sonst keine andere Melodie, die ich je gehört habe oder noch hören werde – es sei denn, natürlich, Euer Majestät beehrt uns mit einem weiteren Geschenk dieser Art.«
    Er sah sie finster an, so als versuche er aus ihren Worten schlau zu werden, dann begann er breit zu grinsen und lachte schließlich laut los.
    »Mundschenk«, rief er. »Füllt meinen Becher. Meine Muse hat gesprochen, und ich muss mich stärken.«
    Einige der Gäste antworteten ihm mit einem gedämpftem Lachen. Andere waren mit ihrer Zustimmung zurückhaltender.
    Während des restlichen Mahls durfte Anne sitzen bleiben. Sie stocherte lustlos in ihrem Essen herum, während sie George, der neben ihr von seinen großen Plänen bei Hofe plapperte, nur mit halbem Ohr zuhörte. Im Saal wurde es immer wärmer. Sie sehnte sich danach, die pelzgefütterten Ärmel abzulegen, wusste jedoch, dass das für ihre Feinde ein gefundenes Fressen sein würde. »Der König hat ein Liebeslied für seine Lady Greensleeves gesungen, woraufhin sie prompt ihre grünen Ärmel ablegt«, würden sie spotten.
    Schließlich erhob sich Heinrich. Wieder ertönte das Scharren von Stühlen und das Trappeln von Füßen, als auch die Höflinge aufstanden. Laut rülpsend stieg der König vom Podium, auf jeder Seite von einem Kammerdiener gestützt. Kurz darauf folgten More und Wolsey, die den Saal jedoch durch getrennte Ausgänge verließen.
    Nur Thomas Cromwell saß jetzt noch an der Tafel des Königs. Anne blickte auf und stellte fest, dass er sie mit abwägendem Blick ansah. Als sie ihre Augen nicht abwandte, erhob Cromwell sein Glas und lächelte.
    Der König ließ sie zwei Tage lang nicht zu sich rufen. Ganz im Gegensatz zu Minister Cromwell.
    Die kleine Gruppe, die sich auf dem Kiesstrand versammelt hatte, zählte, Kate eingeschlossen, nur vier Personen. Eigentlich hätten sie zu fünft am Signalfeuer warten sollen, aber Lady Walsh hatte John Frith, der Fieber hatte und vor Schwäche kaum stehen konnte, trotz seiner heftigen Proteste ins Bett geschickt.
    »Aber ich muss zu diesem Schiff. Sir Humphrey hat schon alles arrangiert. Und Tyndale erwartet mich doch«, hatte er gesagt. Er konnte sich kaum auf den Beinen halten, als er versuchte aufzustehen. »Wenn ich hierbleibe, bringe ich euch alle in große Gefahr.«
    Lady Walsh hatte mit ihrem Mann einen kurzen Blick gewechselt, woraufhin er Frith die Hand auf die Schulter legte und ihn wieder auf seinen Stuhl drückte.
    »Es wird ein anderes Schiff kommen. Ihr könnt Euch in diesem Zustand unmöglich auf den Weg machen. So werdet Ihr die Reise niemals überstehen.«
    »Und wenn Euch irgendetwas geschieht, wird William uns dafür verantwortlich machen. Auch wir sind ihm verpflichtet«, hatte Lady Walsh gesagt. »Wenigstens müssen wir dafür Sorge tragen, dass man sich um Euch kümmert, bis Ihr für die Reise kräftig genug seid.«
    Kate war dankbar für das wärmende Feuer. Die Kälte der Nacht drang durch den feinen Stoff ihres weiten Rocks und ihres dünnen Umschlagtuchs. Sie war dennoch froh, wieder ein Kleid zu tragen.
    »Es ist natürlich Eure Entscheidung, meine Liebe, aber ich sehe keinen Grund, weshalb Ihr nicht im Auftrag Eures Bruders handeln solltet«, hatte Lady Walsh gesagt, als sie ihr ein schlichtes Kleid aus grauer Wolle gab. »Hier. Ich denke, Ihr habt dieselbe Größe wie meine Tochter.« Sie schüttelte den Rock aus und legte eine Haube aus Spitze und ein Schultertuch dazu. »Ich kann Euch versichern, dass wir beide nicht die Einzigen in einem Rock sein werden, die auf das Boot warten. Viele Frauen hier ernähren ihre Kinder damit, dass sie das Tuch verkaufen, das sie in ihren Hütten weben. Sie sind keineswegs begierig darauf, die Ausfuhrsteuer des Königs zu bezahlen.«
    Kate hatte

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