Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
Irland besucht und dort die Beziehung zwischen ihm und den einheimischen Lords empfindlich beeinträchtigt hatte, indem er betrunken an ihren Bärten gezogen hatte, um sich zu vergewissern, dass sie echt waren. Aus diesem Fehler hatte er scheinbar gelernt, denn er ließ König Cathal gegenüber all seinen Charme spielen. Er wusste, dass er auf die Gunst der irischen Lords angewiesen war, die sich mit ihm verbünden und die Macht seiner Vasallen beschneiden sollten.
John überreichte ihm Brunet. Der Hengst trug ein auffallendes Geschirr mit Silbersternen am Brustband. Juwelen glitzerten am Knauf und der Hinterpausche des hohen Kriegssattels. Hugh knirschte mit den Zähnen, als der kleine Ire eine Hand auf Brunets Nüstern legte und liebevoll in seiner Sprache auf das Tier einsprach. Er streichelte den kräftigen, gebogenen
Hals und kraulte den Hengst genau an der Stelle unter dem Kinn, die er so gern am Rand der Stalltür rieb. Dann nahm er ihm zum allgemeinen Erstaunen Zaumzeug und Sattel ab und wies einen seiner Gefolgsmänner an, ein Seilhalfter zu bringen.
Einer von Mahelts irischen Verwandten, ein stämmiger, dunkelhaariger junger Mann namens Domnal, gesellte sich zu ihm.
»Jetzt wirst du die wahre Reitkunst meiner Landsleute zu sehen bekommen«, verkündete er stolz. »Eure Ritter sind ja in ihren Rüstungen sehr schön anzusehen, und sie reiten frenetisch in die Schlacht – aber können sie den Wind einfangen?«
Hugh sah zu, wie Cathal Brunets Mähne packte und sich geschmeidig auf den nur mit einer Satteldecke bedeckten Rücken des Hengstes schwang.
»Er reitet wie ein Kind auf seinem ersten Pony«, meinte er geringschätzig.
Domnal schüttelte den Kopf.
»Nein, Mylord, er reitet wie ein Ire. Wir haben andere Methoden als ihr Normannen, damit uns unsere Pferde gehorchen. Wir kämpfen leicht bewaffnet, wir sind Kobolde, keine Riesen. Wozu brauchen wir solchen Schmuck?«
»Aber an unseren Pferden findet ihr scheinbar großen Gefallen«, knurrte Hugh.
Domnal lächelte leicht.
»Ein gutes Pferd ist und bleibt ein gutes Pferd. Euer König ist ein kluger Mann. Er weiß sehr wohl, dass ein so kostbares Geschenk den Empfänger zu einer Gegenleistung verpflichtet – in diesem Fall, sich auf seine Seite zu stellen. Er treibt seine Beute in den Pferch, und die, die draußen bleiben, werden als Wölfe betrachtet.«
Hugh grunzte.
»Man kann wohl kaum alle innerhalb des Pferchs als Schafe bezeichnen.«
Domnal kicherte.
»Das nicht, aber sie wissen, wer das Rudel ernährt und anführt.«
Die Armee verließ Kilkenny auf der Straße Richtung Norden, um die Verfolgung der de Laceys und de Braoses aufzunehmen. König Cathal ritt an Johns Seite und lenkte Brunet nur mit Halfter und Schenkeldruck. Trotz seines Ärgers musste Hugh zugeben, dass nur wenige normannische Edelleute imstande wären, ein so feuriges Pferd auf diese Weise unter Kontrolle zu halten. So ritt man seiner Meinung nach nur zum Fluss hinunter oder vom Feld zum Stall zurück, aber für eine längere Reise oder einen Feldzug würde kein Normanne einen solchen Reitstil in Erwägung ziehen. Hugh prägte sich genau ein, wie Cathal mit dem Hengst umging, damit er seinem Vater davon berichten konnte. Außerdem wollte er es selbst ausprobieren und diese Fertigkeit später seinem Sohn beibringen, sobald er alt genug war. Seine Züge verhärteten sich, als er daran dachte, dass er dem Jungen auch einiges über Loyalität und Ehre beibringen würde – und darüber, wie man Familienbande zu achten hatte.
23
Framlingham, September 1210
Mahelt saß in ihrer Kammer auf der Kaminbank, streckte die bloßen Füße zu dem niedrigen Feuer hin und entspannte sich. Es war schon spät. Sie hatte ihre Zofen davongeschickt und trank vor dem Zubettgehen einen letzten Becher Wein. Tripes hatte sich, die Schnauze auf die Pfoten gelegt, in einer Ecke neben dem Kamin zusammengerollt und wimmerte ab und an, während er im Traum imaginäre Ratten und Mäuse jagte.
Sie hatte den ganzen Tag die Vorbereitungen für das Erntefest überwacht und nicht nur den Dienstboten Anweisungen erteilt, sondern auch selbst mit Hand angelegt, und war jetzt angenehm müde. Während der letzten Wochen hatte sie immer mehr die täglichen Pflichten einer Burgherrin übernommen, da Ida unter einer Erkältung gelitten und Mahelt die Verantwortung für den Haushalt überlassen hatte.
Aus Irland hatte sie nichts gehört, machte sich aber deswegen keine Gedanken, denn sie wusste, dass
Weitere Kostenlose Bücher