Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
anstrengenden Feldzug in einem fernen Land aufbrachen, winkte mit beiden Armen und krähte fröhlich: »Auf Wiedersehen!«, was unter den Erwachsenen sowohl Tränen als auch Gelächter hervorrief. Die Vorreiter trieben ihre Pferde an und trabten mit erhobenen rot-goldenen Bannern zum Tor hinaus. Ihnen folgten die Burgritter mit Hugh in der Mitte, dann weitere Ritter, Sergeanten und Fußsoldaten. Michael, der Kaplan, saß auf seinem Maultier, seine tragbare Kapelle hatte er in Körben auf seinem Packpony verstaut. Das Rumpeln der Räder, das Klappern der Hufe und das Klirren der Rüstungen erfüllte den Hof wie Donnerhall und verklang allmählich in der Ferne. Schlammiges Wasser kräuselte sich in den Pfützen im Hof und bildete dann wieder eine glatte Oberfläche. Mahelt stieg zusammen mit den restlichen Mitgliedern des Haushalts auf die Brustwehr, um zuzusehen, wie die Kolonne kleiner und kleiner wurde und schließlich ganz aus ihrem Blickfeld verschwand.
»Papa fort?«, sagte der auf ihrer Hüfte sitzende Hugo. »Papa jetzt fort.«
Mahelts Kinn bebte. Zum ersten Mal hatte ihr Sohn Worte aneinandergereiht, und Hugh, der der Auslöser dafür war, hatte es nicht miterleben dürfen.
»Ja, Papa ist fort«, bestätigte sie, während sie ihre freie Hand auf den Kopf ihres anderen Sohnes legte. »Dein Bruder ist jetzt der Burgherr.«
33
Nantes, Poitou, Sommer 1214
Hugh kreuzte mit einem französischen Soldaten die Klinge, trieb ihn zurück und versetzte ihm einen Hieb mit dem Schwertgriff. Der Mann taumelte zur Seite, Hugh trieb seinen Hengst weiter und bahnte sich einen Weg durch das Gewimmel von Menschenleibern. Die Hochsommerhitze brannte auf sein Kettenhemd nieder, und sein Schädel fühlte sich an, als stecke er in einem Kessel mit flüssigem Blei. Er atmete schwer durch den Mund, sein Hals glich einem Feuertunnel. Blut tropfte aus einer Wunde an seinem rechten Handgelenk, die er sich kurz zuvor zugezogen hatte. Stotts unerschütterliche, massive Kraft bewährte sich einmal mehr, als Hugh ihn vorwärtsdrängte.
»À moi! «, brüllte er den Rittern zu, die rings um ihn herum den Staub aufwirbelten. »Bigod, à moi! «
König John hatte den Vorstoß befohlen. Er wollte den Franzosen unbedingt die Hafenstadt Nantes entreißen. Hugh und die Bigod-Truppen befanden sich mitten im dichtesten Kampfgetümmel. Die Bürgerwehr konnte dem Ansturm nicht standhalten und zog sich nach Nantes zurück, aber die Garnison zeigte mehr Rückgrat, und der Kampf brandete erneut auf, als die Männer sich um einen ihrer Kommandanten scharten und auf den Feind eindrangen. Die Fläche rund um die rot-gelbe Bigod-Standarte wurde zu einem Meer erbitterter Zweikämpfe. Ein Fußsoldat packte Hugh und versuchte ihn aus dem Sattel zu zerren, doch Hugh streckte ihn nieder und gab Stott die
Sporen. Der Hengst bäumte sich auf und sprang auf den Hinterbeinen vor. Hugh hackte sich mit Schwerthieben den Weg frei, ließ das Schlachtross eine enge Wendung machen und jagte erneut auf die Gegner los. Die Schlachtgeräusche glichen dem Dröhnen eines aufgewühlten Ozeans, und er kam sich vor wie ein in der Brandung umherwirbelnder Stein.
Ein Ritter lenkte sein Pferd auf ihn zu. Sein erhobener Schild trug das blau-goldene Wappen von Dreux, sein dazu passender Überwurf war zerrissen und mit Blut bespritzt. Ein Mitglied des Königshauses und kein Geringerer als König Philips Vetter. Hugh wandte sich zu ihm und fing den ersten Hieb von Dreux’ Schwert mit seinem Schild ab. Holz splitterte, und er wurde unter der Wucht des Aufpralls rücklings in den Sattel gepresst. Im nächsten Moment ging er zum Gegenangriff über. Stott schnappte nach Dreux’ Pferd, sodass der Kampf jetzt nicht mehr nur mit Schwert und Schild, sondern auch mit Hufen, Zähnen und der Muskelkraft der beiden Hengste ausgetragen wurde. Hugh registrierte, dass Hamo Leinveise zu seiner Rechten focht und das Bigod-Banner als Lanze benutzte. Seine Brüder Roger und William waren zu seiner linken Seite. Der Anblick der Bigod-Farben spornte ihn an, und er verdoppelte seine Anstrengungen. Dreux war ein guter Kämpfer – und genau dieser Umstand hatte ihn von seinen Truppen getrennt. Als die Bigod-Soldaten einen Ring um ihn bildeten und immer näher rückten, erkannte er die Gefahr, in der er schwebte, aber für einen Rückzug war es zu spät, er war bereits umzingelt.
»Ich ergebe mich!«, brüllte er. »Ich bin Robert de Dreux, der Vetter des Königs, und ich ergebe mich!« Er
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