Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)
sie ein Exempel statuiert haben – und einige von uns auf dem Scheiterhaufen brennen.« Seine Stimme klang ruhig und entschlossen. Er streckte die Hand nach den Büchern aus, die sie in ihren Armen hielt.
Sie dachte an die Übersetzer, die in ihrem selbstauferlegten Exil auf dem Festland lebten, und an die Schmuggler, die so viel riskiert hatten, um diese Bücher nach England zu bringen. Sie dachte an das Geld, das sie und ihr Bruder in diese Bücher investiert hatten.
»Dann willst du also einfach klein beigeben, John? Es ist nicht richtig, die Bücher zu verbrennen. Es ist ein Frevel, und es beleidigt jene, die für diese Sache schon so viel ertragen haben. Kardinal Wolsey und seine Leute mögen Bücher verbrennen. Wir tun so etwas nicht.« Sie merkte selbst, dass ihre Stimme immer schriller wurde.
John antwortete ihr in ruhigem Ton.
»Auch Humphrey Monmouth hat vor zwei Jahren Bücher verbrannt, als sie den Steelyard durchsucht haben und er in die Sache hineingezogen wurde. Als sie sein Haus durchsuchten, fanden sie keinerlei Beweise. Also mussten sie ihn wieder freilassen. Ich muss jetzt an Mary und den Kleinen denken. Und auch an dich«, sagte er vollkommen ruhig, aber seine Schritte waren hastig, und die Ader, die mitten über seine Stirn verlief, trat hervor wie eine blaue Schnur. »Wenn du recht hast und Wolsey und Cuthbert Tunstall eine andere Spur finden, die sie verfolgen können, dann werden sie uns schon bald vergessen, und wir können mehr davon drucken.«
Und was werden wir in der Zwischenzeit verkaufen? Wie sollen wir ohne Ware unseren Lebensunterhalt bestreiten? Sie sagte jedoch nichts. Sie hatten es offensichtlich nicht auf sie, sondern auf ihren Bruder abgesehen, also sollte er auch derjenige sein, der entschied, was zu tun war.
Er stieß ein leises, bitteres Lachen aus.
»Viele der Bücher, die Bischof Tunstall am St. Paul’s Cross verbrannt hat, hatte er zuvor mit Geldern der Kirche gekauft, damit es ein größeres Feuer gab. Tyndale verwendete dieses Geld dann, um eine umfangreichere und noch bessere Ausgabe zu finanzieren. Eine mit noch schärferen Kommentaren gegen den Papismus.« Er griff zum obersten Regalbrett, wo die Wycliffe-Bibel lag, die Bibel, die ihrer Urgroßmutter gehört hatte.
Sie packte sein Handgelenk. Jetzt war sie es, die in entschlossenem Ton sprach.
»Nicht diese Bibel, John. Die darfst du nicht verbrennen. Sie ist unersetzlich.«
Diesmal gab er nach. Stirnrunzelnd händigte er ihr die Bibel aus.
»Dann schaff sie fort von hier. Wenn sie dieses Haus durchsuchen, müssen alle geschmuggelten Bücher verschwunden sein. Alle, Kate. Hast du mich verstanden?«
Als sie die schwere Bibel in den Händen hielt, wischte sie den Staub ab und fuhr dabei über die rauen Kanten des ledernen Einbands, den die Ratten angenagt hatten. Vor diesem Ungeziefer war einfach nichts und niemand sicher.
»So, das war alles, ich bin mir sicher«, sagte John und sah sich um.
»Was ist mit der Lieferung aus Bristol?«, fragte Kate.
Er zuckte mit den Schultern.
»Die werde ich natürlich nicht mehr abholen. Das wäre viel zu gefährlich. Würde man mich auf frischer Tat ertappen, wo ich ohnehin schon Verdacht erregt habe …«
All die Bibeln im Meer versenkt, dachte sie, all die Arbeit umsonst, all diese teuer erkauften Worte, die nun zu Schaum werden, um die Fische zu füttern.
Das Feuer begann bereits zu verlöschen. Kate legte die Bibel zur Seite und nahm den Besen, um noch ein paar Glasscherben zusammenzufegen, die sie am vergangenen Abend beim Schein der Lampe übersehen hatte.
»Was hast du zerschlagen?«, fragte er, als er seinen Mantel anzog, um sich zum Gehen bereit zu machen.
»Nur einen Krug mit einem Köder, ich wollte eine Ratte fangen«, sagte sie.
Er stand in der Tür, seine Hand lag auf dem Riegel. Zum ersten Mal seit seiner Rückkehr spielte ein kleines Lächeln um seinen Mund.
»Ist die Ratte entkommen?«
»Verdammtes Ungeziefer.«
»Du fluchst zu viel. So wirst du nie einen Mann finden.«
»Dann werde ich an deinem Kamin sitzen und spinnen, bis ich ein graues, altes Weib bin.«
Das war ein alter Scherz zwischen ihnen. Neuerdings fand sie ihn jedoch nicht mehr so lustig.
»Hm«, brummte er wie üblich. Und wie sonst auch lag ein Lächeln auf seinem Gesicht.
»Grüß Mary und gib dem kleinen Pipkin einen Kuss von mir«, sagte sie.
Beide erschraken sie zutiefst, als plötzlich jemand mit einem stumpfen Gegenstand an die Tür hämmerte.
»Im Namen des
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