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Die Entdeckung der Erde

Die Entdeckung der Erde

Titel: Die Entdeckung der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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und seine Thronbesteigung durch zahllose Menschenopfer gefeiert.
    Der Kaiser Montezuma gehörte der Priesterkaste an und gerade seine Machtbefugniß hatte vielerlei Erweiterungen erfahren. Durch zahlreiche Kriege hatte er die Grenzen des Landes immer weiter hinausgerückt und Nationen unterjocht, welche nun die Spanier mit Freuden empfingen, deren Herrschaft ihnen weniger drückend und minder grausam als die der Azteken erschien.
    Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Spanier, wenn Montezuma mit allen ihm zu Gebote stehenden Kräften sie überfallen hätte, als sie auf der heißen und ungesunden Ebene von Vera-Cruz lagerten, einem solchen Stoße trotz der Ueberlegenheit ihrer Waffen und Disciplin nicht hätten Widerstand leisten können, Sie wären dabei alle umgekommen oder doch genöthigt gewesen, wieder zu Schiffe zu gehen. Das Schicksal der Neuen Welt wäre dann wohl ein anderes geworden.
    Montezuma aber, der niemals genau wußte, was er thun sollte, fehlte vor Allem jene Entschlossenheit, die einen hervorragenden Zug in Cortez’ Charakter bildet.
    Inzwischen hatten sich andere Gesandte des Kaisers nach dem spanischen Lager begeben, mit dem Befehl an Cortez, das Land unverzüglich zu verlassen; auf dessen Weigerung hin aber wurden alle Beziehungen mit den Eingebornen sofort abgeschnitten. Die Situation schleppte sich hin. Cortez verstand sie auszunützen. Nach Besiegung einiges Zauderns im Schooße seiner Truppen ließ er den Grundstein zu Vera-Cruz legen, eine Festung, die ihm als Operationsbasis, im Nothfalle aber wenigstens als Rückhalt dienen sollte, nm eine Wiedereinschiffung zu ermöglichen. Er organisirte sofort eine Art Civilregierung, eine Junta, wie man sich heute ausdrücken würde, der er seine von Velasquez zurückgenommenen Aufträge vorlegte, und ließ sich – Alles im Namen des Königs – neben weiteren Provisionen auch die ausgedehntesten Vollmachten geben. Dann empfing er die Abgesandten der Stadt Zempoalla, welche ein Bündniß mit ihm und seinen Schutz gegen Montezuma begehrten, dessen Joch man nur mit Unwillen ertrug.
    Gewiß war es ein besonderes Glück, schon in den ersten Tagen nach der Landung solche Verbündete zu finden. Cortes wollte sich auch diese gute Gelegenheit nicht entgehen lassen und nahm die Totonaken möglichst freundlich auf, begab sich nach deren Hauptstadt und beschloß, nachdem er eine Befestigung in Quiabislan am Meeresufer erbaut, die Zahlung von Zöllen zu verweigern. Seinen Aufenthalt in Zempoalla benutzte er auch dazu, das Volk zur Annahme des Christenthums zu ermahnen, und stürzte ihre Götzenbilder um, wie er es schon in Cozumal gethan hatte, um den Bewohnern die Ohnmacht ihrer Götter vor Augen zu führen.
    Währenddem wurde in seinem eigenen Lager ein Complot geschmiedet, und da er die Ueberzeugung hatte, daß er ebenso lange gegen die Lässigkeit und Unzufriedenheit seiner Soldaten anzukämpfen haben werde, als noch eine Möglichkeit vorlag, nach Cuba zurückzukehren, ließ Cortez seine Schiffe auf den Strand setzen unter dem Vorgeben, daß sie alle in zu schlechtem Zustande seien, um noch ferner Dienste zu leisten. Gewiß ein Act wahrhaft unerhörter Kühnheit, der seinen Begleitern nur noch die Wahl ließ, zu siegen oder zu sterben.
    Da er nun von dem Ungehorsam seiner Leute nichts mehr zu fürchten hatte, brach Cortez am 16. August von Zempoalla aus mit fünfhundert Soldaten, fünfzehn Pferden und sechs Stück Feldgeschützen auf, ungerechnet zweihundert indianische Träger, welche die niederen Arbeiten verrichten sollten.
    Bald erreichte er die Grenzen der kleinen Republik Tlascala, deren wilde Eingeborne als Feinde jeder Knechtschaft schon lange mit Montezuma im Streite lagen. Cortez schmeichelte sich, daß seine so vielmal öffentlich erklärte Absicht, die Indianer Mexicos zu befreien, ihm die Tlascalanen in die Arme führen und zu seinen Verbündeten machen würde. Er begehrte also den Durchzug durch ihr Gebiet, um nach Mexico zu gelangen. Seine Abgesandten wurden aber einfach zurückgehalten, und als er in das Innere eindrang, mußte er vierzehn Tage hintereinander Tag und Nacht die unablässigen Angriffe mehrerer Heerhaufen von zusammen 30.000 Tlascalanen aushalten, die eine solche Kühnheit und Zähigkeit entwickelten, wie sie den Spaniern in der Neuen Welt noch niemals vorgekommen war.
    Die Waffen dieser Wackeren waren aber gar zu primitiver Art. Was vermochten sie auszurichten mit ihren Pfeilen und mit Obsidian oder Fischknochen besetzten

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