Die Entdeckung der Erde
gekommen war, habe den heimlichen Auftrag erhalten, aus den Plänen, Karten, Instructionen und Projecten Cabot’s Alles auszuscheiden, was für Spanien nützlich sein zu können schien. Thatsächlich sind diese Documente bis heute verloren, wenn sie sich nicht in den Archiven von Simancas wiederfinden sollten.
Von diesem Zeitpunkt ab verliert die Geschichte den alten Seemann gänzlich aus den Augen. Dasselbe Geheimniß, welches über seine Geburt waltet, verschleiert auch den Ort und die Zeit seines Todes. Seine großartigen Entdeckungen aber, seine kosmographischen Arbeiten, die Studien über die Abweichung der Magnetnadel, seine Gelehrsamkeit, Menschlichkeit und fleckenlose Ehrenhaftigkeit sichern Sebastian Cabot jedoch für immer eine hervorragende Stelle unter den Entdeckungsfahrern aller Zeiten. Während sein Bild bis in unsere Tage von dem Dunkel und der Woge der Legende verhüllt blieb, verdankt es Cabot seinen Biographen Biddle, Avezar und Nicholls, besser erkannt und geschätzt und überhaupt in das rechte Licht gestellt worden zu sein.
II.
Jean Verrazano. – Jacques Cartier und seine drei Reisen nach Canada. – Die Stadt Hochelaga. – Der Rauchtabak. – Der Scorbut. – Roberval’s Reise. – Martin Frobisher und seine Fahrten. – John Davis. – Barentz und Heemskerke. – Der Spitzberg. – Ueberwinterung in Novaja-Semlja. – Rückkehr nach Europa. – Ueberreste von der Expedition.
Von 1492– 1524 hatte sich Frankreich, wenigstens officiell, von allen Entdeckungs-und Kolonisationsversuchen fern gehalten. Franz I. konnte aber unmöglich mit ruhigem Auge den Zuwachs an Macht seines Nebenbuhlers Karl’s V. mit ansehen, der diesem durch die Eroberung Mexicos zu Theil ward. Er beauftragte also den Venetianer Jean Verrazano, der in seinen Diensten stand, eine Entdeckungsreise zu unternehmen. Wir verweilen hierbei ein wenig länger, obwohl die gelegentlich dieser Fahrt berührten Orte schon früher mannigfach besucht worden waren, weil jetzt die Flagge Frankreichs zum ersten Male an der Küste der Neuen Welt entfaltet wurde. Diese Expedition gab übrigens auch Veranlassung zu den Fahrten Jacques Cartier’s und Champlain’s nach Canada, ebenso wie zu Jean Ribaut’s und Laudonnière’s unglücklichen Kolonisationsversuchen in Florida, nebst Gonugues’ blutigem Rachezuge und Villegagnon’s Niederlassung in Brasilien.
Von dem früheren Leben Verrazano’s weiß man so gut wie gar nichts. Wie er in französische Dienste kam, welche Titel er bei Uebernahme des Befehls über jene Expedition besaß – nichts ist von dem venetianischen Reisenden bekannt, da man von ihm nur die in Ramusio’s Sammlung befindliche italienische Uebersetzung seines Berichtes an Franz I. besitzt. Eine französische Rückübersetzung dieser italienischen Uebersetzung findet sich auszugsweise allerdings in der Arbeit Lescarbot’s über Neu-Frankreich und in der »Geschichte der Reisenden«. Wir benutzen im Nachfolgenden den italienischen Text Ramusio’s, bis auf einige Stellen, wo die Uebersetzung Lescarbot’s glänzende Proben der reichen, originellen und wunderbar modulirten Sprache des 16. Jahrhunderts enthält.
Nach der Abfahrt in den Ocean, um neue Länder zu entdecken, sagt Verrazano in einem von 8. Juli 1524 herrührenden Brief aus Dieppe an Franz I., sah er sich genöthigt, eines Sturmes wegen mit zweien seiner vier Fahrzeuge, der »Dauphine« und der »Normandie«, in der Bretagne Zuflucht zu suchen, wo die erlittenen Havarien ausgebessert wurden. Von hier aus segelte er nach den Küsten Spaniens, wo er auch auf einige spanische Schiffe Jagd gemacht zu haben scheint. Weiter sehen wir ihn am 17. Januar 1524 mit der »Dauphine« allein eine kleine unbewohnte Insel in der Nähe von Madeira verlassen und mit einer, für acht Monate mit Munition und Lebensmitteln reichlich versehenen Mannschaft von einundfünfzig Mann in den Ocean hinaussteuern.
Fünfundzwanzig Tage später hat er fünfhundert Meilen nach Westen zurückgelegt, wo ihn wiederum ein entsetzlicher Sturm überfällt, und nach weiteren fünfundzwanzig Tagen, also am 8. oder 9. März, entdeckt er nach Zurücklegung einer ferneren Strecke von ziemlich vierhundert Meilen unter dem 30. Grade ein Land, das er für bisher unbekannt hielt »Anfangs erschien es uns sehr niedrig und verlassen, als wir uns ihm aber bis auf eine Viertelmeile näherten, sahen wir an den großen Feuern längs der Häfen und des Strandes, daß es bewohnt war, und da es
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