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Die Enklave

Die Enklave

Titel: Die Enklave Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ann; Pfingstl Aguirre
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die Tür, und dahinter kamen Stufen zum Vorschein, die weiter hinaufführten.
    »Ich dachte mir schon, dass es hier noch eine weitere Ebene geben muss«, murmelte er und lief die Stufen hinauf.
    Ich war nicht sicher, ob es eine so gute Idee war, noch weiter hinaufzugehen, aber noch viel weniger wollte ich alleine hier unten bleiben. Aus reiner Gewohnheit zählte ich die Stufen auf dem Weg nach oben, obwohl ich auch so alles gut erkennen konnte.
    Die Treppe führte zu einem Raum, der den Namen Privatparzelle auch wirklich verdient hatte. Verglichen mit dem, was ich gewohnt war, war er unfassbar luxuriös. In der Enklave hätten nur die Ältesten einen so schönen Raum bekommen, aber keinen so großen. Er war mindestens fünf Meter lang und genauso breit. Ein paar der Gegenstände darin erkannte ich als Möbel, aber ich musste Bleich fragen, wie sie hießen.

    Ich verging fast vor Scham, während er grinsend auf die Möbel zeigte und sagte: »Sofa. Stuhl. Tisch.«
    Das Sofa fühlte sich fantastisch an, als ich mich hineinsinken ließ, trotz des muffigen Geruchs. Nicht einmal meine Matratze war so weich gewesen. Ich lehnte den Kopf zurück und schloss die Augen, während Bleich sich weiter umsah.
    »Hier ist noch ein Raum«, sagte er. »Das macht einen für jeden von uns.«
    »Ich nehm das Sofa.«
    Bleich setzte sich neben mich. »Du wolltest mich vorhin ein paar Sachen fragen.«
    Das klang wie eine Einladung, als könnte ich ihn fragen, was immer ich wollte. »Du wurdest Oben geboren … wie lange hast du hier gelebt?«
    »Acht oder neun Jahre vielleicht. Und dann, nachdem mein Dad tot war, wurde es zu gefährlich. Sie haben mich gejagt, und ich bin geflohen, nach Unten, in die Tunnel, wo ich dann … wo ich mich irgendwie verloren habe.« Sein Blick wurde finster, distanziert, als müsste er vorsichtig sein mit diesen Erinnerungen.
    Ich erinnerte mich, wie er gewesen war, als die Jäger ihn gefunden hatten, kaum noch ein Mensch. Wenn man jahrelang allein in der Dunkelheit lebte, musste man wohl so werden. Wieder staunte ich, dass er überlebt hatte.
    »Warum bist du bei uns geblieben, wenn du dich schon den Gangs nicht anschließen wolltest?«
    »Die Ältesten ließen mir keine Wahl«, erwiderte er. »Na ja, vielleicht schon. Nachdem die Jäger mich gefangen hatten, sagten sie, ich könnte entweder für sie kämpfen oder sterben.«

    »Oh.« Kein Wunder, dass er uns hasste. Wir hatten ihn als Gefangenen gehalten.
    »Jetzt bin ich größer, und ich habe gelernt, mich zu verteidigen. Wenn wir jetzt den Gangs begegnen, wird es anders sein als früher.«
    »Was ist so schlimm an ihnen? Ich meine, verglichen mit der Enklave?«
    Bleich wandte mir sein Gesicht zu, seinen Arm hinter meinem Kopf auf das Sofa gelegt. »Du erinnerst dich noch an die Regeln, an die du geglaubt hast? Dass sie dazu da sind, uns zu beschützen, und die Ältesten nur das Beste für alle wollen?«
    Ich nickte, obwohl ich innerlich zusammenzuckte. »Warum, was ist damit?«
    »Die Gangs haben überhaupt keine. Es ist … fürchterlich, Zwei. Mein Vater hatte Waffen, deshalb haben sie uns in Ruhe gelassen. Und als er tot war, wollten sie mich holen. Aber sie behandeln ihre Bälger nicht immer gut. Manchmal …« Mit starrem Blick schaute er mich an, als flehe er, ihn nicht danach zu fragen.
    Ein Schauer lief durch meinen Körper. »Schon gut.«
    In der Enklave war es ein paarmal vorgekommen, dass Zeuger so etwas mit ihren Bälgern machten, und als die Ältesten es entdeckten, wurden sie nicht nur verbannt, man fügte ihnen auch Schnittwunden zu, damit die Freaks sie schneller fanden.
    »Jetzt weißt du, warum ich nicht zu den Gangs wollte.«
    Ich wäre auch eher im Kampf gestorben, als das über mich ergehen zu lassen. »Erzähl mir, was du über die Gangs weißt. Womit wir es zu tun bekommen.«

    »Sie werden sich mit dir fortpflanzen wollen«, sagte Bleich, ohne mich anzusehen. »Das Einzige, was einem bleibt, ist, zu töten und immer weiter zu töten, bis niemand mehr übrig ist, der einem etwas anhaben kann.«
    »Dann ist es hier nicht wie in der Enklave, wo Alter ein Zeichen von Weisheit ist?«
    Bleich lachte. »Nein. Wir gehören hier zu den Ältesten. Die Menschen leben hier nicht sehr lange.«
    »Aber sie sterben nicht an Krankheit oder Altersschwäche. «
    »Nein. In den Gangs bringen sie dich um, weil du etwas hast, das ein anderer haben will, oder weil du ihnen im Weg bist.«
    »Also müssen sie sich oft fortpflanzen, um das auszugleichen.

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