Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
hinzustellen. »Ihr entstammt einem starken Geschlecht, Mylady.«
»Darauf bin ich auch sehr stolz, Sire.«
»Ich schätze den Rat und die Unterstützung meiner Marshal- und Bigod-Vasallen sehr – vor allem, wenn sie so eine Augenweide sind. Auf Euer Wohl, Lady Bigod.« Er trank ihr zu, dann widmete er seine Aufmerksamkeit wieder ihrem Schwiegervater. Mahelt stellte den Becher ab, den sie zur Antwort erhoben hatte, ohne dass sie ihren Wein angerührt hatte.
Die Söldner des Königs und die Ritter der Burg sprachen Framlinghams Wein fleißig zu, und der Geräuschpegel schwoll in dem Maße an, in dem der Pegel in den Fässern sank. Als kleine Leckerbissen, Törtchen und Pasteten gereicht wurden, verlangten einige Männer, Roland le Pettour möge auftreten. Den Hofnarren mit seinen akrobatischen Kunststücken und skurrilen, schlüpfrigen Geschichten über Nonnen, Mönche und übersättigte, korrupte Staatsmänner fanden vor allem angetrunkene Männer ausgesprochen unterhaltsam, aber Mahelt hatte seine Vorstellung schon des Öfteren gesehen und glaubte nicht, dass sie sie heute Abend ertragen konnte. Deshalb bat sie, sich zurückziehen und davon überzeugen zu dürfen, dass es ihrer Schwiegermutter an nichts fehlte.
John musterte sie belustigt.
»Ihr habt kein Interesse an Musik und Poesie?«
»Derartige Vergnügungen überlasse ich einem weniger kritischen Publikum«, erwiderte Mahelt und flüchtete eilig aus der Halle.
Als sie Idas Kammer erreichte, verabschiedete sich Longespee gerade von ihr. Er beugte sich über das Bett und küsste seine Mutter auf die Wange.
»Ich habe mich so gefreut, dich zu sehen, mein Sohn.« Idas Stimme klang lebhaft, ihre Augen leuchteten. »Ich bin froh, dass Gott mir noch einmal die Gelegenheit dazu gegeben hat.«
»Ruh dich aus, und werde bald wieder gesund«, erwiderte Longespee.
»Ich gebe mir Mühe, ich möchte doch noch miterleben, wie dein Ruhm wächst. Grüße Ela und die Kinder, und gib ihnen einen Kuss von mir.«
Longespee versprach es ihr und machte Mahelt Platz. »Schwester.« Er nickte ihr zu.
Sie neigte den Kopf.
»Du kommst gerade noch rechtzeitig zu Roland le Pettours Vorstellung.«
Longespee rieb sich den Nacken.
»Ach, so weit ist es schon?«
»Leider.«
Er seufzte, schnitt eine Grimasse und ging hinaus.
Ida warf Mahelt einen schuldbewussten Blick zu, als sie ihren Schal zurechtzupfte.
»Ist es schlimm, die Gastgeberin für den König zu spielen?«
»Lieber würde ich mich mit Disteln auspeitschen.« Mahelt verzog das Gesicht, nahm die Krone ab, wickelte sie in Seidentücher ein und legte sie in die Truhe zurück. »Aber bislang ist es mir gelungen, höflich zu bleiben – allen anderen übrigens auch.« Sie setzte sich auf die Bettkante. »Trotzdem bin ich froh, wenn ich morgen sein Pferd von hinten sehe.« Sie fügte nicht hinzu, dass ihr die Art Angst machte, wie John sich in der Burg umsah – so, als liste er im Geist alles auf, was sie besaßen, und taxiere seinen Wert. Zwar hatte sie die Kinder vor ihm versteckt, aber sie fühlte sich dennoch nicht sicher.
Ida sah sie traurig an.
»John hat schon immer alle abgelehnt, die zwischen ihm
und seinem Vater standen. Sein Vater hat ihn sehr geliebt, aber es war nie genug für ihn. Wenn das Bedürfnis so groß ist, dann kann man so viel Liebe in eine Schale gießen, wie man will, ohne dass sie voll wird. Oder manchmal hat die Schale einen Sprung, durch den die ganze Liebe rinnt. Ich …« Sie brach ab. Ihre Augen schwammen plötzlich in Tränen. »Ach, ich bin eine törichte alte Frau.«
»Nein, Mutter, das bist du nicht«, widersprach Mahelt. »Ich wünschte, ich könnte so großzügig Liebe verschenken wie du.«
Ida schneuzte sich die Nase und lachte.
»Lieb von dir, das zu sagen, aber du schmeichelst mir zu sehr.« Sie zwinkerte heftig und schniefte. »Mein Sohn erzählte mir, dass sein Schiff Ende des Monats fertiggestellt sein wird und er im Sommer einen Feldzug in Poitou anführen soll. Er ist einer der vertrautesten Ratgeber des Königs.« Stolz leuchtete in ihren Augen, und Mahelt dachte, dass Idas Krankheit in gewisser Hinsicht ein Segen war. Wenn John auf alles und jeden eifersüchtig gewesen war, der zwischen ihm und seinem Vater gestanden hatte, dann musste er Ida während ihrer Zeit am Hof gleichfalls abgelehnt haben und tat es wahrscheinlich wegen ihrer emotionalen Bindung an Longespee heute noch.
Mahelt blieb noch eine Weile bei Ida, dann erhob sie sich, um sich in
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