Die Entdeckung der Erde
schwer zu beklagen hatte. Begierig, sich Nothhäfen und Verproviantirungsplätze zu beschaffen, richtete er hier Comptoirs ein und legte auch den ersten Grund zu Befestigungen. Von dem Scheikh von Guiloa zog er einen namhaften Tribut ein und segelte hierauf nach der Küste von Hindostan ab.
Er befand sich auf der Höhe von Cananor, als er am 3. October 1502 ein Fahrzeug von großem Tonnengehalt in Sicht bekam, in dem er eine reiche Ladung vermuthete. Es war das der »Merri«, der von Mekka eine aus allen Theilen Asiens zusammengeströmte Pilgerschaar zurückführte. Gama griff das Schiff ohne alle Ursache an, eroberte dasselbe und überlieferte mehr als dreihundert Menschen, die jenes trug, einem grausamen Tode. Nur zwanzig Kinder blieben verschont und wurden nach Lissabon mitgenommen und getauft, später aber der portugiesischen Armee eingereiht. Dieses abscheuliche Blutbad, das man nur unter Berücksichtigung der Denkungsweise jener Zeit erklärlich findet, sollte Gama’s Meinung nach auf die Hindus einen heilsamen Schrecken ausüben. Vergeblich. Jene häßliche und vollkommen nutzlose Grausamkeit hat nur einen Flecken auf den bis dahin so reinen Namen des großen Admirals geworfen.
Nach seiner Ankunft in Cananor hatte Gama eine Unterredung mit dem Rajah, in welcher er das Zugeständniß auswirkte, eine Factorei und ein Fort anzulegen; gleichzeitig ward ein Offensiv-und Defensiv-Vertrag abgeschlossen. Die nöthigen Arbeiter wurden angestellt und ein Factor eingesetzt, dann aber segelte der Admiral nach Calicut ab, um von dem Zamorin wegen seiner Illoyalität und der Ermordung der in der Factorei gefangenen Portugiesen Rechenschaft zu fordern.
Obwohl er von der Annäherung seiner furchtbaren Feinde Nachricht erhielt, traf der Rajah von Calicut doch keinerlei militärische Maßregeln zu seinem Schutze. Auch konnte Gama, als er vor der Stadt erschien, sich, ohne Widerstand zu finden, der am Hafen verankerten Schiffe bemächtigen und über hundert Gefangene machen; dann gewährte er dem Zamorin eine Frist von vier Tagen, den Portugiesen wegen Ermordung Correa’s Genugthuung zu leisten und den Werth der bei jener Gelegenheit geraubten Waaren zu ersetzen.
Die zugestandene Frist war kaum abgelaufen, als auch schon die Körper von fünfzig Gefangenen an den Raaen der Schiffe schaukelten, wo sie den ganzen Tag über der Stadt zur Schau gestellt blieben. Gegen Abend schnitt man diesen ersten Opfern noch die Hände und Füße ab, welche nach der Stadt geschickt wurden, gleichzeitig mit einem Briefe und der Drohung des Admirals, daß er seine Rache nicht auf diese Execution beschränken werde. Unter dem Schutze der Nacht legten sich die Schiffe sehr nahe vor die Stadt und beschossen dieselbe drei Tage lang. Man wird zwar niemals etwas über die Zahl der hierbei gefallenen Opfer erfahren, doch muß sie ohne Zweifel eine sehr große gewesen sein. Ohne Rücksicht auf Diejenigen, welche den Geschossen der Artillerie und den Kugeln der Musketen unmittelbar unterlagen, wurde eine große Menge Hindus entweder begraben unter den Ruinen der zusammenbrechenden Häuser oder kam bei der Feuersbrunst, welche einen Theil von Calicut zerstörte, elend in den Flammen um. Als einer der Ersten entfloh der Rajah aus seiner Hauptstadt, und that sehr wohl daran, denn sein Palast gehörte unter die demolirten Gebäude.
Endlich schlug Gama den Kurs nach Cochin wieder ein, nachdem er jene früher so wohlhabende und volksreiche Hauptstadt in einen Haufen von Trümmern verwandelt, seine Rache dadurch gekühlt hatte, und auch der Ueberzeugung geworden war, daß diese Action nicht ohne Nutzen sein werde. Doch ließ er aus Vorsicht und zur Fortsetzung der Blockade Vincent Sodres mit einigen Schiffen vor dem Hafen zurück.
Triumpara, der Herrscher von Cochin, theilte ihm mit, daß er vom Zamorin wiederholt gedrängt worden sei, sich das Vertrauen, welches die Portugiesen zu ihm hätten, zunutze zu machen, um sich derselben zu bemächtigen; der Admiral aber schenkte ihm als Anerkennung dieser Rechtlichkeit und Loyalität, die seinen Alliirten der Feindschaft des Rajah von Calicut aussetzte, bevor er mit einer reichen Ladung nach Lissabon absegelte, mehrere Schiffe, die ihm bis zur Ankunft eines neuen portugiesischen Geschwaders die nöthige Sicherheit verliehen.
Der einzige Zwischenfall, der Gama’s Rückfahrt nach Europa unterbrach, war die Niederlage einer malabrischen Flotte, welche er unterwegs traf. Am 20. December 1503 langte er dann in der
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