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Die Enklave

Die Enklave

Titel: Die Enklave Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ann; Pfingstl Aguirre
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Stufen führten nach oben, in der Mitte von einer metallenen Absperrung unterteilt. Bleich ging voraus, und wir kletterten hinauf zur Oberfläche. Es ging viel schneller, als ich erwartet hatte. Wenn sie in der Enklave gewusst hätten, wie kurz der Weg nach Oben war, hätte das einigen Leuten sicher ein paar schlaflose Nächte beschert.
    Je höher wir kamen, desto stärker veränderte sich die Luft. Sie bewegte sich auf meiner Haut und brachte neue Gerüche
mit, bis die Treppe vor einem Haufen Steine abrupt endete. Der Wind konnte dort hindurchschlüpfen, aber keine Menschen. Einen Moment lang standen wir regungslos da. Unser Versuch zu entkommen, bevor wir dem ersten Jäger-Team über den Weg liefen, schien gescheitert.
    »Dann müssen wir es doch bei den Tunnelbewohnern versuchen«, sagte ich.
    »Und falls das auch nicht klappt … Ich glaube, die Stufen in der Nähe des Raums, in dem du die Bücher gefunden hast, müssten auch nach Oben führen.«
    Das wäre der halbe Weg bis nach Nassau. Bei dem bisschen Proviant, mit dem Zwirn uns ausgestattet hatte, war das fast nicht zu schaffen. Je näher wir der toten Siedlung kamen, desto größer das Risiko, den Freaks in die Arme zu rennen. Aber wir hatten keine andere Wahl. Ich ging die Stufen wieder hinunter, Bleich dicht hinter mir, und wir quetschten uns erneut an dem Metalltor vorbei.
    »Weißt du den Weg von hier noch?«, fragte ich.
    »Es ist nicht besonders weit.«
    Relativ gesehen. Mehrere Stunden marschierten wir in raschem Tempo. Weit entfernte Geräusche hallten durch die Tunnel, aber wir sahen keine Freaks. Unsere Patrouillen hatten das Gebiet in den letzten Tagen gründlich gesäubert.
    Als wir den Tunnel erreichten, in dem ich Bleich verloren hatte, begann ich zu zählen, bis wir nach der entsprechenden Anzahl von Schritten die Stelle erreichten, an der Jengu mich gepackt hatte, wie ich glaubte. Ich fuhr mit den Fingern über die Mauer, bis ich die losen Steine fand, und drückte dagegen. Einer löste sich und fiel krachend zu Boden. Zwei große Augen starrten mich durch das Loch hindurch an.

    »Zwei.« Ich erkannte Jengus Stimme sofort.
    Er machte einen Spalt frei, der breit genug war, dass wir beide hindurchpassten. Während wir durch den schmalen, niedrigen Gang weiterliefen, hörte ich, wie Jengu hinter uns das Loch sofort wieder zumachte: Sie gaben den Freaks keinerlei Hinweis, dass sie hier waren. Dies war sicher nicht der einzige Eingang, aber der einzige, den wir kannten. Als wir den nächsten größeren Raum erreichten, starrten die anderen Tunnelbewohner Bleich und mich an, sagten aber nichts. Sie waren offenbar unverletzt, und eine Last hob sich von meinen Schultern.
    »Ham nich e’wartet, euch so f ’üh wie’erzusehn«, sagte Jengu mit einem freundlichen Lächeln.
    »Gab es irgendwelche Probleme mit dem Tauschteam?«, fragte Bleich.
    Jengu grinste. »Nich, nachdem wir klargemach’ ham, dass sie nur reinkomm’, wenn sie zuerst Fisch gebm. Un’ die Fresser sie sons’ vielleich’ vorher find’n.«
    Erleichterung durchströmte mich. Klugheit war auch eine Form von Stärke. Die Tunnelbewohner waren ebenbürtige Handelspartner für die Enklave. »Wie viel haben sie mitgenommen? «
    Jengu zuckte die Achseln. »Viel. Wir brauchn’s nich. Kann man nich ess’n.«
    Das hatte ich mir gedacht. Bleich lächelte. »Wir wollten euch warnen, ihnen nicht blind zu vertrauen, aber es sieht so aus, als wärt ihr ihnen einen Schritt voraus.«
    »Trau nie nieman’ ganz«, erwiderte Jengu gelassen. »Abe’ Fisch is Fisch.«
    Sie boten mir eine Schüssel mit irgendwas Dampfendem
darin an, aber ich lehnte ab. Es roch nicht besonders gut. Eher hätte ich den Rest des getrockneten Fleisches gegessen und das abgestandene Wasser getrunken, das Zwirn mir gegeben hatte. Doch zuerst hatten wir noch ein paar Dinge zu besprechen.
    »Wir müssen die Tunnel verlassen«, sagte ich.
    Jengu neigte den Kopf. Sein Gesicht sah besorgt aus.
    Ich sprach weiter: »Wir bitten gar nicht darum, dass ihr uns eure geheimen Tunnel benutzen lasst, aber wenn ihr uns zumindest die Richtung zeigen könntet, wären wir sehr dankbar.«
    Jengu dachte nach. »Da’ kann ich. Abe’ sie« – er deutete mit dem Kopf auf die anderen Tunnelbewohner – »wer’n wissn wolln, wie ih’ bezahlt.«
    Daran hatte ich nicht gedacht. »Was wollt ihr?«
    »Wa’ hab’ ihr?«, erwiderte er.
    Ich zuckte mit den Schultern und leerte den Inhalt meines Beutels auf den Boden. Die Fackeln waren hell genug,

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