Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
wie sie sie zu ersticken drohte.
»Ich bin die Frau eines Bigod«, erwiderte sie steif. »Meine Verantwortung gilt diesem Haushalt und allen, die damit zu tun haben. Was würden die anderen über eine solche räumliche Trennung denken? Was würden unsere Kinder denken? Dass du mich nicht mehr willst? Ich dir nichts mehr bedeute?«
Er sah sie entsetzt an.
»Großer Gott, nein! Warum musst du immer alles verdrehen?«
»Das tue ich nicht. Es war von Anfang an verdreht.«
»Dann lass es uns entwirren … ich bitte dich.«
»Ist es denn das, was du willst – eine Trennung?«
Er schüttelte nachdrücklich den Kopf.
»Auf keinen Fall! Ich dachte, es wäre dein Wunsch, und ich wollte dir die Entscheidung überlassen. So fiele kein Schatten auf deine Ehre.«
»Erwartest du, dass ich dir dafür danke oder besser von dir denke?«
Hugh maß sie mit einem verzweifelten Blick.
»Nein. Ich erwarte es nicht, hoffe aber – vermutlich vergebens – darauf. Denk darüber nach. Wenn ich aus dem Norden zurückkehre, frage ich dich noch einmal.« Er wandte sich zur Halle. Mahelt ging schweigend neben ihm her. Ihr Leben war in der Tat vollkommen verdreht, dachte sie, aber statt dass es sich allmählich entwirrte, begann es sich aufzulösen.
Idas Atem war kaum noch zu spüren, und ihre Hände fühlten sich so kalt und zerbrechlich an wie die Klauen eines Spatzen im Winter. Während Hugh ihre Hand hielt, erinnerte er sich an ihr Geschick im Umgang mit der Nadel. Er erinnerte sich an ihre Umarmungen, wenn sie ihn an sich gezogen oder mit bedingungsloser Liebe gestärkt auf seinen Weg geschickt hatte – etwas, was er nie wieder erleben würde. Hinter dem offenen Fenster erstrahlte ein heller Herbstmorgen. Die Blumen aus dem Garten standen in einem Krug in der Nische, und eine frische Brise vertrieb den Geruch von Weihrauch und Krankheit.
Pater Michael kniete neben dem Bett, ließ die Perlen seines Rosenkranzes zwischen den Fingern hindurchgleiten und betete mit sonorer Stimme die Sterbegebete. Hughs Brüder waren leise hereingekommen, doch sein Vater ließ sich immer noch nicht blicken. Roger und Hugo wurden von Orlotia in die Kammer geschoben und gesellten sich mit großen, ernsten Augen zu ihren Eltern. Hugo machte Anstalten, eine Frage zu stellen, besann sich aber und legte einen Finger auf seine Lippen.
Idas Kopf bewegte sich auf dem Kissen. Es war offensichtlich, dass sie zwar bei Bewusstsein, aber zu schwach war, um die Augen zu öffnen. Doch sie hauchte ein Wort.
»Sie will Großvater sehen«, sagte Hugo laut.
Mahelt hatte neben Hugh gesessen, gebetet und gelegentlich tröstende Worte gemurmelt, jetzt erhob sie sich und ging hinaus.
Sie fand ihren Schwiegervater in seiner Kammer, wo er auf einem Stuhl saß und die letzte Stickerei betrachtete, an der Ida gearbeitet hatte. Es war ein Hutband mit einem grünen Blättermuster. Ein Hase spähte keck hinter dem Blattwerk hervor.
»Sir«, sagte Mahelt. »Ihr müsst jetzt kommen.« Als er nicht reagierte, fügte sie hinzu: »Es ist Eure Pflicht. Ihr habt mich oft genug an die meinen erinnert. Jetzt erinnere ich Euch an Eure.«
Sie sah, wie er die Zähne zusammenbiss.
»Ich kann nicht.«
»Sie fragt nach Euch. Wollt Ihr sie enttäuschen?«
Einen Moment lang dachte sie, er würde sie erneut unwirsch zurechtweisen, aber er erhob sich und holte tief Atem.
»Du hast Recht, Tochter. Ich bin es ihr schuldig. Ich mag dich dafür nicht lieben, aber du mahnst mich zu Recht.« Mit schleppenden Schritten begab er sich in die Kammer seiner Frau. Mahelt hielt sich dicht neben ihm, um ihn notfalls zu stützen, und hatte das Gefühl, dass sie gewachsen und er geschrumpft war.
Als der Earl eintrat, räumte Hugh augenblicklich seinen Platz am Bett und bedeutete seinem Vater, sich zu setzen. Der Earl schwankte, als er auf dem Klappstuhl Platz nahm, fasste sich aber sofort. Langsam nahm er seinen Hut ab und entblößte sein schütteres, silbernes Haar. Dann beugte er sich vor und nahm Idas Hand.
»Was?«, sagte er mit heiserer Stimme. »Du willst mich verlassen,
ohne deine Arbeit zu vollenden?« Er schob das Band, das er umklammert hatte, unter ihre andere Hand.
Ida gab einen leisen Laut von sich und wandte ihm den Kopf zu. Ihre Hand schloss sich um die Stickerei.
»Ich möchte nicht gehen«, flüsterte sie, »aber wenn der Faden durchtrennt ist, findet etwas sein Ende, auch wenn es unvollendet bleibt. Du solltest das wissen. Es tut mir leid, dass ich meine Pflichten
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